Kommentar: Apple erpresst die Verlage - und schneidet sich ins eigene Fleisch

Apple-Boss Steve Jobs will an den Umsätzen der App-Entwickler mitverdienen
Apple-Boss Steve Jobs will an den Umsätzen der App-Entwickler mitverdienen
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Wer den ersten Teil von Francis Ford Coppolas „Der Pate“ gesehen hat, weiß, was es mit einem Angebot, das man nicht ablehnen kann, auf sich hat. Derzeit unterbreitet Appleauch den deutschen Medien ein Angebot, das sie - wie der arme Filmproduzent im „Paten“ - kaum ablehnen können.

Der Vorschlag: Medien, die iPhone- oder iPad-Apps vertreiben, sollen Umsatz und Vertrieb ihrer iPhone- und iPad-Apps ab Sommer ausschließlich über iTunes abwickeln. Apple behält ein Drittel des Umsatzes, aber auch die Kundendaten – für Verleger bis dato ein Asset, das man nur mit der Pistole auf der Brust aus der Hand gibt.

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Dennoch entspringt der „Aufstand gegen Apple“, den die „FTD“ am Mittwoch im Leitartikel herbeisehnt, eher journalistischem Wunschdenken als realen Machtverhältnissen im Digitalbusiness. Sicher – Mathias Döpfner wird vielleicht nicht mehr jeden Tag auf Knien dafür danken, dass es Apple gibt; der VDZ wird – zu Recht - auf das Schärfste protestieren. Apple wird sich dadurch nicht beirren lassen. Schließlich hat der Jobs-Konzern schon einmal einen wichtigen Wirtschaftszweig – die Musikindustrie – teilweise ausgehebelt, den Plattenfirmen mit iTunes aber gleichzeitig ungeahnten Umsatz beschert, mithin eine dieser so gern zitierten Win-Win-Situationen geschaffen.

Doch mit der Entscheidung gegen die Vertriebsautonomie der Verlage schneidet sich Apple mittelfristig ins eigene Fleisch. Noch wird der Großteil des App-Umsatzes mit Spielen, Gadgets und Services gemacht. Doch auch Apple braucht Content – die mobile Generation will nicht nur spielen und sich amüsieren, sondern auch informieren. Und ungewollt zwingt Apple die Medienanbieter, ihre Angebote auf offenen Plattformen (Android, Website, HTML 5) weiter zu entwickeln. Und damit ist nicht nur der journalistische Inhalt gemeint. Apples Erpressungspolitik führt dazu, dass Online-Werbung auf den offenen Plattformen kreativer, innovativer und premium wird – das, was sich Apple mit seiner Werbeplattform iAd so erhofft. vs



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