Bundeskanzlerin Angela Merkel
Keine Expansion über Gebühr: Die Bundesregierung weist die öffentlich-rechtlichen Sender dezent in die Schranken. „Es darf keine Wettbewerbsverzerrungen zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Medienanbietern geben“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel auf den VDZ Zeitschriftentagen in Berlin und ergänzte: ARD und ZDF sollten sich im Digitalen vor allem auf „Bewegtbilder und Audio-Streams konzentrieren – und den Textanteil reduzieren.“ Da brandete Beifall auf beim Verlegerkongress in Berlin.
Angela Merkel: Das Grosso-System muss erhalten bleiben.
Außerdem kündigte
Merkel an, die bestehende Pressevertriebsstruktur notfalls per Gesetz festzuschreiben. „Das Grosso-System muss erhalten bleiben“, und wenn Gerichtsurteile ergingen, die es gefährdeten, „dann nehmen wir entsprechende Handlungen vor“, sagte Merkel mit Blick auf das jüngste Urteil des
Bundesgerichtshofs (BGH) und auf das im Januar erwartete Urteil des
Landgerichts Köln im Streit zwischen dem
Bauer Verlag und dem
Grosso-Verband.
Beim Dauerthema
Leistungsschutzrecht machte Merkel den Verlagen indes weniger Hoffnungen. Zwar sieht auch sie eine „Schutzlücke für geistiges Eigentum im geltenden Urheberrecht“, und das Gesetz liege ausgearbeitet im Justizministerium. Aber: Der bisher kleinere Anteil der Kritiker eines solchen Gesetzes im Bundestag werde größer. „Die Linie der Akzeptanz geht mitten durchs Parlament und sie verschiebt sich“, der Druck der Gegner – jener Abgeordneten, die sich den Interessen der Internetwirtschaft stärker verpflichtet fühlen als dem Urheberschutz – wachse. Dennoch sei es die Absicht der Bundesregierung, ein Leistungsschutzrecht für Verleger zu verabschieden, „dies wird für Verlage aber nicht alle Probleme lösen.“
Angela Merkel: Wir wollen auf die Selbstkontrolle der Medien setzen. Jede weitere Einschränkung des Werbemarktes, die nicht auf die Mündigkeit der Bürger setzt, ist anachronistisch - schon allein wegen der Informationsfülle im Internet.
Beifall gab es wieder beim Thema Werberegulierung: „Wir wollen auf die Selbstkontrolle der Medien setzen“, sagte Merkel: „Jede weitere Einschränkung des Werbemarktes, die nicht auf die Mündigkeit der Bürger setzt, ist anachronistisch – schon allein wegen der Informationsfülle im Internet.“ Das Thema sei jedoch mittlerweile auf EU-Ebene in Brüssel angesiedelt, und dort werde man sich in diesem Sinne dafür einsetzen. „Sie können auf die Bundesregierung setzen“, rief Merkel den Medienmanagern in den Saal zu.
In Sachen
Kartellrecht begrüßte Merkel die Vorschläge aus der Branche, die auf eine Vereinfachung des Wettbewerbsrechts hinauslaufen. „Wir können da auch in der Politik einiges tun.“ Sie bekräftigte die Gesetzespläne, etwa die Aufgreifschwelle bei Fusionen zu erhöhen; dies erleichtert Zusammenschlüsse kleinerer Verlage.
Zuvor hatte
VDZ-Präsident Hubert Burda vor Merkel und dem Rest des Saales die bekannten Forderdungen der Verlagsseite skizziert. Er bat die Kanzlerin um einen fairen Regulierungsrahmen, um eine „zeitgemäße Verkehrsordnung“ für die Medienwirtschaft im digitalen Zeitalter. Die traditionellen Verlagsgeschäfte würden überreguliert, die neuen Geschäftsfelder von Google, Facebook und Co gar nicht, beklagte Burda.
„Wir kommen ganz sicher nicht ohne Regeln aus“, stimmte Merkel zu. Dies müsse aber im internationalen Rahmen geschehen – und genau das sei schwierig. Gerade in Staaten mit einer hohen Wertschöpfung in der digitalen Wirtschaft, etwa in den USA, sei die Regulierungsfreude nur schwach ausgeprägt. Hier appellierte Merkel umgekehrt an die Verlage, auch ihrerseits im Gespräch mit ihren internationalen Medienkollegen auf eine Harmonisierung zu dringen.
rp