"Wir sind keine Langschläfer"
Robert Reiter, Leiter Gebrauchtfahrzeuge-Direktvertrieb Pkw bei Daimler-Chrysler Vertriebsorganisation Deutschland (DCVD), will das Web für Daimler-Chrysler zu
einem lohnenden Vertriebskanal ausbauen.
HORIZONT: Im Internet haben die Automobilhersteller
in punkto Gebrauchtwagen
völlig geschlafen, behauptet
Automobil-Experte Ferdinand
Dudenhöffer. Gehört Daimler-
Chrysler zu den Langschläfern?
Robert Reiter: Die Daimler-Chrysler-
Vertriebsorganisation Deutschland gehört
in diesem Bereich eher zu den
Frühaufstehern beziehungsweise First
Movern. Immerhin vertreiben wir
schon seit 13 Monaten Gebrauchtfahrzeuge
der Marke Mercedes-Benz im Internet.
Mit unserer bisherigen Bilanz
sind wir zufrieden.
Wie sieht die Bilanz denn aus?
Reiter: Bislang haben wir 580 Autos im
Gesamtwert von 14 Millionen Euro
über das Internet abgesetzt.
Mussten Sie Ihre anfänglichen Erwartungen
aufgrund der schlechten Lage
im E-Commerce zurückschrauben. An
der Höhe Ihrer Investitionen dürfte
das aber nichts geändert haben - allein
der Aufbau der E-Commerce-Site hat 2
Millionen Euro gekostet. Wann werden
Sie denn schwarze Zahlen schreiben?
Reiter: Wir hatten zu Beginn tatsächlich
mit höheren Verkaufszahlen für
die ersten zwölf Monate gerechnet.
Aber wir haben unsere Learnings gemacht.
Den Break-even werden wir bei
etwa 1000 verkauften Einheiten, also
im kommenden Jahr erreichen. Außerdem
arbeiten wir ständig an der Optimierung
der Seite.
Was muss denn verbessert werden?
Reiter: Am Bereich Finanzierung wird
derzeit gefeilt. Wir wollen noch attraktivere
Angebote wie etwa die Möglichkeit
zur Schlussraten-Finanzierung einführen.
Zudem planen wir weitere Innovationen,
beispielsweise die Inzahlungnahme
von Fahrzeugen unserer
Kunden.
Andere Automobilhersteller arbeiten
beim E-Commerce mit ihren Vertragshändlern
eng zusammen und liefern
beispielsweise über sie aus.Wieso geht
Daimler-Chrysler den kostenintensiven
Weg und bringt die Fahrzeuge per
Truck direkt vor die Haustür des Kunden?
Reiter: Unsere Strategie ist konsequent
als komplettes E-Commerce-Modell
umgesetzt. Der Servicegedanke ist Teil
des Markenbilds von Mercedes-Benz
und steht deshalb auch online im Vordergrund.
Die Lieferung bis zur Haustür
gehört im E-Commerce einfach dazu
und ist zudem einer der großen Vorteile,
die Kunden beim Kauf im Internet
haben.
Die Käufer von Mercedes-Benz sind
nicht wirklich internetaffin. Wie passt
der neue Vertriebsweg mit der Marke
Mercedes-Benz zusammen?
Reiter: Die Verkaufszahlen belegen,
dass die Kunden von Mercedes-Benz
durchaus internetaffin sind. Dank unserer
Marke genießen wir auch beim
Vertrieb über das Internet einen Vertrauensvorsprung
bei vielen Kunden.
Wann wird Daimler-Chrysler auch
Neuwagen über das Internet verkaufen?
Reiter: Unser Fokus liegt derzeit
ganz klar auf dem Thema
Gebrauchtwagen. Es gibt keine
aktuellen Planungen, Neuwagen
von Mercedes-Benz
über das Internet zu verkaufen.
Ihr Onlinevertrieb ist bislang
eine rein deutsche Angelegenheit. Wie
passt der von Ihnen gewählte Weg zum
internationalen Konzern Daimler-
Chrysler?
Reiter: Wir sind im deutschen Markt
gestartet und die Verkaufszahlen geben
uns Recht. Langfristig denken wir auch
über eine internationale Expansion
nach. Schon heute haben wir bei den
Internetverkäufen eine Auslandsquote
von 18 bis 20 Prozent.
Wie beurteilen Sie die Konkurrenzsituation
zu den Automobilmarktplätzen
im Netz?
Reiter: Automobilmarktplätze wie
Mobile.de oder Autoscout 24 sind keine
direkte Konkurrenz für uns, eher für
den Kfz-Teil der Tagespresse. Sie sind
allerdings für alle Anbieter im Markt
der Gradmesser für Preise, an dem
auch wir uns orientieren.
Interview: Eva-Maria Schmidt