HORIZONT-Check: Warum "Die Alm" das schlechtere Dschungelcamp ist

Seit Samstag heißt es bei Pro Sieben wieder "Promischweiß und Edelweiß"
Seit Samstag heißt es bei Pro Sieben wieder "Promischweiß und Edelweiß"
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Seit dem Wochenende darf man sich wieder über diverse B- und C-Promis in Not amüsieren. Auf Pro Sieben läuft nach sieben Jahren Pause die zweite Auflage von "Die Alm" und der Trash-TV-versierte Zuschauer reibt sich verwundert die Augen: Irgendwie sieht alles ein bisschen aus wie bei "Ich bin ein Star – Holt mich hier raus" – nur in den Alpen. HORIZONT.NET erklärt, warum die fast perfekte Kopie trotzdem schlechter ist als das Original.

1) Das Setting

Alm statt Dschungel, Heubetten statt Hängematten: Beide Formate leben davon, mehr oder weniger prominente Kandidaten aus dem Luxus der Zivilisation zu reißen und in eine Umgebung ohne jeglichen Komfort zu verpflanzen. Kein fließendes Wasser, keine Elektrizität, kein Telefon, dafür kratzige Heubetten, karge Kost und harte Arbeit auf der Alm. Das Prinzip ist hier wie da das Gleiche - im Dschungelcamp wird es allerdings zur Freude der Zuschauer auf die Spitze getrieben. Durch das komplette Fehlen jeglicher Rückzugsmöglichkeiten im Urwald konzentriert sich das gesamte Geschehen im Camp – Lagerkoller, Streit und Techtelmechtel zwischen den Kandidaten inklusive. Auf der Alm dagegen gibt es durch mehrere Zimmer immerhin noch einen minimalen Rest an Rückzugsmöglichkeiten und Privatsphäre. Das ist zwar schön für die Kandidaten – aber schlecht für die Show.

Im Dschungelcamp hat zudem die schiere Langeweile immer wieder zu herrlich skurrilen Dialogen und Situationen geführt. Auf der Alm ist der Tagesablauf dagegen durch die Arbeit vorgegeben. Das führt zwar ebenfalls hin und wieder zu schöner Situationskomik – an die Extremsituation im Dschungelcamp kommt "Die Alm" aber nicht heran. 1:0 für das Dschungelcamp.

2) Die Kandidaten

Alle Neune: Die Kandidaten von "Die Alm"
Alle Neune: Die Kandidaten von "Die Alm"
Grob gesagt lassen sich die Promis auf der Alm in zwei Kategorien einteilen: Die Einen sind jung und brauchen das Geld – die Anderen haben ihre besten Jahre schon hinter sich und freuen sich daher auch mal wieder über einen dicken Scheck. Daneben gibt es noch ein paar Kandidaten, die sich für nichts zu schade sind und offenbar sogar Spaß daran haben, sich vor einem Millionenpublikum zum Affen zu machen – wie zum Beispiel Ex-DSDS-Kandidat "Der Checker". 

Die Mischung auf der Alm kann dabei durchaus überzeugen. Die Rollen sind klar verteilt: Die Model-Fraktion mit Gina-Lisa und Tessa sorgt für Sex-Appeal und potenziellen Zickenkrieg, Charlotte Karlinder ist die brave Magd und Kathy Kelly die gütige Alm-Mutti. Bei den Männern gibt Thomas "Der Checker" Karaoglan den jungen Wilden, Rolfe Scheider den scheinbar zart Besaiteten, Carsten Spengemann wurde die Rolle des sonderbaren Außenseiters zugedacht und Werner Lorant die des alten Grantlers. Manni Ludolf darf den unbekümmerten und stets gut gelaunten Almsepp spielen.

Da ist für jeden Geschmack was dabei, und auch Konfliktpotenzial dürfte reichlich vorhanden sein. Bleibt die Frage, ob die Promis nach ihrem anstrengenden Tageswerk überhaupt noch genug Kraft zum Streiten oder Flirten haben, oder abends nur noch todmüde auf ihr hartes Lager sinken. "Die Alm" gleicht aus auf 1:1.

3) Die Moderatoren

Die Moderatoren Janine Kunze und Daniel Aminati
Die Moderatoren Janine Kunze und Daniel Aminati
Dirk Bach und Sonja Zietlow waren bei "Ich bin ein Star" die wahren Stars. Mit ihren bissigen Kommentaren machten die beiden Moderatoren die Dschungelshow erst erträglich. Die Alm-Moderatoren Janine Kunze und Daniel Aminati haben sich ganz offensichtlich kräftig von den beiden RTL-Kollegen inspirieren lassen: Lustige Verkleidungen, gewollt bissige Texte und ein bisschen regionaltypisches Flair – alles sieht so aus, als habe man die Dschungelshow einfach nur in die Alpen verpflanzt.

Allerdings sind Kunze und Aminati nicht mal halb so gut und lustig wie das eingespielte Duo Bach/Zieltlow – das lustigerweise noch hämisch aus der Werbepause grüßte. 2:1 für das Dschungelcamp.

4) Die Prüfungen

Der Checker bei der "Muh-Probe"
Der Checker bei der "Muh-Probe"
Bei den Prüfungen hat Pro Sieben am schamlosesten beim großen Vorbild abgekupfert. Was bei "Ich bin ein Star" die "Dschungelprüfung" ist, heißt bei Pro Sieben die "Muh-Probe". In der "Scheune des Schreckens" musste Tessa als erste Kandidatin eklige Sachen wie Schlangen, Krebse oder Echsen ertasten – die dazwischen versteckte Wollmütze fiel zu sehr aus dem Raster und wurde von Tessa folgerichtig nicht erraten.

An Tag 2 durfte "Der Checker" Spezialitäten wie Blutnudeln, Rinderzunge oder Schneckenschleim vertilgen. Zur Belohnung gab es was Ordentliches zu beißen oder praktische Dinge des alltäglichen Lebens. Müssten die Kandidaten auf der Alm noch Sterne einsammeln, wäre die Kopie perfekt. 3:1 für "Ich bin ein Star".

5) Die Produktion

Zäh wie Schneckenschleim: Die Kandidaten beim Almauftrieb
Zäh wie Schneckenschleim: Die Kandidaten beim Almauftrieb
Die Inszenierung ist bislang die größte Schwäche von "Die Alm". Die erste Folge am Samstag zog sich zäh wie Schneckenschleim über fast zwei Stunden. Allein die Ankunft und Vorstellung der Kandidaten nahm fast eine Stunde in Anspruch. Die Highlights des folgenden Aufstiegs beschränkten sich auf einen wenig eleganten Bauchplatscher von Rolfe Scheider, als der von einem Schaf über den Haufen gerannt wurde. Auf der Hütte gab es dann wenigstens noch einen kleinen Aufreger, als Gina-Lisa aus Versehen ausplapperte, dass sie sich schon mal Botox hat spritzen lassen – und prompt Muffensausen wegen der vermutlich folgenden "Bild"-Schlagzeile bekam.

Ansonsten herrschte an Tag 1 gepflegte Langeweile, die nur mühsam durch einen gemeinsamen Liederabend mit der Gitarre-klampfenden Kathy Kelly bekämpft werden konnte. Dazu kamen auch noch technische Pannen wie ein falscher Einspieler, bei dem Janine Kunze und Daniel Aminati mächtig ins Schwimmen kamen (siehe auch Punkt 3).

Hier kann sich "Die Alm" beim großen Vorbild "Ich bin ein Star" noch viel abschauen. Dort wurden selbst Belanglosigkeiten wie der Unterhosenwechsel von Rainer Langhans ausgiebig und zur Freude des Zuschauers zelebriert. Die einstündige Zusammenfassung am Sonntag war dann bereits kurzweiliger und leichter verdaulich. Trotzdem: 4:1 für das Dschungelcamp. Aber auf der Alm geht’s ja erst richtig los. dh


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