Wie in den besten Zeiten: Schmidt nimmt alle aufs Korn (Bild: SAT.1 / Anatol Kotte)
Es kann nur einen geben. Und es gibt nur einen. Gestern Abend hat Harald Schmidt auf Sat 1 ein echtes Comeback gefeiert. Er ist und bleibt der deutsche Meister der Late-Night-Show. Seine Rückkehr auf den Sender, mit dem er in dieser Disziplin groß geworden ist, erinnert an seine Anfänge - ohne Sidekicks, aber mit Helmut Zerlett und Band, fantastischem Wortwitz und bar jeder Beißhemmung.
Zum Auftakt machte sich Schmidt im schicken Dreiteiler mit sichtlicher Freude über
Günther Jauch her, der seit 11. September 2011 am Sonntagabend um 21.45 Uhr talken darf - dem besten Sendeplatz der ARD. „Seit dem 11. September ist nichts mehr, wie es mal war", startete Schmidt mit staatstragender Stimme und Seitenhieb zu den Terroranschlägen von New York. Er positionierte sich als „Retter von
Elke Heidenreich", die bei Jauch berichtet hatte, dass sie vor zehn Jahren wegen eines Gastauftritts bei Harald Schmidt am Tag vor den Anschlägen New York verlassen hatte.
Anne Will, die im Einspieler grün vor Neid werden und reihern durfte, versicherte Schmidt: „Unsere uneingeschränkte Solidarität gilt Anne Ich-bin-am-Mittwoch-glücklich Will", die von der ARD wegen Jauch auf Mitte der Woche verschoben worden ist. Und weil Jauch auch regelmäßig Zeitschriften verklagt, die Fotos aus seinem Privatleben veröffentlichen, zeigte Schmidt von Jauchs Talk selbst nur die Kritzeleien eines „Gerichtszeichners".
Strahlender Auftritt: Harald Schmidt auf Sat 1 (Bild: Sat 1 / Arne Weychardt)
In diesem Duktus ging es erfrischend weiter: Als „Sender mit der größten Insolvenzkompetenz" profiliert Schmidt sich und Sat 1 als die einzig wahren Ratgeber für Griechenland, Guttenbergs Hauskauf für 3 Millionen Euro musste ebenfalls herhalten - bis zum großen Highlight: Der Werbepause. Zwei Minuten lang kündigte der vom öffentlich-rechtlichen System Zurückgekehrte und offensichtlich Bekehrte den ersten Werbeblock an. Mit Gesangseinlage, Unterstützung von Zerlett und klaren Aufforderungen an die Zuschauer: „Wir leben von der Werbung. Ich kaufe alles, was wir gleich sehen! Es gibt auch Plasmabildschirme zu kaufen", sang er in die Kamera.
Danach durfte Comedian
Olli Dittrich auf die Bühne - um nichts weiter zu machen als sich mit Schmidt minutenlang alte Anekdoten von Rudi Carrell und noch ältere Witze zu erzählen. „Noch einen fachlichen Rat", erbat Schmidt am Ende von seinem Gast. „Es ist der Restart nach der Sommerpause und es gibt auch Druck vom Sender. Würdest Du Dir da mit einem lieben alten Kollegen alte Witze erzählen?", fragte Schmidt ironisch.
Herrliche, in Selbstironie verpackte Selbstüberschätzung, scharfzüngige Kommentare, sekundenschnelle Schlagfertigkeit - Schmidt kann es einfach. Auch wenn er selbst einräumt, dass es in den 16 Jahren, die er schon des nächtens talkt, auch „Abende gab, da habe ich mich geschämt". Da habe es auch nicht geholfen, wenn andere sagen, die Kollegen seien noch schlechter.
Aktuelle Politik, seit je ein tragender Teil der Show will er weiter bringen. „Wir bleiben politisch wach", sagt er, während hinter ihm ein Doppelgänger von Gaddafi entlang trottet und vorne ein Krankenbett mit Mubarak vorbeigeschoben wird.
Und dann darf noch
Hape Kerkeling zu ihm an den Tisch, der einen guten Anteil daran haben dürfte, dass die Zuschauer bis zum Ende dran bleiben. Gleich zu Beginn kündigte er an, am Ende noch eine große Neuigkeit verkünden zu wollen. Ein passender Köder für all diejenigen, die spekulieren, er könne
Thomas Gottschalk bei
„Wetten, dass...?" im
ZDF nachfolgen. Wie zwei Kater um den heißen Brei schleichen Schmidt und Kerkeling. Kerkeling gibt an, nächstes Jahr an einigen Samstagabenden noch nichts vor zu haben, Schmidt fragt, ob das Leben nicht auch so etwas wie eine Außenwette sei. Und dann die Auflösung, endlich, begleitet von einem ordentlichen Trommelwirbel. Kerkeling darf im Januar zur Talkshow von Bettina Tietjen und Dr. Eckart von Hirschhausen im NDR.
Das musikalische Finale geben die Guano Apes. Stimmlich überzeugend, für die gute Laune etwas zu verbissen, aber was soll´s.
Der Starttermin der „Harald Schmidt Show" auf Sat 1 um 23.15 Uhr war umstritten. Doch das Zuschauen lohnt. Bei den 14- bis 49-Jährigen holte Schmidt 14,1 Prozent Marktanteil und damit deutlich mehr als den Senderschnitt. 830.000 Zuschauer in der Zielgruppe schalteten ein. Im Gesamtpublikum waren es 1,39 Millionen und 11,6 Prozent. Dienstags und mittwochs darf Schmidt nun immer ran. Wenn er diese Quoten halten kann, dürfte Senderchef
Andreas Bartl sicher bald auch über den Donnerstag nachdenken.
pap