G+J rüffelt "Spiegel"-Mitarbeiter KG - und lockert Schutz für Mario Frank

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Im Zwist der "Spiegel"-Gesellschafter um die Zukunft des umstrittenen Geschäftsführers Mario Frank sendet der Veto-berechtigte Minderheitseigner Gruner + Jahr (25,5 Prozent) öffentliche Botschaften an die Mitarbeiter KG, die 50,5 Prozent am "Spiegel" hält.

In einem in der "SZ" platzierten Interview erinnert G+J-Vorstandschef Bernd Kundrun die fünfköpfige KG-Spitze daran, dass es Aufgabe aller Gesellschafter sei, dem gemeinsam berufenen Geschäftsführer "Unabhängigkeit und Autorität" sowie "Vertrauen und die notwendigen Entscheidungsfreiräume" zu garantieren, damit dieser seine Aufgaben erfüllen könne. Solange die Gesellschafter nichts anderes entschieden, müssten sie der Geschäftsführung den Rücken stärken. "Das setzt eine gewisse Selbstdisziplin voraus", stichelt Kundrun wohl vor allem in Richtung "Spiegel"-Mitarbeiter-KG. Diese hatte Frank vor zwei Wochen das Vertrauen entzogen.

Kundrun spielt den Ball zur KG: "Derjenige Gesellschafter, der für sich Klärungsbedarf feststellt, der also seine Position revidiert, der sollte vertraulich auf den anderen Gesellschafter zugehen. Darauf warte ich jetzt." Und dann signalisiert der G+J-Boss indirekt seine Bereitschaft, unter Umständen nun doch einer Ablösung Franks zuzustimmen: "Ich würde allerdings meinen, dass wir nur für Lösungen zu haben sind, die der Spiegel-Führung Unabhängigkeit gewähren." Das klang Anfang vergangener Woche noch etwas strikter: Die Frage nach einem Wechsel der "Spiegel"-Geschäftsführung stelle sich für G+J nicht, Frank "genießt unser volles Vertrauen und steht in keiner Weise zur Disposition", ließ Kundrun nach dem bekannt gewordenen Misstrauensvotum über die Nachrichtenagentur dpa verbreiten.

Kundruns Gesprächsbereitschaft könnte als Einlenken verstanden werden - und als Reaktion auf die von G+J möglicherweise so nicht erwartete offensichtliche Einigkeit der "Spiegel"-Mitarbeiter und ihrer KG-Spitze: Am Dienstag dieser Woche hatten die Stillen Gesellschafter auf ihrer jährlichen Vollversammlung die KG-Führung entlastet. Zwar ging es dabei formal nur um den Jahresabschluss und die Gewinnausschüttung, doch die nahezu einmütige Zustimmung und einzelne Äußerungen der KG-Spitze deuten viele Teilnehmer und Beobachter als Beleg für die (neue) Geschlossenheit der "Spiegel"-Hauptgesellschafter vor allem in ihrer Ablehnung des Geschäftsführers Frank, den die KG - in ihrer alten gewählten Zusammensetzung - Anfang 2007 zum Verlag geholt hatte. Im "SZ"-Interview zieht Kundrun indes auch Grenzen: "Sollten künftige Chefredakteure und Geschäftsführer aus der jetzigen Situation den Schluss ziehen, sich nur einseitig am Mitarbeiterwillen zu orientieren und nicht an dem, was für das Unternehmen notwendig ist, wäre das völlig falsch."
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