G+J: Knapp ein Fünftel der Websites macht Gewinn / Geduld bei Professional Publishing

Glaubt an die Refinanzierbarkeit von Journalismus im Netz: Bernd Buchholz
Glaubt an die Refinanzierbarkeit von Journalismus im Netz: Bernd Buchholz
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Genannt hat er den Namen nicht, aber jeder wusste, wer gemeint war. "Werbefinanzierter Journalismus im Internet funktioniert sehr wohl", rief Gruner + Jahr-Vorstandschef Bernd Buchholz ins Auditorium seiner Bilanzpressekonferenz, zu der G+J am Donnerstag ins Foyer des Hamburger Pressehauses eingeladen hatte. Gemeint war: Burdas Zeitschriftenvorstand Philipp Welte, der einst im HORIZONT-Interview generelle Zweifel daran angemeldet hatte.

Jetzt will Buchholz Gegenbeweise liefern: 24 der weltweit rund 150 journalistischen G+J-Websites seien allein durch Werbefinanzierung bereits profitabel, mit operativen Betriebsergebnissen zwischen 10.000 Euro und 3,8 Millionen Euro. Als positives Beispiel hebt Buchholz die Rezepte-Community Chefkoch.de hervor - wobei über die journalistische Ausrichtung des Portals als Beleg seiner These sicher diskutiert werden kann. Die journalistisch wichtigste Site des Hauses, Stern.de, arbeitet jedenfalls noch defizitär, ebenso wie die übrigen rund 125. Der größte Verlust einer G+J-Site liege im mittleren einstelligen Millionbereich, so Buchholz. Ob es sich dabei um Stern.de handele, sagt er nicht. Zu verschmerzen wäre es jedenfalls, denn die "Stern"-Gruppe insgesamt habe 2010 ein Rekorderergebnis erwirtschaftet. Print wirkt.

"Es sind eher noch Rinnsale als Erlösströme", so umschreibt Buchholz, die Elbe im Rücken, die Relevanz der Erlöse mit Tablet-Apps. Gleichwohl probiere man viel aus und setze auf die künftige Vielfalt der Endgeräte statt auf eine Apple-Monokultur. In diesen Kontext ordnet Buchholz auch den Digitalkiosk Pubbles ein, bei dem die meisten - und vor allem die übrigen großen - Verlage als Mitgesellschafter oder Vertriebspartner noch fehlen. Pubbles sei ein "strategisches Investment", um den Verlagen langfristig die Hoheit über ihre Inhalte, Kundendaten, Preisgestaltung und Werbevermarktung gegen Plattformbetreiber wie Apple zu sichern. Erneut ruft er andere Häuser zum Mitmachen auf. Oder liegt die Zurückhaltung anderer Verlage vielleicht daran, dass das Produkt Pubbles noch nicht überzeugt? "Schauen Sie sich mal den neuen Shop der Telekom an - dagegen braucht sich Pubbles wahrlich nicht zu verstecken", so Buchholz selbstbewusst.

Und was ist mit dem bereits 2009 anvisierten Einstieg ins Geschäft mit digitaler Fachinformation ("Professional Publishing")? In zwei bis fünf Jahren wolle man hier einen höheren dreistelligen Millionenumsatz generieren, bekräftigt Buchholz - schon seit längerem. Er ahnt die Fragen dazu: "Gut Ding darf gerne Weile haben." Angesichts der guten Ertragslage verspüre man keinen Handlungsdruck und werde auch keine "Überpreise" zahlen. Rund 500 internationale B-to-B-Firmen habe man gescannt und sich auf 50 als mögliche Übernahmeziele konzentriert. Buchholz verweist hier auf über 300 Millionen Euro im G+J-Finanzmittelfonds, der für Investitionen zur Verfügung stehe. 2010 hat der Verlag 58 Millionen Euro investiert (2009: 38 Millionen).

Daneben stehen in diesem Jahr auch Großinvestitionen im Ausland an: Vorstand Torsten-Jörn Klein bekräftigt, durch eine Verlagsakquisition in den indischen Markt einsteigen zu wollen; außerdem wolle man in Brasilien (über die Verlagstochter Motor Presse Stuttgart) ein weiteres Automagazin herausgeben. rp



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