Laut der
Härtefallklausel, die die "FR"-Geschäftsführung jetzt ziehen will, sind
betriebsbedingte Kündigungen trotz erfolgter Verzichte der Mitarbeiter auf Jahresleistung und Urlaubsgeld möglich, wenn bestimmte Ergebnisziele nicht erreicht werden und wenn ein Stellenabbau durch freiwillige Maßnahmen oder Altersteilzeit nicht zustande kommt. Zuvor hatte die "FR"-Geschäftsführung laut Info-Schreiben der Gewerkschaften die wirtschaftliche Situation der "FR" dargestellt, auf die
"negative Ertragslage" hingewiesen und erklärt, die beschriebene Öffnungsklausel nutzen zu wollen. Ausgenommen von möglichen Kündigungen sei das Druckzentrum in Neu-Isenburg.
M. DuMont Schauberg (
MDS) bestätigt die Gespräche, macht zum Inhalt und zu den Plänen aber keine weiteren Angaben. Am Freitag, 1. April, will die Geschäftsführung den Betriebsrat und die betroffenen Bereiche über geplante Maßnahmen informieren. Geschäftsführer der "FR" ist
Karlheinz Kroke.
Mitarbeitervertreter befürchten nun nach den bisherigen Sparrunden und
Krisengesprächen einen
weiteren Stellenabbau, der einem erneuten
Redaktionsumbau innerhalb der MDS-Gruppe (
"Berliner Zeitung", "Kölner Stadtanzeiger", "Mitteldeutsche Zeitung", Halle) oder gar einer
Neuausrichtung beziehungsweise
Degradierung der "FR" – Regionaltitel statt Zeitung mit überregionalem Anspruch – folgen könnte.
Seit April 2010 versorgt die
Berliner MDS-Redaktionsgemeinschaft unter der Leitung von
Brigitte Fehrle die "FR" mit Politik- und Wirtschaftsgeschichten.
Künftig könnten noch mehr Artikel und Ressorts (nationaler Sport, Kultur) zentral produziert werden. Im Extremfall, so lauten die Befürchtungen, könnte der gesamte Mantelteil aus der Berliner Gemeinschaftsredaktion kommen und in Frankfurt nur noch die Regional- und Lokalredaktion verbleiben. Seit Tagen hält sich in Mitarbeiterkreisen das Gerücht, dass einer der beiden "FR"-Chefredakteure (
Joachim Frank und
Rouven Schellenberger) dann die Online-Verantwortung übernehmen solle.
Bereits die Gründung des Redaktionspools
war umstritten. Ziel sollte sein, die journalistische Qualität der Blätter zu steigern. Die Gegner fürchteten jedoch, dass es zu Kündigungen kommen könnte und die Titel weniger eigenständig auftreten. MDS-Vorstand
Franz Sommerfeld hatte daraufhin im Februar 2010
im Interview mit HORIZONT.NET betont, dass es nicht zu betriebsbedingten Kündigungen kommen solle und dass die politische Ausrichtung der vier Blätter erhalten bleibe.
Die "FR" gilt seit längerem als schwer
angeschlagen. 2008 hatte der Titel einen Verlust von 16,8 Millionen Euro eingefahren, 2009 gar 24,5 Millionen Euro (wenn auch teilweise durch Sondereffekte). Und im vergangenen Jahr sollen es angeblich noch mal knapp 20 Millionen Euro Verlust gewesen sein. Dabei sollte die "FR" eigentlich bis Ende 2012 schwarze Zahlen schreiben – schwer vorstellbar bei diesen jüngsten Ergebnissen. Doch der
Businessplan lag auch dem Tarifvertrag von 2009 zugrunde, der ebenfalls bis 2012 läuft. Weil Zwischenziele offenbar verfehlt worden sind, soll nun wohl die Sonderklausel greifen. Spekuliert wird über ein Sparziel von drei bis fünf Millionen Euro pro Jahr; das könnte etwa 30 bis 50 Mitarbeitern die Stellen kosten.
hor