Der Bundesverband Presse-Grosso bedauert die Entscheidung
Das Urteil des Landgerichts (LG) Köln zum zentralen Verhandlungsmandat des Grosso-Verbandes war nach den richterlichen Äußerungen im Vorfeld bereits so erwartet worden - entsprechend schnell trudeln die Reaktionen darauf ein. Und die könnten unterschiedlicher kaum sein.
„Verhandlungen über einheitliche Konditionen und Leistungen im Pressevertrieb sollen auch weiterhin auf Verbandsebene geführt werden können", fordern die Verlegerverbände
BDZV und
VDZ sowie der
Bundesverband Presse-Grosso in einer gemeinsamen Erklärung.
Die drei Verbände bedauern die Entscheidung des
LG Köln. Es bestehe nunmehr die „konkrete Gefahr, dass die bisherige Möglichkeit der Vereinbarung einheitlicher Konditionen unterbunden wird". Einheitliche Vereinbarungen seien aber „für die überwiegende Mehrheit der Presseverlage wesentliche Voraussetzung für ein neutrales, die
Pressevielfalt und Überallerhältlichkeit gewährleistendes Vertriebssystem", so die Verbände. Deshalb müsse „das bewährte und durch
Branchenvereinbarungen getragene" System erhalten bleiben. Hierzu werde nunmehr eine
gesetzliche Regelung erforderlich sein. „Ein entsprechender Vorschlag wird zuständigen Bundesministern und weiteren Politikern derzeit unterbreitet", schreiben die drei Verbände.
Das Urteil bietet „Anlass zur Sorge, aber nicht zur Dramatisierung“, sagt
Frank Nolte, der Vorsitzende des Grosso-Verbandes, in einer zusätzlichen eigenen Erklärung. Und er kündigt an, dass der Verband voraussichtlich vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf in
Berufung gehen werde. Allerdings sei noch die schriftliche Begründung des Kölner Urteils „genau zu analysieren“. Nolte bedauert, dass das LG Köln den Vollstreckungsschutzantrag des Verbandes zurückgewiesen habe. Somit sei das Urteil durch Bauer vorläufig
vollstreckbar. Nicht zuletzt deshalb bestehe „jetzt unmittelbar politischer Handlungsbedarf“.
Nolte bekräftigt, „die Branche“ werde sich weiterhin dafür engagieren, das
Zentralmandat als wettbewerbsrechtlich neutral zu verstehen und anzuerkennen. Die Grossisten seien im Sinne der Pressevielfalt zur Gleichbehandlung aller Marktpartner verpflichtet. „Es ist absurd, daraus einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht zu konstruieren“.
Bauer begrüßt das Urteil als Stärkung der Pressefreiheit
Die
Bauer Media Group dagegen begrüßt das Urteil des LG Köln - und interpretiert es völlig anders: „Diese Entscheidung stärkt die nach Artikel 5 Grundgesetz gewährleistete
Pressevertriebsfreiheit der Verlage sowie das gesamte deutsche Pressevertriebssystem." Das Urteil mache den Weg frei für
bilaterale Verhandlungen zwischen Verlagen und Grossisten, „damit werden dringend erforderliche Reformen möglich". Durch den Wegfall des zentralen Verhandlungsmandats des Grosso-Verbands könnten „
regionale Unterschiede hinsichtlich Leistungsbedarf und Kostenlast pro Grosso-Gebiet zukünftig angemessen berücksichtigt werden", so Bauer.
Mit dem Urteil stelle das Gericht fest, dass ein Wegfall des zentralen Verhandlungsmandats des Grosso-Verbandes keine Gefahr für das deutsche Pressevertriebssystem darstelle. Die
„System-Essentials" Preisbindung, Remissionsrecht, Dispositionsfreiheit und Neutralität blieben unberührt, so Bauer. Und das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) werde auch zukünftig sicherstellen, dass freier Marktzutritt und Gleichbehandlung (laut Bauer „gleiche Konditionen für gleiche Leistungen") unter den Verlagen gewährleistet bleibe.
Denn auch bilaterale Verhandlungen der Verlage mit einem Grossisten führen nach Bauers Lesart zu einer einheitlichen
Handelsspanne - pro Gebiet für gleiche Leistungen. Das schließe die Gewährung von einseitigen und sachlich nicht gerechtfertigten
Sondervorteilen aus. Mit anderen Worten: Sobald Bauer (oder ein anderer Verlag) bei einem einzelnen Grossisten bessere Konditionen heraushandelt, müssten diese dann auch für alle anderen Verlage gelten, bezogen auf dieses Grosso-Gebiet.
rp