Die Deutschen hängen doch noch sehr am Medium Print
Der typische Deutsche springt nicht sofort auf jeden Trend auf, sondern schaut sich Innovationen erst eine ganze Weile an. Hat er sich aber einmal entschieden, dann bleibt er treu - Produkten wie auch Medien. Die Verlage profitieren derzeit noch von dieser vorherrschenden Geisteshaltung, denn im internationalen Vergleich wenden sich die Deutschen neuen elektronischen Medien eher langsam zu. Diese besondere deutsche Befindlichkeit zeigt die Erhebung „State of the Media Democracy" von Deloitte deutlich.
Die Unternehmensberatung erhebt seit fünf Jahren die Mediennutzung in mehreren Ländern und legt bei der Befragung einen Schwerpunkt auf digitale Plattformen. Rund 9000 Bewohner von Deutschland, Großbritannien, Frankreich, USA und Japan haben die Marktforscher der
Harrison Group zwischen September und Oktober 2010 für die aktuelle Studie befragt. Auch in Brasilien waren die Berater unterwegs, die Werte dort sind jedoch nicht direkt vergleichbar, weil die Ergebnisse nur aus Ballungsräumen stammen.
Ein deutliches Ergebnis lautet: Trotz aller Abgesänge, die die Verlage hier im Wochentakt aufs Neue anstimmen, hängen die Deutschen doch noch sehr am Medium Print. Rund 70 Prozent der Befragten geben an, in den vergangenen sechs Monaten eine Zeitung gelesen zu haben. In den USA können das nur 56 Prozent von sich sagen, in Frankreich gerade mal 47 Prozent. Das hohe Interesse am gedruckten Produkt spiegelt sich in der vergleichsweise niedrigen Onlinenutzung der Verlagsangebote wider. Nur ein Viertel der Deutschen sucht die Inhalte der Zeitungen auch auf den entsprechenden Websites. In den USA sind es knapp 40, in Frankreich 44 Prozent.
Im Trend lässt sich jedoch auch hierzulande die schleichende Abwendung von Print erkennen. „Das Nutzungsverhalten bei Zeitungen verändert sich", sagt
Klaus Böhm, Director bei Deloitte in Deutschland. Je aktueller und nachrichtlicher das Thema, umso eher greifen die Leser für die Lektüre zu Laptop und Handy. In ihrer Zeitung erwarten sie dafür zunehmend Hintergrundartikel. Um sich davon abzugrenzen, werden die Zeitschriften wiederum öfter zu Kompendien mit Fokus auf ein Thema werden.
papMehr Ergebnisse aus der Studie in HORIZONT 21 vom 26. Mai 2011