Springer-Chef Mathias Döpfner zeigt sich in Kauflaune
Europas größter Zeitungsverlag Axel Springer präzisiert seine Akquisitionseinschätzung. "Ich gehe davon aus, dass sich in den kommenden 18 Monaten fabelhafte Gelegenheiten für antizyklische Investitionen in attraktive Assets zu günstigen Bewertungen ergeben werden", sagte Vorstandschef Mathias Döpfner am Montagabend vor dem Club Hamburger Wirtschafsjournalisten (CHW). Hierbei schließt er mögliche Übernahmen deutscher Print-Verlage und -Objekte, zum Beispiel (über-) regionale Zeitungen, ausdrücklich mit ein.
Damit äußert sich Döpfner deutlicher als zuvor zu seinen grundsätzlichen Kauferwägungen: Zwar hatte er sich bereits bei der Bilanzpräsentation vor rund vier Wochen akquisitionsbereit gezeigt - dies jedoch vor allem in Bezug auf Kaufziele im Ausland und im Internet sowie ohne nähere Angabe eines Zeithorizonts. Auch über einen Wiedereinstieg bei der Privatsendergruppe
Pro Sieben Sat 1 - oder bei Teilen davon - wird bisweilen spekuliert.
Als „attraktive Assets" bezeichnet Döpfner nun „starke Medienmarken mit der Perspektive auf multimedialen Ausbau", an denen Axel Springer die Mehrheit erwerben könne. „Wir sind in einem schwierigen Umfeld handlungsfähig und können antizyklisch investieren", so der CEO. Bei der Bilanzvorlage im März hat Döpfner mögliche Zukäufe im Bereich zwischen 300 und 400 Millionen Euro taxiert. Erst im Februar hatte Axel Springer durch den Verkauf von Minderheitsbeteiligungen an Regionalzeitungen über 300 Millionen Euro eingenommen.
Döpfner erwartet eine Marktbereinigung bei Print („Die wenig innovativen, wenig beweglichen Angebote werden zuerst ausscheiden") und, „viel drastischer", im Online-Markt. Einmal mehr appelliert Döpfner an die Politik, das deutsche Kartellrecht zu ändern, um „organische Marktkonsolidierung" bei Verlagen - sprich: Zusammenschlüsse - zu erleichtern. Andernfalls wäre tatsächlich ein Titelsterben die Folge, so Döpfner. Er regt an, das deutsche Kartellrecht in Prozess- und Marktabgrenzungsfragen an das eher „moderne und liberale" europäische Kartellrecht anzupassen, „um deutsche Verlage nicht zu benachteiligen".
Gewohnt optimistisch zeigt sich Döpfner bei der Frage der Monetarisierung journalistischer Inhalte im Internet: „Die Geldströme werden den Nutzer- und Aufmerksamkeitsströmen folgen." Dies funktioniere allerdings nur dann, wenn für die Anbieter weiterhin Anreize bestünden, Inhalte zu produzieren. Weil Paid-Content-Finanzierung nach wie vor „extrem unwahrscheinlich" sei, fordert Web-Optimist Döpfner („Das Internet ist der beste Freund der Zeitung") erneut einen gesetzlichen Leistungsschutz für Presseverlage, um diese - wie in anderen Ländern auch - an den Erlösen der Vermarktung ihrer Inhalte durch Dritte zu beteiligen: „Bei dieser Frage neige selbst ich in einem gewissen Maße zu Alarmismus."
rp