Die Sanierung von Neckermann ist offenbar gescheitert
Es war schon seit längerem spekuliert worden, jetzt ist es offiziell: Die Versandhandels-Traditionsmarke Neckermann.de ist bei ihrem Sanierungsversuch gescheitert und stellt nun offiziell einen Insolvenzantrag. Noch Ende April hatte das Frankfurter Unternehmen einen Businessplan vorgestellt, um die komplette Neuausrichtung auf eine reine E-Commerce-Strategie zu bewältigen. Doch offensichtlich fehlte am Ende dem Gesellschafter Sun Capital der rechte Glaube an die geschäftliche Zukunft des eigenen Unternehmens.
Erinnerungen an die Anfänge: Der erste Neckermann-Katalog hatte 12 Seiten
Das Aus kommt insofern überraschend, als sich Geschäftsführung, Betriebsräte und Ver.di scheinbar zunächst auf einen Kompromiss über die Abfindungen und Transfergesellschaften für die zu entlassenden Arbeitnehmer einigen konnten. Die dafür notwendigen Finanzmittel wären in mehreren Tranchen aus schon verabschiedeten Businessplan bis zum ersten Quartal 2013 geflossen. Doch der US-Eigner
Sun Capital verweigerte dem von seiner deutschen Geschäftsführung erhandelten Kompromiss anschließend die Zustimmung.
Damit geht es nicht nur allein um die Arbeitsplätze der 1380 Mitarbeiter, die im Rahmen des strategischen Umbaus hätten gehen müssen, sondern die Arbeitsplätze der Gesamtbelegschaft. Zwar wird die Geschäftsführung - und auch der noch zu bestellende Insolvenzverwalter - nach potenziellen Interessenten für das Unternehmen suchen. Aber die Zukunftsaussichten für Neckermann.de sind nicht allzu vielversprechend: Generell stehen alle E-Commerce-Plattformen mit breitem Angebot unter scharfem Wettbewerb von Spezialanbietern wie
Zalando.
Einzige Hoffnung könnten da noch E-Commerce-Unternehmer aus dem Ausland sein, die zwar über die nötige Infrastruktur und Handelskontakte, aber nicht über die nötige Markenbekanntheit verfügen, um in den deutschen Markt einzusteigen. Ihnen könnte die insolvente Marke eine attraktive Startplattform liefern. Denn Neckermann gehört immer noch zu den bekanntesten Handelsmarken Deutschlands, hat aber anders als beispielsweise
Schlecker ein weitgehend unbeschädigtes Image.
Ein potenzieller Käufer wird zudem mit Interesse feststellen, dass Neckermann schon jetzt den Umstieg auf den E-Commerce zum großen Teil vollzogen hat. Der Versandhändler macht nach eigenen Angaben
80 Prozent seines Umsatzes mit E-Commerce und gewinnt 90 Prozent seiner Neukunden im Internet. Letztere Zahl ist allerdings noch überraschend hoch, angesichts der Tatsache, dass Neckermann.de bis auf einige Spezialangebote das kataloggeschäft schon weitgehend abgeschafft hat.
cam