Vice-Kreativchef Eddy Moretti im Interview

"Wir denken über einen eigenen TV-Sender nach"

Eddy Moretti ist Chief Creative Officer von Vice Media
Foto: Vice Media
Eddy Moretti ist Chief Creative Officer von Vice Media
Vice Media ist das vielleicht innovativste Medienunternehmen der Welt. Hervorgegangen aus einem kleinen kanadischen Fanzine erreicht das Unternehmen mit seinem Lifestyle-Magazin, Internetplattformen und Videos mittlerweile ein globales Publikum. Im Interview mit HORIZONT spricht Eddy Moretti, Chief Creative Officer von Vice Media, über die TV-Pläne des Unternehmens, Branded Content und wie man es schafft, auch als globale Medienmarke in der jungen Zielgruppe glaubwürdig zu bleiben.
Teilen
Die meisten Medien von Vice sind kostenlos: Das Magazin wird kostenlos verteilt und auch die Videos und Reportagen sind auf Plattformen wie Youtube frei zugänglich. Trotzdem ist Vice Media auch wirtschaftlich erfolgreich. Was ist das Geheimnis von Vice?
Das werde ich hier sicher nicht verraten. (Lacht.) Im Ernst: Wir sind sehr sehr gut darin, mit Werbungtreibenden Unternehmen zusammenzuarbeiten. Sie respektieren unsere Arbeit und unser Publikum. Wir verfolgen einen klaren Premium-Anspruch. Wir würden auf unseren Plattformen niemals billige Banner zulassen. Wir verkaufen nur hochwertige Werbung, die unseren Kunden hilft, ihre Ziele zu erreichen und die uns dafür auch entsprechend bezahlen.

Das US-Network A&E hat sich gerade mit 10 Prozent an Vice beteiligt. Wird es bald einen klassischen TV-Sender von Vice geben?
Könnte sein. Nichts was Vice tut, wird jemals völlig klassisch sein, aber wir denken tatsächlich über einen richtigen TV-Sender von Vice nach. Allerdings ist noch nichts entschieden.

Wie wichtig ist das gedruckte Magazin noch?
Das Magazin hat nach wie vor sehr viele Fans und ist immer noch sehr wichtig für uns – auch in punkto Umsatz. Vor allem viele Kreative lieben das Magazin und wollen gerne darin vorkommen. Das Magazin ist daher immer noch ein zentraler Bestandteil von Vice und wir werden uns mit Sicherheit auch nicht davon trennen.

Womit macht Vice den meisten Umsatz?
Das Online-Business und die digitalen Plattformen sind mittlerweile der wichtigste Teil unseres Geschäfts. Aber auch das TV-Geschäft und unsere Filme werden immer wichtiger. In Oktober kommt unsere Doku "Fishing without Nets" über somalische Piraten ins Kino und wir haben noch weitere Filme wie den iranischen Vampirfilm "A Girl Walks Home alone at Night" in der Pipeline. Derzeit verhandeln wir auch über den Deutschland-Vertrieb von "Fishing without Nets".

Vice war ursprünglich mal ein kleines Fanzine in Montreal, inzwischen ist daraus ein weltweit operierendes Medienunternehmen geworden. Besteht die Gefahr, dass Vice zu groß wird, um noch wirklich cool zu sein?
Vice ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsen. Unsere Herangehensweise an Themen ist aber immer noch dieselbe. Wir haben einen klaren Standpunkt und den verteidigen wir auch.

The Creators Project von Vice und Intel, das gerade auch in einer deutschen Version online gegangen ist, ist eine der größten Branded-Content-Plattformen der vergangenen Jahre. Wie würden Sie das Projekt definieren? Ist es ein klassischer Medienkanal, Native Advertising oder Branded Content?
Es handelt sich um eine Content-Partnerschaft, allerdings in einem sehr großen Maßstab. Das Projekt beinhalte eine Website, einen eigenen Youtube-Channel, einen Blog und zahlreiche Videos. Wir wollten damals gerne einen Kanal für zeitgenössische Kunst, Kultur und digitale Projekte starten und Intel war bereit, uns dabei zu unterstützen. Das Besondere an dem Projekt ist, dass es ein wirklich intelligenter, globaler Kanal für Kunst und Kultur ist, der sich an ein globales Publikum richtet.

Inwiefern profitiert Intel von der Partnerschaft? Intel ist ein reines Technologieunternehmen mit keinerlei Bezug zu Kunst, zumindest nicht auf den ersten Blick.
Intel hatte vor dem Start des Creators Project ein Wahrnehmungsproblem bei jungen Menschen. Niemandem war klar, was Intel eigentlich genau macht. Die meisten Menschen verbanden Intel mit einem Technologiekonzern, der für ihr Leben nicht die geringste Relevenz hat. Indem sie das Creators Project unterstützt haben, hat sich ihr Image nachhaltig gewandelt. Sie werden nicht mehr als reiner B-to-B-Konzern wahrgenommen. Sie wollten den Menschen klar machen, dass ihre Produkte relevant sind für ihr Leben – und das ist nachweislich auch gelungen.

Wie unabhängig ist Vice bei Partnerschaften wie dem Creators Project?
Wir sind in unseren redaktionellen Entscheidungen völlig unabhängig. Wir hatten bereits im Vorfeld eine klare Vision, wie das Projekt aussehen sollte. Wir wollten den besten Künstlern der Welt eine Plattform bieten und sie und ihre Werke dort feiern und Intel lässt uns hier völlig freie Hand.

Vice genießt in der Szene auch aufgrund seiner Geschichte eine hohe Glaubwürdigkeit. Setzt man das mit Branded-Content-Partnerschaften nicht auf's Spiel?
Wenn man guten Content macht, respektieren die Leute das auch. Wenn man Scheiß-Content produziert, behandeln es die Leute auch dementsprechend. Wir haben für das Creator’s Project mit einigen der größten Künstlern der Welt zusammengearbeitet, darunter Lady Gaga, Daft Punk, Arcade Fire oder Spike Jonze. Um unsere Glaubwürdigkeit mache ich mir keine Sorgen. dh
stats