Tim Theobald
Zum Aus von "The Big Bang Theory"

Gut, dass es bald vorbei ist

Alle guten Dinge müssen ja bekanntlich irgendwann zu einem Ende kommen. Dass "The Big Bang Theory" die vor sich hindümpelnde lineare TV-Landschaft seit der ersten Staffel 2007 bereichert hat wie kein zweites Sitcom-Format, steht außer Frage. Jetzt allerdings haben die Macher der Kultsserie angekündigt, der kommenden zwölften Staffel keine weitere mehr folgen zu lassen. Eine Entscheidung, die trotz des Erfolgs überfällig war.
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Im Mai 2019 wird auf dem US-Sender CBS die 279. Folge von "The Big Bang Theory" ausgestrahlt. Es wird die letzte Folge der Kultserie um den hochintelligenten Physiker Sheldon Cooper (Jim Parsons), seine Nerd-Clique und die hübsche Nachbarin Penny (Kaley Cuoco) sein. Das gaben Warner Bros. Television, CBS und Produzent Chuck Lorre am Mittwoch bekannt. Große Teile der Fans reagierten geschockt auf die Ankündigung (siehe unten).

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Tatsächlich ist die Frage erlaubt, wieso eine der letzten erfolgreichen Bastionen der klassischen TV-Serien-Landschaft scheinbar ohne Not eingerissen wird. Denn Fakt ist, dass "The Big Bang Theory" spätestens seit dem Ende von "Two And A Half Men" (2015) und "How I Met Your Mother" (2014) die erfolgreichste Sitcom der Welt ist. In über 50 Ländern wird die Serie ausgestrahlt, hat Rekord-Einschaltquoten eingefahren und bei 52 Nominierungen bislang zehn Emmys abgesahnt. In Deutschland war zwischen 2014 und 2016 kein Format in der werberelevanten Zielgruppe erfolgreicher. Noch heute läuft die Sitcom auf Pro Sieben hoch und runter, im vergangenen Jahr wurden 2500 Folgen gezeigt, oder besser gesagt: in Dauerschleife wiederholt. Und das Werbeumfeld ist immer noch bestens gebucht. Dazu haben Warner Bros. und Co vor allem um die Hauptfigur Sheldon und dessen ikonische Nerd-T-Shirts ein wahrhaftiges Merchandise-Imperium geschaffen. Warum also die Kuh nicht einfach weiter melken, so lange sie noch Milch gibt?

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Die Antwort auf diese Frage geben die "Big-Bang-Theory"-Macher in ihrer Danksagung auf Twitter zwar nicht. Gleichwohl versprechen sie ein "episches, kreatives Finale". Und genau da liegt der Hase im Pfeffer: Besonders kreativ ist der Plot der Erfolgsserie seit einigen Jahren bereits nicht mehr. Schon lange werfen Kritiker den Autoren vor, die Serie von einer liebenswert verschrobenen und vor allem anspruchsvollen Nerd-Sitcom zu einer Romantic Comedy gemacht zu haben. In den ersten Staffeln war die Clique aus Sheldon, Leonard, Howard und Raj aufgrund ihrer brachial zur Schau gestellten sozialen Inkompetenz, ihrem schrägen Science-Fiction- und Rollenspiel-Fantum wunderbar anzuschauen und die unkonventionellen Dialoge zwischen hochbegabten Physikern und "Normalsterblichen" teilweise zum Niederknien. Doch im Laufe der Jahre ist den Autoren mehr und mehr das Händchen für die Eigenschaften abhanden gekommen, die die Sitcom ausgemacht haben.

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Anstatt die Geschichte konsequent weiterzuerzählen, wurden die Nerds auf einmal sozial kompatibel: Howard zog bei seiner Mutter aus und war der erste, der heiratete. Raj lernte mit Frauen zu sprechen. Leonard fand dann doch relativ schnell sein endgültiges Glück mit Penny. Und schier unglaublich: Die einst rein platonische Beziehung von Sheldon, der nichts so sehr verabscheut wie Körperkontakt, zu Amy Farrah Fowler wurde sukzessive immer inniger und, ja tatsächlich, körperlicher - bis das Paar in Staffel 11 gar heiratete. Den Hauptfiguren wurden von Staffel zu Staffel mehr von ihrer intellektuellen Schrulligkeit und ihrem eigentümlichen Humor genommen. Stattdessen durften sie ihre romantische Seite entdecken - und kamen so im schnöden Mainstream an. Das mag beim überwiegenden Teil des Publikums gut angekommen sein und gar noch weitere Zuschauergruppen von der Serie begeistert haben. Vor allem aber ist es ein Zeichen dafür, dass den Serienmachern schon lange nicht mehr viel eingefallen ist, um so lebhaft, frisch und unkonventionell aus dem Alltag einer Gruppe von Nerds um die 30 zu erzählen, wie in den ersten Staffeln.
Deshalb ist der Schritt, die Sitcom nach zwölf Staffeln und 279 Episoden zu einem Ende zu bringen, zwar konsequent, aber eben auch überfällig. Ob das Finale dann wirklich so episch wird, wie von Chuck Lorre und Warner Bros versprochen, wird sich zeigen. In jedem Fall wird es für die große Fangemeinde viel zu diskutieren geben. Und dass es nicht lange dauern wird, bis erste Comeback-Rufe nach einer Wiedervereinigung des "Big-Bang-Theory"-Casts laut werden, ist so sicher wie Sheldons neurotisches Drei-Mal-Klopfen an Pennys Wohnungstür. tt



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