Die Produktionsfirma Talpa hat versucht, die Ereignisse in dem Reality-Format "Newtopia" zu beeinflussen und damit gegen ihre eigenen Regeln verstoßen.
Ob die Sendung die Selbst-Demontage überlebt, ist noch nicht ausgemacht - zumindest am Dienstag blieben die Zuschauerzahlen der Sendung weitgehend stabil. Mindestens ebenso dramatisch wie ein mögliches vorzeitiges Aus für das Vorzeigeformat dürfte für Sat 1 der Imageschaden sein, der mit #Faketopia verbunden ist.
Mehr zum Thema
#Faketopia
Betrunkene Produktionsmitarbeiterin entlarvt "Newtopia" als Scripted Reality
Was viele Zuschauer bereits gemutmaßt hatten, ist jetzt Gewissheit: Bei dem TV-Experiment "Newtopia" nimmt die Produktionsfirma Talpa gezielt Einfluss auf das Geschehen der Show. Eine betrunkene Producerin plauderte in der Nacht vor der Kamera aus dem Nähkästchen.
Auch für die gesamte Branche ist der "Newtopia"-Skandal eine Hiobsbotschaft: Bestätigen die durch eine Unachtsamkeit der Produktion ans Licht gekommenen geheimen Regieanweisungen doch das diffus negative Bild, das viele Menschen vom Privatfernsehen haben. "In der Skala der Trash-TV-Verarsche seid ihr die Nummer 1", schreibt ein Kommentator auf der
Facebook-Seite der Sendung. Auch in vielen anderen Kommentaren fallen Begriffe wie Lügner, Betrug und Verarsche. Vor allem die Betitelung der Zuschauer durch die Producerin als "Junkies" dürfte vielen Fans sauer aufstoßen – zeugen sie doch von einem denkbar negativen Bild, das die Macher von ihrer Zielgruppe haben.
Dabei hätten viele Zuschauer vermutlich sogar Verständnis dafür, wenn Sender und Produktionsfirma wieder neuen Schwung in das vor sich hin dümpelnde Format bringen wollten – zum Beispiel durch neue Kandidaten oder neue Regeln. Entsprechende Elemente sind aus anderen Reality-Formaten hinlänglich bekannt und gelernt. Allerdings hätten Sat 1 und Talpa diese offen und transparent kommunizieren müssen.
Mehr zum Thema
#Faketopia
Der Super-GAU in Tweets und Posts
Für Sat 1 galt "Newtopia" als extrem wichtiger, wenn nicht gar der wichtigste Neustart in diesem Jahr. Umso brutaler dürfte den Sender die Häme treffen, die die Zuschauer nach dem #Faketopia-Skandal auf Twitter über den Sender ausschütten.
Wenn es um Werbebeschränkungen geht, argumentieren gerade Vertreter von Privatsendern gerne mit dem mündigen und aufgeklärten Zuschauer – im eigenen Programm scheint man die Zuschauer dagegen nicht immer ganz für voll zu nehmen. Die Reaktionen auf die Manipulationsversuche bei "Newtopia" in den sozialen Netzwerken belegen eindrucksvoll, dass es den mündigen und kritischen Zuschauer tatsächlich gibt - und dass er Mittel und Wege kennt, sich zu artikulieren.
Dass ausgerechnet das "größte TV-Experiment aller Zeiten" das Vertrauen vieler Zuschauer in das Privatfernsehen weiter beschädigt hat, ist der eigentliche Skandal an #Faketopia.
dh
Warum #Faketopia eine Bankrotterklärung für das Privatfernsehen ist