David Hein
E-Publishing

Warum die Verlage Blendle und Readly den roten Teppich ausrollen sollten

Mit Readly und Blendle gehen zwei neue Plattformen für redaktionelle Inhalte an den Start, die den hiesigen Verlagen neue Möglichkeiten zur Monetarisierung ihrer Inhalte im Internet versprechen. Ob dabei wieder nur Lousy Pennies herumkommen oder tatsächlich signifikante Mehrerlöse, muss sich erst noch zeigen. Allerdings haben die beiden jungen Unternehmen schon jetzt geschafft, woran die deutschen Verlage bislang grandios gescheitert sind: Sie bieten der Branche endlich unabhängige Content-Plattformen im Internet.
Teilen

Die Idee eines verlagsübergreifenden und vor allem -unabhängigen Online-Kiosks treibt die Branche bereits seit Jahren um. Doch bislang waren die Bemühungen allesamt nicht von Erfolg gekrönt. Vor etwas mehr als einem Jahr hat Gruner + Jahr seinen mit großen Hoffnungen gestarteten Netz-Kiosk Pubbles wieder dichtgemacht. Kaum ein großer Verlag neben G+J wollte mitmachen, auch die technische Umsetzung war wohl nicht eben vorbildlich, hieß es damals. Auch der Online-Shop Page Place der Deutschen Telekom ist bereits wieder Geschichte.


Aber auch die Bezahl-Plattformen von Internetgiganten wie Apple, Amazon und Google spielen als Vertriebskanal für redaktionelle Inhalte bislang kaum eine Rolle. Der Anreiz, für Texte im Netz zu bezahlen, ist für den Nutzer auch denkbar gering: Nach wie vor sind die Internetseiten der meisten Medienmarken frei zugänglich. Bezahlmodelle sind zwar auf dem Vormarsch, ob die zumeist noch zarten Pflänzchen dereinst gedeihen werden, steht aber noch in den Sternen.

Auch die Hoffnung, das iPad würde die Misere der Verlage im digitalen Zeitalter beenden, hat sich bislang nicht erfüllt. Es ist zumindest nicht anzunehmen, dass Mathias Döpfner dem verstorbenen Apple-Schöpfer Steve Jobs tatsächlich täglich auf Knien für dessen geniale Erfindung dankt, wie er selbst einst angeregt hat.

Der Chef von Axel Springer ist allerdings einer der wenigen Verlagsmanager, der sich seinen unerschütterlichen Optimismus angesichts der Herausforderungen des digitalen Zeitalters nicht nehmen lässt. Mit Blendle investiert Döpfner nun konsequenterweise in ein neues, vielversprechendes Geschäftsmodell für redaktionelle Inhalte im Internet. Ein iTunes für die Verlagsbranche schwebte den beiden Gründern, den Niederländern Alexander Klöpping und Marten Blankesteijn vor: Nutzer zahlen bei Blendle nur für einzelne Artikel statt für ein gesamtes Produkt, dass man womöglich nur zu geringen Teilen wirklich liest. 

Das Bezahlmodell der Zeitschriften-App Readly, die am Montag ihren Deutschland-Start angekündigt hat, orientiert sich ebenfalls nicht am traditionellen Abo, sondern an gängigen Bezahlsystemen im Internet: Für 9,99 Euro im Monat bietet die App unbegrenzten Zugang auf die E-Paper von mehr als 750 Zeitschriften aus aller Welt. 

Ob sich eines der beiden Modelle auf breiter Front durchsetzen kann, wird sich zeigen. Viel wird davon abhängen, ob sich die großen Verlage endlich dazu durchringen können, unabhängige Vertriebsplattformen im Internet zu unterstützen, oder lieber weiterhin auf selbst gebaute Insellösungen setzen. Angebote, denen es nicht gelingt, die großen Verlage mit ihren Flaggschiffen mit ins Boot zu holen, sind von vorneherein zum Scheitern verurteilt. Insofern sind die Voraussetzungen für Readly mit der Bauer Media Group als Partner und Blendle mit Axel Springer als Teilhaber nicht schlecht.

Die Verlage sollten die beiden Start-Ups daher als Chance begreifen, mit überschaubarem Aufwand und Risiko neue Geschäfts- und Bezahlmodelle testen zu können. Vielleicht müssen die Manager von Gruner + Jahr, Axel Springer, Burda, Bauer & Co. den Start-Ups nicht gleich auf Knien danken – wenn sie die technischen Möglichkeiten umarmen, statt sie kritisch zu beäugen, wäre in jedem Fall schon einmal viel gewonnen. Und wer weiß? Vielleicht entpuppen sich Readly und Blendle in einigen Jahren ja tatsächlich als das neue iTunes oder Netflix. dh




stats