Wohin steuert die Displaywerbung? Noch liegen die 2014er-Zahlen von Vermarktern und Bundesverband Digitale Wirtschaft nicht vor. Doch es zeichnet sich ab: Display wird in diesem Jahr, wenn überhaupt, nur dank Bewegtbild und Mobile leicht wachsen.
Das einstige Wunderkind ist für manche Vermarkter längst zum Sorgenkind geworden. Laut Nielsen lag das Wachstum für das Geschäft mit Bannern, Videos und Mobile-Anzeigen nur bei 0,8 Prozent in den ersten drei Quartalen 2014. Brutto wohlgemerkt. Weil auch im vergangenen Jahr die Brutto-Netto-Schere weiter auseinandergegangen ist, dürften das reale Netto-Wachstum teilweise deutlich negativ sein. Von einem Minus von 10 Prozent bei Bannerwerbung spricht dann auch der eine oder andere Vermarkter unter der Hand. 10 Prozent Minus – das ist für die auf Wachstum gepolten Vermarkter eine brutal enttäuschende Zahl. Mobile und Bewegtbild wachsen zwar, doch das kann die enttäuschende Entwicklung im Bannergeschäft nicht wettmachen.
Und ein Ausweg aus dem – im Vergleich zu den Vorjahren zumindest – fühlbaren Siechtum der Banner-Werbung ist nicht in Sicht.
Christoph Schuh, Vorstand von Tomorrow Focus, hatte i
n einem HORIZONT-Interview Ende vergangenen Jahres ungewöhnlich klar deutlich gemacht, was Sache ist: „Der schwache Display-Markt ist aus unserer Sicht ein strukturelles und kein kurzfristiges Phänomen.“ US-Unternehmen wie Facebook und Google machen den Onlinevermarktern des OVK schon seit längerem das Leben schwerer als gewünscht. Nun sind mit Twitter und Amazon neue ernst zu nehmende Vermarkter auf den Plan getreten. Es wird also noch enger auf dem Digital-Werbemarkt, was den dauerhaften Verfall der Bannerpreise forcieren wird.
Kleiner Trost für manche Vermarkter: Mobil- und Bewegtbildwerbung bleiben 2015 die Wachstumsträger, während das teilweise als
nächstes großes Ding gefeierte Native Advertising nur in Ausnahmefällen wie beispielsweise der Huffington Post, Focus Online und Buzfeed funktioniert.
Das enorm gestiegene Interesse an Bewegtbild lässt sich am Beispiel Axel Springer schön zeigen. Zuletzt hatte Donata Hopfen, Vorsitzende der Verlagsgeschäftsführung der Bild-Gruppe und HORIZONT-Medienfrau des Jahres 2014,
im HORIZONT-Interview für vorweihnachtliche Aufmerksamkeit nicht nur bei TV-Leuten gesorgt: „Im Digitalen liegt unser Schwerpunkt ganz klar auf Bewegtbild. Ich bin davon überzeugt, dass die Marke Bild hier eine ähnliche Rolle spielen kann und muss wie eine Sendermarke.“ Die Aussage bezieht sich auch, aber eben nicht nur auf das redaktionelle Angebot der Bild-Gruppe. Dass das ehemalige Printhaus Axel Springer im digitalen Werbebereich mit „klassischen“ Bewegtbildanbietern – Fernsehen, streng genommen aber auch Youtube – konkurrieren wird, hatte schon Mitte vergangenen Jahres Axel Springers Vermarktungschef Peter Würtenberger artikuliert: „Ich bin überzeugt, dass sich Asmi bei Bewegtbildwerbung als ernst zu nehmender Wettbewerber positionieren wird.“
Eine der größten Herausforderung wird, zumindest für die Vermarkter aus dem klassischen Medienumfeld, neben dem Bannergeschäft vor allen Dingen Mobilwerbung sein. Sicher: Der Bereich hat gigantische Wachstumsraten: Ein Plus von 65 Prozent auf erstmals über
100 Millionen Euro prognostizierte der OVK im Herbst. Und das könnte auch hinkommen. Allerdings sind 100 Millionen im Vergleich zu 1,4 Milliarden Euro für den Netto-Gesamtmarkt Display ein höchstens großer Tropfen auf einem nicht mehr ganz so heißen Stein.
Und Mobile kulminieren die Probleme zwischen Unternehmen, Agenturen und Vermarktern. Viele Werbungtreibende haben überhaupt noch keine Mobile-Strategie: Sollen lieber Banner, die man auf einem Smartphone-Display schlecht klicken kann, geschaltet werden, oder soll man nicht lieber Content Marketing machen? Wie sieht gute Kreation im Mobile-Bereich aus? Kann es überhaupt gute Kreation geben, wenn man keinen Platz zur Verfügung hat? Und vor allen Dingen: Wie will man damit Geld verdienen – als Dienstleister oder Vermarkter? Denn fest steht bislang nur: Die ohnehin schon teilweise lausigen Preise im stationären Internet gehen mobil noch weiter nach unten. Dass Mobilwerbung, siehe Facebook, prima funktionieren kann, hilft Vermarktern nicht weiter. Facebook ist ein globales soziales Netzwerk, kein nationales Contentangebot.
All das wird auch die Vermarkterszene gehörig durcheinanderwirbeln. Dass sich der Markt konsolidiert, wird schon seit Jahren prognostiziert. Doch bislang ist das große Reinemachen ausgeblieben. Im Gegenteil: Neben den „klassischen“ Onlinevermarktern hat sich eine Vielzahl von Technik- und/oder Nischen-Anbietern etabliert. Erst seit Ströer Digital vor zwei Jahren begann, sich Größe und Macht durch Merger und Übernahmen zu erkaufen, hat sich das Bild gewandelt. Die Strategie von Ströer ist klar und nachvollziehbar: „Wir glauben, dass in einem derart stark fragmentierten Markt wie Online die Größe ein zentrales Kriterium darstellt. Da geht es um Orientierung für Kunden und Agenturen, und Orientierung wird sehr stark durch Größe geschaffen.“, hatte
Ströer-Digitalchef Christian Schmalzl in der Internetworld.de zu Protokoll gegeben. Im
Agof-Ranking ist Ströer inzwischen die Nummer 2, hinter dem Branchenprimus Interactive Media. Doch gerade jetzt steht die Telekom-Tochter,
so lauten ernst zunehmende Gerüchte, zum Verkauf: Digitales Portalgeschäft passt nicht mehr in die
Agenda von Telekom-Vorstand Timotheus Höttges.