250 Millionen US-Dollar hat Amazon-Gründer Jeff Bezos vor einem Jahr für die altehrwürdige "Washington Post" bezahlt. Für Buzzfeed, bis vor kurzem noch Spezialist für lustige Katzenvideos und absurde Rankings, müsste der Amazon-Gründer derzeit mehr als dreimal so viel bezahlen.
50 Millionen US-Dollar hat der US-Venture Capitalist Andreessen Horowitz diese Woche in Buzzfeed investiert. 850 Milllionen Dollar ist der
vor acht Jahren gegründete Newcomer jetzt wert. Vier Schlaglichter auf eine aberwitzige Karriere im Medienbusiness.
1. Die Überheblichkeit der alten Medienhäuser
Chris Dixon, Partner bei Andreessen Horowitz, und künfig auch im Management-Board von Buzzfeed, bringt es kurz und schmerzlos auf den Punkt: Buzzfeed sei für viele Medien nur ein "toy", ein belangloses Spielzeug gewesen. Viele Listen, wenig Tiefgang - so wurde auch in den USA eine Zeitlang despektierlich über die Gründung von Internet-Entrepreneur Jonah Peretti gelästert. Die Lästerei hat nichts gebracht. 550 Mitarbeiter hat das Unternehmen derzeit in New York, Sydney, Paris und demnächst auch in Berlin. Buzzfeed-Deutschland-Chefredakteurin
Juliane Leopold kommt von Zeit Online, einer Website, die wie ihre Printmutter für Seriosität und Qualitätsjournalismus" steht. Dass
Leopold zur vermeintlichen Trash-Site wechselt, ist in mehrfacher Hinsicht interessant.
Zum einen, weil es zeigt, dass Buzzfeed vermehrt klassischen Journalismus in ihre Listen streut (in den USA geschieht dies jetzt schon).
Zum anderen unterstreicht es - wieder einmal - wie attraktiv die jungen, ehrgeizigen, ideenreichen, kreativen, aggressiven Internet- und Medienhäuser für hochqualifizierte Menschen sind. Google und Facebook schöpfen schon seit Jahren das kreative Potenzial von und aus Agenturen ab. Neue Medienhäuser wie Buzzfeed werden dafür sorgen, dass traditionelle Medienhäuser noch mehr Nachwuchsprobleme bekommen werden. Es sei denn, sie legen sich etwas Buzzfeed-Attitüde zu.
2. Reichweitenstarke Inhalte
Man kann über die Listen und Rankings lästern, so viel man will. Aber insgeheim findet man sie dann doch auch lustig, zumindest solange man nicht intellektuell total abgehoben ist oder zum Lachen ohnehin in den Keller geht. Ähnliche Erfahrungen werden auch hochbezahlte Manager in ihrem Leseverhalten machen: Man liest "FAZ" und "Süddeutsche", aber Lachen und verwundert den Kopf schüttelt man über" Bild", egal, wie sehr man offiziell über den Springer-Titel meckert.
Die Buzzfeed-Macher haben richtig erkannt, dass im Netz vermeintlich Belangloses mehr Anklang findet als harte Analysen, zumindest wenn man Visitors oder Page Impressions zum Maßstab nimmt. Das gilt nicht nur für Netzinhalte, sondern auch fürs "richtige Leben". Nicht umsonst hat "Bild" eine höhere Auflage als "Cicero". Und die meistgelesenen Artikel auf Spiegel Online sind
eben nicht die Polit-Aufmacher der Homepage. Unternehmen wie Buzzfeed haben diese Regeln verinnerlicht. Und sie haben auch von Beginn an verstanden, dass Sharen, Vernetzung und Social Media die neuen Garanten für Reichweite sind.
3. Technologie wird immer entscheidender
In einem klassischen Medienhaus schlägt das zahlenmäßige Verhältnis von Redaktion zu Technikern/Programmierern eindeutig zugunsten der Inhaltelieferanten aus. Mir stehen keine genauen Zahlen zur Verfügung. Aber ich wette: Buzzfeed steckt immens viel Geld, Knowhow und Arbeitskraft in den Auf- und Ausbau technologischer Plattformen und Formate (Mobile, Instagram etc.). Natürlich müssen traditionelle Medienhäusser weiterhin in die Qualität ihrer Journalisten investieren. Aber nur Medienunternehmen, die
technisch fit sind, haben langfristig die Chance,
medial eine wichtige Rolle zu spielen.
4. Werberelevanz
Als Inhalteanbieter war Buzzfeed für die vermeintlichen Qualitätsmedien ein kleiner, wilder Parvenue, nicht mehr und nicht weniger. Doch beim Geldverdienen hört der Spaß auf. 120 Millionen US-Dollar wird Buzzfeed Schätzungen zufolge in diesem Jahr umsetzen. Nicht nur Leser finden die Website derzeit ziemlich cool. Anzeigenkunden hat Buzzfeed, leider, ziemlich überzeugend
Native Advertising, diese schreckliche Werbeform, bei der der Werbungtreibende so tut, als sei er ein Redakteur, schmackhaft gemacht, als Alternative zur Displaywerbung. Und nun hat das Unternehmen mit Buzzfeed Creative
"eine Art Werbeagentur" (AdAge) gegründet - 60 Digitalkreative und 40 Videoproduzenten, die für Werbekunden eigenen Content erschaffen sollen: Ein weiterer Beleg dafür, mit welcher Vehemenz und Aggressivität junge Internetfirmen das
alte Dreieick "Unternehmen/Agenturen/Medien" aus den Angeln heben.
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