Event-Marketing

Warum die ITB Berlin zum Testfall für die Zukunft gleich zweier Branchen wird

Auf dem Geländer der Messe Berlin trifft sich während der ITB in normalen Jahren die weltweite Reisebranche
Messe Berlin
Auf dem Geländer der Messe Berlin trifft sich während der ITB in normalen Jahren die weltweite Reisebranche
Ab 9. März startet die führende Fachmesse der Internationalen Tourismus-Wirtschaft nominell in Berlin, aber faktisch komplett im Internet. Von ihrem Erfolg hängt sowohl für die Reisebranche als auch für das Messewirtschaft sehr viel ab. Denn die ITB präsentiert sich als Plattform, die aus der Corona-Krise lernen und dadurch stärker werden will.
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In diesem Jahr soll die Messe ausschließlich virtuell stattfinden, danach soll sie in den Folgejahren dauerhaft als hybrides Event ausgerichtet werden. Mindestens genauso wichtig ist das Signal an die Tourismus-Branche: Unter dem Motto "Rethink, Regenerate, Restart – Tourism for a Better Normal" soll diskutiert werden, wie das Comeback der Branche schon 2021 beginnen kann.

Seit 1966 hat sich die Internationale Tourismus Börse Berlin zu einer festen Instanz in der internationalen Messelandschaft hochgearbeitet und noch nie musste die Veranstaltung einfach abgesagt werden – dann kam Corona. Statt einer Messe mit mehr als 10.000 Ausstellern aus 183 Ländern und dem Messepartner Oman herrschte 2020 gähnende Leere. Jetzt will Messechef David Ruetz mit einem neuen Konzept das Comeback wagen und die Messe auch für die Zukunft krisensicherer machen.
HORIZONT Live Video zum Thema
David Ruetz ITB Berlin
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Über die aktuelle Situation der Reisebranche und über die Weiterentwicklung der Messelandschaft als Marketing-Kanal sprechen wir mit ITB-Messechef David Ruetz am Montag dem 8. März um 14.00 Uhr im Live-Videointerview auf den Social-Media-Kanälen von HORIZONT. Das Gespräch wird zu sehen sein auf Facebook, Youtube und Twitter. Das Publikum wird auch selbst die Möglichkeit haben, Fragen zu stellen.
Das Potenzial dafür ist vorhanden. In einer von der ITB in Auftrag gegebenen Studie sagen etwa 70 Prozent der Deutschen, US-Amerikaner wie auch Chinesen, dass sie über private Reisen in diesem Jahr nachdenken. 37 Prozent der Deutschen, 42 Prozent der US-Amerikaner und 66 Prozent der Chinesen planen schon konkret eine oder mehrere Reisen. Knapp 25 Prozent der Befragten aus Deutschland und den USA sowie über 35 Prozent der Befragten aus China denken darüber hinaus, dass sie in den kommenden 12 Monaten mehr Geld für private Reisen ausgeben werden als in den vergangenen zwölf Monaten. Knapp die Hälfte der befragten Chinesen will nach überstandener Pandemie dauerhaft mehr reisen. In den USA liegt dieser Wert bei 25 Prozent und in Deutschland bei 17 Prozent.

Die spannende Frage ist allerdings nun, ob die ITB in ihrer virtuellen Version als ITB Now, tatsächlich auch das nötige Aufbruchssignal in der Branche setzen kann. Auf der digitalen Plattform ITB Berlin NOW sollen sich vom 9. bis 12. März Partner aus der die touristischen Fachwelt vernetzen können. Gleichzeitig will die begleitende ITB Now Convention Strategien diskutieren, wie der Wiederaufbau nach der Corona-Krise gelingen und wie sich alte Strukturen der Tourismusindustrie weiterentwickeln lassen. Mehr als 200 Speaker aus der Reiseindustrie werden das Programm bestreiten.
Die große Herausforderung stellt jedoch die Messe selbst da, die in den vergangenen Jahren wesentlich vom unmittelbaren Erlebniswert in den Messehallen gelebt hat. Eine Branche wie die Tourismus-Industrie, die sich ganz besonders über das persönliche Erleben definiert, war bisher stärker als andere Branchen gegen die Digitalisierung ihrer Marketingkanäle gefeit. Und damit war die ITB eine besonders stabile Säule der deutschen Messewirtschaft und ihrer breiten Dienstleister-Landschaft.

Sollte sich nun zeigen, dass die ITB auch in virtueller Form ohne größere Leistungsverluste als globale Kommunikationsplattform der Reisebranche funktioniert, bliebe das mit Sicherheit nicht ohne Folgen für die dauerhafte Weiterentwicklung des Messe- und Event-Marketings. Kurioserweise ist das Messewesen eine der wenigen Marketingkategorien, in denen deutsche Anbieter auch international eine ernst zu nehmende Marktmacht sind. So betreibt die ITB zum Beispiel Ableger in China, Indien und Singapur.

Eine Digitalisierung dieser Marketing-Disziplin würde den deutschen Messeveranstaltern perspektivisch neue globale Zielgruppen eröffnen, sie aber auch anfälliger für Herausforderer machen, die möglicherweise über eine größere digitale Expertise verfügen. Vor diesem Hintergrund wird die ITB in diesem Jahr sicher nicht nur bei der Frage nach dem nächsten Urlaubsziel viele inspirierende Momente bieten. cam



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