Nachdem am 15. März 2019 ein Rechtsterrorist bei einem Anschlag auf zwei Moscheen in Christchurch insgesamt 51 Menschen tötete, verbreitete sich ein vom Täter aufgenommenes Live-Video millionenfach in den sozialen Medien. Während Youtube, Facebook und Twitter daraufhin so ihre Mühe hatten, das sich rasant verbreitende Video von ihren Plattformen zu löschen, entbrannte wenig später eine Diskussion darüber, wie Nutzer besser vor solchen gefährlichen Inhalten geschützt werden können.
Um eine Antwort auf diese Frage zu finden, hatte sich wenige Wochen nach dem Christchurch-Attentat eine globale Allianz namens
The Global Alliance for Responsible Media (GARM) gegründet, dessen Teilnehmerliste sich wie das Who is Who der weltweiten Werbe-Industrie liest: Neben 39 Werbungtreibenden wie Adidas, Bayer, Diageo, Ferrero, Microsoft und Procter & Gamble sind auch sechs Agentur-Holdings (z.B. Dentsu, Group M, Havas), sieben Tech-Firmen (z.B. Facebook, Twitter, Google) und sieben Verbände (z.B. Mobile Marketing Association, Coalition for Better Ads) vertreten.
Glaubt man den GARM-Firmen, die zusammengenommen 97 Milliarden US-Dollar der weltweiten Werbe-Spendings ausmachen, sei das Problem immens: Zwischen Juli und September 2019 mussten allein die drei Plattformen Youtube, Facebook und Instagram schätzungsweise
620 Millionen Inhalte von ihren Plattformen entfernen. Die meisten davon wurden zwar gelöscht, bevor sie jemand zu sehen bekam. Dennoch schafften es noch immerhin 9,2 Millionen Videos und Bilder bis zum Internetnutzer, die zum Teil auch durch Werbung monetarisiert wurden.
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Am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos haben die GARM-Firmen nun ihre Strategie präsentiert, die ab Juni diesen Jahres zum Tragen kommen soll und mit der sie das Internet künftig zu einem sichereren Ort machen wollen. Zum einen hat die Allianz
elf einheitliche Definitionen ausgearbeitet, mit denen beispielsweise schädliche Inhalte in den Bereichen Drogen, Spam oder Terrorismus beschrieben sind. Damit soll sichergestellt werden, dass alle Beteiligten über das gleiche sprechen.
Zum anderen hat sich die Allianz dazu bereit erklärt,
neue Tools zu entwickeln und anzuwenden, mit denen Werbungtreibende mehr Kontrolle bei der Aussteuerung ihrer Werbemittel bekommen und Plattformen wie Facebook ihre Inhalte detaillierter kategorisieren können. Dadurch lässt sich zwar nicht verhindern, dass schädliche Inhalte ins Netz geladen werden, allerdings sollen sie dafür sorgen, dass diese Inhalte wenigstens nicht durch automatisierte Werbung monetarisiert werden können.
Außerdem soll sich ab April ein Team innerhalb der GARM-Allianz darum kümmern,
einheitliche Mess-Standards zu entwickeln, mit denen die Unternehmen besser abschätzen können, ob und wie sie bestimmte Inhalte blockieren, demonetarisieren oder löschen können. Wie genau diese Mess-Standards aussehen werden, dazu gibt es bislang aber keine konkreteren Angaben.
„Mit all diesen großartigen Köpfen in unserer Branche, die in der Global Alliance for Responsible Media zusammenkommen, können und sollten wir die Fallstricke der Vergangenheit vermeiden und eine verantwortungsvolle Zukunft begründen.“
Marc Pritchard, Procter & Gamble
Auch wenn die vorgestellte Strategie noch einigermaßen schwammig daherkommt und nicht sonderlich konkret wird, feiern die Vertreter sie als wichtigen Meilenstein. "Vorige Ansätze, die schädliche Inhalte bekämpfen wollten, waren eher reaktiv wie 'Hau den Maulwurf'", sagt etwa Rob Rakowitz von der World Federation of Advertisers, der Mutter-Organisation hinter der GARM-Allianz.
Auch Marc Pritchard, Chief Brand Officer des weltweit größten Werbespenders Procter & Gamble, lobt die in Davos präsentierten Maßnahmen: "Mit all diesen großartigen Köpfen in unserer Branche, die in der Global Alliance for Responsible Media zusammenkommen, können und sollten wir die Fallstricke der Vergangenheit vermeiden und eine verantwortungsvolle Zukunft begründen."
ron