Der Vorabend, also die Phase zwischen spätem Nachmittag und frühem Abend, ist für die Menschen eine wichtige Übergangszeit. Das ist eine Erkenntnis aus den qualitativen Befragungen. In dieser Zeitspanne, die sich ungefähr von 18 bis 20 Uhr erstreckt, lässt man den Alltag langsam hinter sich. Dabei werden die Geschehnisse des Tages reflektiert, Dinge erledigt, vielleicht auch schon der nächste Tag geplant. Gleichzeitig sind die Menschen emotional offen für kleine Fluchten und Zerstreuung. Ziel ist es, die Bedürfnisse in diesem Spannungsfeld zwischen Stabilität und Dynamik in Balance zu bringen, um in ein reibungsloses Flow-Erlebnis zu kommen.
Lineares Fernsehen wird in dieser Übergangszeit, das zeigt die Studie, als verlässlicher Begleiter wahrgenommen. Während es also im linearen Fernsehen am Vorabend das Bedürfnis nach kleinen Alltagsfluchten gibt, stehen bei der Nutzung von kostenpflichtigen Streamingdiensten, die schwerpunktmäßig in die Abendstunden fällt, stark eskapistische Sehmotive wie das Abtauchen in fremde Welten im Vordergrund – der Alltag gerät komplett in Vergessenheit. Werbung wirkt in diesem Kontext dann auch eher störend, da die Menschen die Programminhalte hoch involviert verfolgen und Störeffekte nicht tolerieren.
Das Zusammenspiel aus Quiz, Serien und kurzen Info-Formaten in der Viertelstunde vor acht bewegt sich wie eine lineare Strömung auf den strukturgebenden Programmpunkt am Abend zu, die „Tagesschau“. Die eingebetteten kurzen Werbeblöcke werden von den Zuschauern nicht als Unterbrechung wahrgenommen, sondern als informative Intermezzi und stimmige Bestandteile dieser linearen Komposition. Werbung wird also zum Bestandteil im Nutzungs-Flow.
Wie Marken erfolgreich im Fernsehen werben
Auch die Alltagsnähe des Programms ist werberelevant: Je näher die Zuschauer gedanklich noch ihrer eigenen Welt sind, desto leichter verarbeiten sie Werbebotschaften. Bei den oftmals eskapistischen Inhalten der Streamingdienste fehlt diese Anbindung an den Alltag. Auch färben typische Programmeigenschaften im Ersten wie Qualität und Glaubwürdigkeit auf die am Vorabend werbenden Marken ab.
TV-Werbung erfährt also hohe Akzeptanz, so das Fazit der ARD MEDIA-Forscher, wenn sie sich harmonisch in den Flow einfügt. Idealerweise treffen Marken mit ihren Kampagnen die Zuschauer in einer alltagsnahen und aufnahmebereiten Verfassung an. Und schließlich, auch das hat „Werbung im linearen Flow“ einmal mehr gezeigt, schaffen Umfelder wie am Vorabend im Ersten, in denen insgesamt weniger Werbung läuft, eine höhere Werbeakzeptanz.