Wir müssen reden: Amorelie bringt Mütter und Töchter dazu, über Sex zu sprechen.
In der westlichen, aufgeklärten Welt gibt es keine Tabus mehr. Oder doch? Im Findungsprozess für seine erste Brand Mission hat Amorelie, der Versandhändler für Lovetoys, bemerkt, dass es schon beim Gespräch zwischen Müttern und Töchtern hakt. Grund genug, die neue Kampagne mit einem Appell zu untermauern: "Let's start the Conversation". Den Aufruf zum generationenübergreifenden Gespräch inszeniert der Händler in einem sehr persönlichen Imagefilm.
Darin zu sehen sind drei Mutter-Tochter-Paare - wohlgemerkt keine Schauspieler, sondern "echte" Menschen -, die vor der Kamera zum ersten Mal miteinander über ihre Sexualität sprechen. Wer hat vom wem was gelernt - oder eben gerade nicht? Wer hat über wen was gedacht?
Amorelie - Pleasure is ageless
Entstanden in einem vergleichsweise experimentellen Prozess gemeinsam mit der Agentur
Jung von Matt Spree fiel den Beteiligten schnell auf, dass gerade etwas ältere Frauen oft nicht mehr als sexuelle Wesen wahrgenommen werden. "Wir haben uns dann die Frage gestellt, wer dieses Tabu eigentlich brechen muss", erzählt Lisa Yvo Heimgartner, Creative Director Jung von Matt Spree. "Sind wir alle wirklich so offen oder tragen nicht sogar wir jüngeren Frauen genau diese Tabus weiter?" Auf der Suche nach Antworten entstand der Wunsch, den Prozess sowohl filmisch zu dokumentieren, als auch ihn dann als gesellschaftlichen Aufruf zu nutzen.
Das Ergebnis ist eine knapp dreiminütige, tatsächlich sehr intime Minidokumentation mit dem Titel "Pleasure is ageless", in der die Überraschungsmomente spürbar sind. Da traut sich eine Tochter erstmals, ihre Mutter danach zu fragen, ob Masturbation für sie wichtig sei und ist sichtlich verunsichert, dass die sofort von Lebensenergie spricht, die man "nicht einfach brachliegen lassen kann."
Mütter und Töchter stellen sich Fragen, die sie noch nie vorher ausgesprochen haben.
Da staunen die jungen Frauen, wie offensichtlich viel freier und unkomplizierter ihre Mütter mit Sex umgehen können. Aber da ist auch dieser winzige Moment, in dem einer Mutter eine neue Welt eröffnet wird: Den Vibrator, den ihr die Tochter schenken will, lehnt sie ab. Sie sei ja in einer glücklichen Beziehung. Dass das mit Beziehung gar nichts zu tun habe und das Spielzeug sogar da gerade gut einzusetzen sei, entlockt der Mutter ein vorsichtiges "Okay?" und löst erkennbar einen Gedanken aus, den sie noch nie hatte.
"Aufgrund früherer Konventionen, die auf einer eher unterdrückten Rolle der Frau aufbauten, hat sich die weibliche Lust als Tabuthema etabliert", meint Claire Midwood, CEO von Amorelie. Das habe sich zwar in den vergangenen Jahren geändert, aber es gebe noch viel zu bewegen: "Momentan werden vor allem ältere Frauen im gesellschaftlichen Mainstream kaum als sexuelle Wesen gesehen, ein Tabu, das unangenehm sichtbar wird, wenn wir an die Sexualität unserer eigenen Mütter denken", sagt sie. Kommunikation sei hier der Schlüssel: "Daher sehen wir unsere neue Kampagne als Gesprächsstarter, um das veraltete Narrativ zu ändern." Zum ersten Mal entfernt sich Amorelie dafür auch von der reinen Produktwerbung und bringt sich als Marke mit einem Anliegen ein.
Da blickt die Tochter mit etwas Neid auf Mutters unverkrampftes Verhältnis zum Geschlechtsverkehr.
Ausgespielt wird der Film hauptsächlich über Social Media. Neben dem von Regisseurin
Nicola von Leffern gedrehten und von
IT’S US Media produzierten Film sind zwei weitere Deep-dive-Formate entstanden, in denen einmal die Mütter und einmal die Töchter im Mittelpunkt stehen. Weitere Formate, wie Toy Parties und Podcasts begleiten die Kampagne. Sogar einen eigenen Soundtrack gibt es dazu: Die R&B-Künstlerin
Chuala steuerte ihren aktuellen Song „Good Morning World“ bei.
Kein Zufall ist es übrigens, dass nahezu alle am Prozess Beteiligten Frauen sind: "Die Idee war, so viele Frauen wie möglich in die Kampagne einzubeziehen", erzählt Lisa Yvo Heimgartner von Jung von Matt Spree. Schon allein, um die intime Atmosphäre zu erreichen, die benötigt wurde. Im Verlauf der Produktion fühlten sich die wenigen beteiligten Männer aber gleichermaßen angesprochen und berührt: "Es hat sich herausgestellt, dass unter Männern ganz ähnliche Tabus herrschen", sagt Heimgartner. Ein klarer Hinweis für die Agentur und Amorelie: Das kann erst der Anfang eines Prozesses sein.
Zu erkennen ist das auch an anderer Stelle bei Amorelie: Schließlich werden die Produkte bis heute sehr diskret versendet, damit weder Paketbote noch Nachbarn erkennen, wer sich hier ein Sextoy bestellt hat. Angesprochen auf diesen im Gegensatz zur Kampagnenaussage sehr tabuisierten Umgang mit dem Thema verweist Amorelie-Chefin Midwood auf ständige Kundenbefragunen: Diese zeigten, dass die Kundschaft - jedenafalls zum jetzigen Zeitpunkt - eine diskrete Verpackung schätze und auch verlange. "Deswegen kommen wir diesem Bedürfnis auch gerne nach", sagt Midwood. "Nichtsdestotrotz werden wir den gesellschaftlichen Wandel weiter vorantreiben und eine noch offenere Gesellschaft schaffen – in der irgendwann sogar die Nachfrage an gebrandete Verpackungen dominiert."
son