Jens Bargmann unterstützt mit Glow Unternehmen bei Social-Media-Kampagnen
Spätestens mit
der flächendeckenden Einführung von Twitter-Ads und
dem Ausbau von Bewegtbild-Formaten nimmt die Werbevermarktung bei Twitter richtig Fahrt auf. Viele Unternehmen - besonders in Deutschland - betreten damit allerdings Neuland. In der Tat hat Twitter in manchen Dingen seine eigenen Gesetze - allerdings können sich Werbungtreibende auch ihre Erfahrungen mit Facebook-Kampagnen zunutze machen, um gutes Twitter-Marketing zu betreiben, sagt Jens Bargmann, Deutschland-Chef der Social Advertising-Plattform Glow Digital Media.
Das Unternehmen unterstützt Werbungtreibende mit einer eigenen Plattform dabei, Kampagnen auf Facebook oder Twitter zu managen. Seit 2012 gehört Glow Digital Media zu den Preferred Marketing Developer von Facebook, außerdem ist man Early Development Partner von Twitter. Zu den Kunden gehören HRS, Swiss Airline, Spotify und Expedia. Und der Bedarf an maßgeschneiderten Lösungen dürfte weiter steigen, wie ein Blick auf Twitters Werbeumsätze zeigt: Im 4. Quartal 2014 machte der Kurznachrichtendienst mit Werbung 432 Millionen US-Dollar Umsatz - bei einem Gesamtumsatz von rund 480 Millionen Dollar. Damit stiegen die Gesamtumsätze gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 97 Prozent. Von diesem Boom profitieren am Ende auch Dienstleiter wie Glow.
Herr Bargmann, für welche Unternehmen eignet sich Werbung auf Twitter besonders gut? In meinen Augen lohnt es sich für praktisch jedes Unternehmen, weil Twitter für jedes Bedürfnis bzw. für jede Zielsetzung eine geeignete Werbemaßnahme zur Verfügung stellt. Egal, ob man Aufmerksamkeit erzeugen, Reichweite generieren oder Branding-Effekte erzielen will, für alles gibt es bei Twitter gute Tools. Auch Transaktionen wie App-Downloads lassen sich mit Twitter-Kampagnen anstoßen.
Welche Vorteile bietet Twitter Werbungtreibenden? Das Schöne bei Twitter ist, dass man die Nutzer etwa über Interessen oder Suchbegriffe sehr präzise targeten und Kampagnen sehr filigran aussteuern kann. Dafür gibt es etwa die Funktion Tailored Audiences, bei der man Kundendaten für eine noch exaktere Ansprache nutzen kann. Auf diese Weise lässt sich Twitter als Plattform für erweiterten Kundenservice oder CRM-Tool nutzen. Das ist ein Traum für jeden Marketingverantwortlichen!
Welche Vorteile gibt es noch? Twitter funktioniert oftmals sehr stark über den Augenblick, etwa im Zusammenhang mit TV-Sendungen oder Großereignissen. 90 Prozent aller Kommunikation über TV-Formate findet auf Twitter statt. Und 85 Prozent aller Nutzer nutzen Twitter, während sie fernsehen. Das können sich Marken zunutze machen, indem sie in Echtzeit entsprechende werbliche Botschaften absetzen.
Wer bereits gute Erfahrungen auf Facebook gemacht hat, sollte das nutzen, um auch auf Twitter aktiv zu werden.
Jens Bargmann
Ein Knackpunkt bei vielen digitalen Kampagnen ist Kreativität. Welche Rolle spielt das Thema auf Twitter? Man muss auf Twitter definitiv sehr kreativ sein. Durch die begrenzte Zeichenzahl ist man sicher etwas eingeschränkter als auf anderen Plattformen. Entscheidend jedoch ist, dass man sich erst über seine Ziele Gedanken macht, ein tiefes Verständnis der eigenen Zielgruppe entwickelt und erst dann das entsprechende Werbemittel auswählt. Dabei sollte man ruhig auch viele verschiedene Formate testen.
Bietet Twitter denn genügend Werbemöglichkeiten oder muss hier noch nachgelegt werden? Derzeit müssen sich die Werbungtreibenden erst einmal an die Möglichkeiten gewöhnen. Insofern habe ich nicht das Gefühl, dass es hier ein Defizit gibt. Zudem bedienen Werbungtreibende heute mehrere Plattformen gleichzeitig. Und wer auf verschiedenen Netzwerken Werbung schalten will – Facebook, Twitter, Pinterest – hat damit schon ziemlich viel zu tun.
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Aber hier können ja auch Synergieeffekte entstehen. Macht es Sinn, die Learnings aus Facebook-Kampagnen auf Twitter zu übertragen? Wer bereits gute Erfahrungen auf Facebook gemacht hat, sollte das nutzen, um auch auf Twitter aktiv zu werden. Die Möglichkeiten der Ansprache auf beiden Plattformen sind grundsätzlich recht ähnlich strukturiert. Facebook bietet zwar momentan noch mehr Möglichkeiten. Twitter holt allerdings schnell auf und kann sich außerdem die Erfahrungen mit Akzeptanz und Funktionsweise von Facebook-Werbung zunutze machen.
Würden Sie Werbungtreibenden dazu raten, ihre Facebook- und Twitter-Kampagnen aufeinander abzustimmen? Das ist unserer Erfahrung nach sehr sinnvoll. Wichtig ist, dass man für beide Plattformen einheitliche Standards für Datennutzung und Tracking verwendet und die Tonalität der Ansprache harmonisiert. Ein Beispiel: Man sollte die Kunden nicht auf Facebook duzen und auf Twitter siezen.
Ist es aus Ihrer Sicht auch ratsam, auch TV-Kampagnen mit Twitter zu orchestrieren? Unbedingt, denn dadurch umgeht man den Medienbruch. Jemanden allein durch einen TV-Spot zu einer Interaktion zu bewegen, ist ungleich schwieriger, als wenn man ihn gleichzeitig auch auf einem sozialen Netzwerk anspricht. Die Leute haben heute doch sowieso ihr iPad oder ihr Smartphone in der Hand, während sie fernsehen.
A propos Bewegtbild: Auch Twitter setzt zunehmend auf Video. Wie können Werbungtreibende das für sich nutzen? Bewegtbild hat den riesigen Vorteil, dass man mittels Storytelling auch komplexe Botschaften gut vermitteln kann. Und wie wir am Bewegtbild-Boom auf Facebook sehen können, werden diese Inhalte offenbar auch gerne konsumiert. Richtig interessant wird die Sache für Werbungtreibende dadurch, dass sie die Vorteile der emotionalen Ansprache mit den präzisen Targeting-Möglichkeiten kombinieren können.
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Was zulasten der TV-Budgets gehen dürfte. Perspektivisch ist das sicher denkbar. Es ist ja kein Zufall, dass Facebook und auch Twitter das Video-Thema so stark pushen. Derzeit behandeln Werbekunden TV und Social meinem Eindruck nach allerdings noch getrennt voneinander.
Twitter-Chef Dick Costolo hat kürzlich angekündigt, den Anteil werblicher Inhalte im Twitter-Feed auf 5 Prozent erhöhen zu wollen. Wie beurteilen Sie diese Zahl aus Nutzersicht? Im Moment sehe ich nicht, dass der Twitter-Feed mit Werbung überladen ist. Und seien wir ehrlich: 5 Prozent sind im Vergleich zu anderen Medien oder Plattformen doch sehr moderat. Viel wichtiger als die Häufigkeit der Werbung sollte sein, dass die vermittelten Botschaften relevant und auf Twitter angepasst und durch gutes Targeting zielgenau ausgesteuert werden. Dann sehe ich auch kein Problem mit Nutzern, die sich von der Werbung belästigt fühlen.
Interview: Ingo Rentz