OWM-Umfrage

Agenturen schlittern in die Vertrauenskrise

Die Mitgliederumfrage der OWM ist ein Misstrauensvotum für Agenturen
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Die Mitgliederumfrage der OWM ist ein Misstrauensvotum für Agenturen
Zwei zentrale Botschaften hat die aktuelle Umfrage der OWM unter ihren Mitgliedern, die soeben Tina Beuchler als Vorstandsvorsitzende auf der traditionellen Fachtagung vorgestellt hat: Im kommenden Jahr wollen die Unternehmen weiter offensiv in der Werbung agieren. Dafür ist das Vertrauen zu den Mediaagenturen schwer beschädigt.
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Das ist eine Aussage, die für Diskussionen sorgen wird und die nicht jedem Agenturmanager gefallen dürfte. Nur noch 48 Prozent der OWM-Mitglieder vertrauen ihrer Agentur bei den Beratungs- und Einkaufsleistungen. Das geht aus der aktuellen Umfrage des Kundenverbands anlässlich der traditionellen Fachtagung hervor, die heute in Berlin stattfindet. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr lag der Wert noch bei 95 Prozent. Ganz überraschend kommt der Absturz nicht. Zum einen beklagen Kunden schon seit Jahren mehr oder weniger offen die mangelnde Transparenz bei ihren Mediaagenturen. Zum anderen hatte bereits im Sommer die Association of National Advertisers (ANA), der amerikanische Schwesterverband der OWM, unsaubere Geschäftspraktiken der Dienstleister aufgedeckt. Auch die Beratungsfirma Aprais hatte zuletzt einen deutlichen Vertrauensverlust von Werbekunden in ihre Agenturen ermittelt.

Sauer stößt den Werbungtreibenden auch auf, dass ihre Agenturen Inventar ganz oder teilweise im wirtschaftlichen Eigeninteresse vermarkten. 53 Prozent der OWM-Mitglieder kritisieren dieses Geschäftsgebaren. Doch die Unternehmen fordern nicht nur Transparenz darüber, was die Marktpartner mit ihren Werbegeldern anstellen. Sie erwarten zudem, dass die Dienstleister investieren. So gehen 38 Prozent der Befragten davon aus, dass ihr Dienstleister nicht über aktuelles Know-how bei digitalen Medien und der digitalen Mediaplanung verfügt.

„Die Agenturen sind gefordert, deutlich mehr Digitalkompetenz aufzubauen“, erklärt OWM-Geschäftsführer Joachim Schütz. Und das sind nicht die einzigen Baustellen, die die Kunden drücken. Neben der Digitalisierung des Marketings, der Fragmentierung der Kanäle steht die Werbewirkung ganz oben auf der Agenda. Dazu kommen weitere Dauerthemen. Das Schaffen von Marktstandards in der Werbewirkungsforschung sowie den digitalen Werbeformen etwa, einheitliche Mediawährungen, das Beseitigen von digitalen Qualitätsproblemen wie beispielsweise bei der Sichtbarkeitsmessung und der ewige Kampf gegen Werbeverbote.

Generell blicken, das zeigt die Umfrage auch, die Unternehmen aber optimistisch auf die kommenden Monate, auch weil sich der private Konsum nach wie vor als Stütze der deutschen Konjunktur zeigt. So erwartet die Hälfte der im Oktober befragten Unternehmen im kommenden Jahr höhere Umsätze als 2016, von stabilen Zahlen gehen 42 Prozent aus. Nur 8 Prozent rechnen mit Einbußen. Der positive Ausblick spiegelt sich auch in den Werbeinvestitionen wider. 41 Prozent der OWM-Mitglieder, die insgesamt für ein Volumen von über 8,5 Milliarden Euro stehen, wollen im kommenden Jahr ihre Ausgaben erhöhen. Das sind allerdings weniger als 2015. Damals wollten mehr als die Hälfte ihre Mediaausgaben steigern.

Auf die Bremse treten 2017 nach den derzeitigen Planungen 20 Prozent der Befragten. Die Ausgaben stabil halten dagegen 39 Prozent. „In dieser Einschätzung spiegelt sich in der Summe eine gedämpft positive Einschätzung. Jedoch variiert diese von Branche zu Branche und ist damit Schwankungen unterworfen“, sagt die OWM-Vorsitzende Tina Beuchler.

Mit Blick auf den Mediamix zeigt die Umfrage, dass sich die grundsätzlichen Entwicklungen fortsetzen. TV bleibt in der Gunst weiter vorn. Hier erhöhen in diesem Jahr 33 Prozent der Befragten ihre Investitionen, 17 Prozent werden hier dagegen reduzieren. 2016 genießt auch Plakat eine hohe Wertschätzung. Hier geben 39 Prozent mehr aus, 28 Prozent dagegen kürzen. Woher das Geld kommt, ist nicht wirklich überraschend. Bei den Ausgaben für Print melden die Mitglieder nur ein Plus von 6 Prozent, aber einen Abgang von fast 70 Prozent. Bei Radio reduzieren 28 Prozent, nur 14 Prozent erhöhen die Spendings.

Ein Teil der eingesparten Gelder fließt stattdessen auch in die digitalen Kanäle. Stark zulegen kann dabei besonders: Bewegtbild (83 Prozent), Mobile (81 Prozent) und Social Media (75 Prozent). Finanziert wird das zudem durch Shifts innerhalb der digitalen Welt. So reduzieren 39 Prozent ihre Ausgaben bei den vieldiskutierten Displays, nur 19 Prozent denken hier über eine Erhöhung nach. mir



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