CMO Tim Alexander richtet das Marketing im Privat- und Firmenkundengeschäft der Deutschen Bank neu aus
Die Deutsche Bank richtet sich im Marketing neu aus. Tim Alexander, Chief Marketing Officer für das Privat- und Firmenkundengeschäft, entwickelt eine neue Strategie und ein neues Agenturmodell. Der Finanzdientsleister will damit wieder wachsen.
Kurz nach seinem Start bei der Deutschen Bank im vergangenen Sommer gab er der Kampagne "Neue Zeit braucht neues Banking" den Feinschliff. Jetzt aber geht es um größeres. Die Neuausrichtung des Marketings im Privat- und Firmenkundengeschäft der Deutschen Bank. Für Tim Alexander ein Ironman, für andere der härteste Job, den es derzeit in der deutschen Finanzindustrie zu vergeben gibt. Im Interview mit HORIZONT ist er dennoch gut gelaunt. Die ersten Etappenziele sind geschafft: ein neues Agentursetting und die Eckpfeiler der neuen Strategie. Ein Werkstattgespräch.
Herr Alexander, als Sie bei der Deutschen Bank im Sommer angetreten sind, haben Sie davon gesprochen, dass Sie sich auf einen Ironman begeben. Bei welchem Kilometer sind Sie denn gerade angekommen? Wir haben gerade erst Kilometer 4 passiert. Wir haben uns warmgelaufen und sind noch voller Euphorie. Aber wir wissen, da kommen noch ein paar schwere Prüfungen auf uns zu.
Zum Warmlaufen gehörte der Start der Kampagne "Neue Zeit braucht neues Banking." Welche strategische Bedeutung hat der Auftritt für die nächste Etappe? Eine sehr hohe. Die Kampagne war für uns der perfekte Türöffner, um die Deutsche Bank wieder zum Kunden zu bringen. In der Vergangenheit hatten wir diesen etwas aus den Augen verloren. Es ging also darum zu beweisen, dass wir uns in Services und Produkten maximal am Kunden orientieren und uns dafür auch neu aufstellen. Im TV haben wir deshalb etwa auf die Beratungscenter hingewiesen, die jetzt bis 20 Uhr und auch am Samstag erreichbar sind. Unsere Kollegin Anna-Charen Heymes, die ja im Spot zu sehen ist, verkörpert den persönlichen Zugang. Unser Kapitalmarkt-Know-how und unsere Digital-App waren weitere Themen.
Und haben Sie damit die Türe zum Kunden aufgemacht? Wir haben unsere Zahlen in den vergangenen sechs Monaten stark verbessert. Die Werbeerinnerung ist nun fünfmal höher, die Empfehlungsbereitschaft hat sich verdreifacht. Die Abschlussbereitschaft verdoppelt sich. Die strategische Leistung ist aber, die Deutsche Bank wieder als zugängliche Marke zu zeigen.
Wenn das jetzt geschafft ist, nehmen Sie die Kampagne dann aus dem Markt? Nein. Sie ist noch on air. Wenn wir durch die Tür zum Kunden gekommen sind, geht es jetzt darum, die nächsten Schritte zu gehen. Wir haben die Kampagne daher ergänzt um unseren Finanzcheck, einen ganzheitlichen Ansatz, mit dem wir den Kunden zu allen seinen Finanzthemen beraten. Diesen Ansatz forcieren wir jetzt.
Deutsche Bank Privatkunden
Nur um zu erreichen, dass die Deutsche Bank als nahbares Institut wahrgenommen wird? Das schreibt sich doch jeder Finanzdienstleister auf die Fahnen. Um es klar zu sagen: Wir wollen mit unserem Privat- und Firmenkundengeschäft wieder der erste Platz für alle Menschen und Unternehmen in Deutschland sein, die einen Anspruch ans Banking haben, egal auf welchen Kanälen. Das bedeutet, wir wollen neue Kunden gewinnen und wachsen. Ich begreife die Marke als Rollenbeschreibung, wenn wir unsere Kunden umfassend in ihrem täglichen Leben begleiten, mit neuen Produkten, neuen Services und Angeboten, die jenseits des klassischen Bankings stehen, dann sind wir der moderne Begleiter unserer Kunden. Das kann man wunderbar mit unserer Corporate Kampagne "#positiverbeitrag" aufladen, die ja zunächst nach innen gerichtet war. Jetzt tragen wir diese Haltung Schritt für Schritt nach außen.
Bedeutet das, dass Sie die beiden Kampagnen "Neue Zeit braucht neues Banking" und "#positiverBeitrag" zusammenführen? Wir entwickeln gerade eine Kampagne, die uns als moderner Begleiter zeigt, der Positives im Leben unserer Kunden bewirkt. Dabei fragen wir auch, wer uns als Persönlichkeit inspiriert. Wenn Sie so wollen, finden beide Kampagnen zusammen. Viel mehr will ich da noch nicht verraten. Ich sehe Marketing in der Funktion, die Erwartungen der Kunden mit den Möglichkeiten der Bank zu synchronisieren. Das machen wir gerade mit einem klaren Zielbild vor Augen.
Dann reden wir aber nicht nur über Kommunikation. Korrekt. Es geht im Marketing doch heute um weit mehr als Werbung. Wir müssen die Beweise liefern, dass wir uns ändern. Über Innovationen, über neue Angebote. Die müssen aber aus der Perspektive des Kunden entstehen, nicht wie früher aus der Sicht der Bank. Deswegen hat Wachstum für mich auch eine interne Dimension. Wir haben bereits viele Dinge bei der täglichen Arbeit verändert. Wir haben beispielsweise "Scrum" als Arbeitsmethode eingeführt und Projekträume geschaffen. Wir haben "Marketing Circles" gegründet. Hier sitzen über die Abteilungsgrenzen hinweg Mitarbeiter aus unterschiedlichen Bereichen, der Kommunikation, Produkt-, Prozess- und IT-Verantwortliche an einem runden Tisch zusammen und das Marketing orchestriert das Meeting. Alle arbeiten gemeinsam an einer Lösung für eine Businessherausforderung. Daraus entstehen Ideen und Maßnahmen, die wir früher so nicht gefunden hätten.
Mein Traum ist, dass Banking durch unser Marketing so interessant wird, dass die Menschen wieder hinschauen.
Tim Alexander
Welche denn? Für das Firmenkunden-Geschäft arbeiten wir gerade an einem Kundennetzwerk. Da war das Marketing von Anfang an mit dabei. Über die Marktforschung haben wir untersucht, ob das etwas ist, was unsere Kunden brauchen und annehmen würden. Wir haben mit unseren Kunden Prototypen ausprobiert. Und dann die ersten Schritte eingeleitet.
Ihr Chef Christian Sewing hat auf dem HORIZONT Award davon gesprochen, die Deutsche Bank müsse zu einer Plattform werden. Ist dieser Network-Gedanke so eine Plattform? In der Tat wollen wir unsere Geschäftskunden miteinander vernetzen. Wenn man die Bank als Plattform begreift, können wir so interessante Kontakte ermöglichen, die weit über das klassische Bankgeschäft hinausgehen. Wir schaffen echten Mehrwert. Wir bringen etwa etablierte Mittelständler mit Start-ups zusammen, um über die Herausforderungen der Digitalisierung zu sprechen und möglicherweise sogar zusammenzuarbeiten. Das kann mit ihrem Know-how und ihrer Marktposition nur die Deutsche Bank. Deshalb beschäftigen wir uns mit den Fragen: Welche Inhalte brauchen wir? Welche Erlebnisse? Kostet das Geld oder ist es für unsere Kunden gratis? Und plötzlich hat Marketing andere, neue Aufgaben.
Welche Rolle spielen in dieser neuen Ausrichtung denn Ihre Agenturen? Sie hatten bei Ihrem Antritt angekündigt, sich die Beziehungen zu Ihren Dienstleistern anzuschauen. Das ist richtig. Wir haben jetzt die Agenturen am Tisch, mit denen wir zusammenarbeiten wollen und die uns auf unserem Weg begleiten sollen. Für die Strategie ist AMC unser Partner, bei der Kreation Philipp und Keuntje. Media verantwortet Starcom, Content und Dialog C3 und die Technologie wird von Performance Media (PM) verantwortet. Das Ganze nennen wir übrigens Marketing Hot House.
Und wer ins Haus reinwollte, musste sich einem aufwendigen Pitch unterziehen? Nein. Bis auf den Technologie-Partner hatten wir schon alle anderen Dienstleister zum Teil schon sehr lange an Bord. Allerdings waren einige davon bisher nur in einer Nische für uns aktiv. Für mich war entscheidend, dass wird die richtigen Menschen zusammenbringen, die gemeinsam mit uns die anstehenden Aufgaben anpacken. Größe ist dafür übrigens kein Kriterium gewesen. Es geht um Vertrauen.
Warum haben Sie denn beim Technologie-Part gepitcht? Wir wollten hier die richtige Agentur zur Seite haben, die uns wirklich hilft voranzukommen. Wir haben intensiv darüber gesprochen, wer uns denn bei unseren Vorhaben technologisch helfen kann. PM kann das und hat dazu noch den richtigen Unternehmergeist. Die haben mal mit zwei Mitarbeitern in einer Garage angefangen.
Aber welche Faktoren haben im Prozess den Ausschlag gegeben? Die Garagen-Geschichte alleine wird es wohl nicht gewesen sein. Wie gesagt, wichtig war die Chemie, wichtig waren die Menschen. Zum anderen beschäftigt PM hervorragende Entwickler, die genau die Schnittstelle zwischen einem Data Performance Management System, zentraler Angebotslogik und Customer Data beherrschen. Die Mitarbeiter können auch Kreation, Media einkaufen und sind in der Lage, Werbung programmatisch auszuspielen. Die Agentur verbindet technologische Kompetenz mit Kreation. Das nenne ich modernes Marketing.
Wird am Ende Technologie im Marketing der Deutschen Bank wichtiger als Kreation? Die beiden Disziplinen müssen sich endlich auf Augenhöhe begegnen. Es geht darum, wie wir die Aufmerksamkeit auf unsere Services und Dienstleistungen bringen. Da werden Technologie und ihre Funktionalität wichtiger. Wir brauchen aber auch die gute Idee. Mir ist es dabei egal, woher diese kommt. Am Ende muss jeder unserer fünf kreativen Business-Partner seinen Beitrag leisten, aber auch jeder wird sein Auskommen haben.
Technologie und ihre Funktionalität werden wichtiger. Wir brauchen aber auch die gute Idee.
Tim Alexander
Rivalitäten sind unter Agenturen aber trotzdem vorhanden. Keine Skepsis, dass das Modell am Ende nicht funktioniert. Nein. Wir wollen alle die Deutsche Bank weiter voranbringen. Das eint uns. Jeder Partner hat sein Segment, die sich aber auch überlappen. Deswegen bilden wir Teams, die an Themen gemeinsam arbeiten. Wir bauen gerade einen Content Desk mit Starcom und C3 auf, damit wir in Echtzeit auf Ereignisse in Social Media reagieren können.
Gab es in dem Prozess Überlegungen, eine Inhouse-Agentur aufzubauen? Das haben wir diskutiert. Aber je länger ich darüber nachgedacht habe, desto weniger war ich ein Freund davon. Ich möchte die Inspiration von außen, neue Ideen, neue Ansätze. Das kann unsere Arbeit an vielen Stellen positiv beeinflussen. #PositiverBeitrag ist für mich dabei der Leitspruch. Daran wollen wir uns messen lassen. Dafür gehen wir auch in der Kreation andere Wege.
Vermögensplanung bei der Deutschen Bank heißt: Träume verwirklichen
Was heißt das? Nehmen sie unser aktuelles Einhorn-Motiv, bei dem der Vater seiner Tochter zum Geburtstag ein Pferd schenkt. Früher hätten wir ganz kompliziert erzählt, wie gut wir sind. Heute fragen wir: Was ist dein Traum? Im Vordergrund steht nicht die Vermögensplanung, sondern ein Traum, den man sich zum Beispiel als Familienvater erfüllen möchte.
Welchen Traum wollen Sie sich mit Ihrem Ironman erfüllen? Mein Traum ist, dass Banking durch unser Marketing so interessant wird, dass die Menschen wieder hinschauen. Am Ende geht es um Lebensereignisse, beispielsweise ein Haus zu bauen oder die Kinder abzusichern. Das alles ist höchst emotional. Wir wollen das Emotionale in Echtzeit vermitteln, mit einem klaren Versprechen als moderner Begleiter der positives Bewirkt, das werden wir in den Botschaften, im Design und im Kundenerlebnis konsistent transportieren. Dafür lohnt es noch sehr viele Kilometer Ironman auf sich zu nehmen.
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