Mediacom-Forschungschef Franzen

OWM/OMG-Modell "kein Durchbruch für die Wirkungsforschung"

Christian Franzen, Mediacom
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Christian Franzen, Mediacom
Ende April hatten die Organisation Werbungtreibende im Markenverband (OWM) und der Mediaagenturverband OMG ihr Grundkonzept einer gattungsübergreifenden Werbewirkungsmessung vorgestellt. Was künftig dabei herauskommen soll, ist eine Studie, die den Wirkungsbeitrag der einzelnen Medienkanäle endlich sichtbar und vergleichbar machen soll. Noch muss der Entwurf mit den einzelnen Mediengattungen abgestimmt werden, doch was die beiden Verbände vorgelegt haben, wird von vielen Agenturforschern, die das Projekt ja über ihre Vertreter in der OMG alle mittragen, schon jetzt als der kleinste gemeinsame Nenner bezeichnet.
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"Konsens steht ja selten für eine optimale Lösung", wird Christian Franzen deutlich. Im Interview mit HORIZONT Online spricht Franzen, der bei der Mediaagentur Mediacom als Managing Director die Forschung verantwortet, darüber, warum Werbungtreibende zwar Forschung wollen, diese dann aber doch nicht so gerne für alle offenlegen.


OWM und OMG haben Ende April ihr gattungsübergreifendes Wirkungsforschungsmodell vorgestellt. Ist das nun die lang gesuchte "eierlegende Wollmilchsau-Studie", die alle Fragen zur crossmedialen Werbewirkung beantworten wird? Es wurde ein mögliches Konzept vorgestellt. Jetzt müssen sich die beteiligten Medien erstmal darauf einigen, wie die Abfragen und die Methode im Detail durchgeführt und umgesetzt werden – das wird voraussichtlich dauern. Kommt es zu einer Einigung, wird das nicht zu einem Durchbruch in der Wirkungsforschung führen, sondern eher zu einem kleinsten gemeinsamen Nenner. Hinzu kommt: Online-Nutzung abzufragen und nicht technisch zu messen, ist keine State-of-the-Art-Forschung und nutzt leider nicht die heute gegebenen technischen Möglichkeiten. 
Es gibt ja wohl  noch massiven Nachholbedarf für die Mediaforschung. Wie gleichen Sie als Agentur und Berater der Werbungtreibenden momentan diesen Mangel an Nachweisen aus? Unsere Kunden sind genauso interessiert an aktuellsten Erkenntnissen, weshalb wir das Privileg haben, viele kundenspezifische Studien durchführen zu können. Mit dem Tool MScreen besitzen wir bereits seit zwei Jahren den unserer Meinung nach besten Ansatz im Markt, um TV und Online-Video gemeinsam auszusteuern und zu optimieren. Darüber hinaus versuchen wir stets, weitere interne und externe Datenquellen zu erschließen.

Studien von Vermarkterseite bzw. Anbietern wie Google gibt es dazu ja genug. Mit welchen arbeiten Sie für Ihre Planung? Wir arbeiten immer genau mit den Ansätzen, die uns helfen, akute Fragestellungen zu beantworten. Jeden dieser Ansätze prüfen wir natürlich eingehend, denn es gibt ein gewisses – aus meiner Sicht auch völlig legitimes - Interesse der Vermarkter, ihr Medium ins beste Licht zu rücken. Wir haben bei Mediacom ein großes Forschungsteam mit zusammengerechnet weit mehr als 150 Jahren Berufserfahrung in qualitativer, quantitativer und digitaler Forschung. Da sind wir gewohnt, die Spreu vom Weizen erfolgreich zu trennen. Insgesamt sind Vermarkterstudien eine gute Ergänzung zu unserer eigenen Forschung, denn sie bringen auch zusätzliche Sichtweisen in die Suche nach Antworten. Aber wenn es hart auf hart kommt, ziehe ich immer eigene Forschung vor, denn hier habe ich die volle Transparenz, wie die Ergebnisse zustande gekommen sind.  
Wir als Agentur können wesentlich schneller forschen und Ergebnisse liefern als ein Verband, der ja viele Abstimmungen vornehmen muss.
Christian Franzen
Die von übergeordneten Verbänden entwickelten Währungsansätze müssen immer konsensfähig sein, das sind ihre Forschungsergebnisse natürlich erst mal nicht. Konsens steht ja selten für eine optimale Lösung. Wir als Agentur sind aber einzig und allein den besten Lösungen und Angeboten für unsere Kunden verpflichtet. Geschwindigkeit ist in Zeiten eines rasanten technologischen Wandels extrem wichtig. Da können wir als Agentur wesentlich schneller forschen und Ergebnisse liefern als ein Verband, der ja viele Abstimmungen vornehmen muss. Vielleicht kann ein Verband die perfekte Forschungs-Methode im Konsens nach 5 Jahren entwickeln – ob es den ursprünglichen Forschungsgegenstand dann überhaupt in der Form noch gibt, ist die anderen Frage. Hier gilt „Speed is critical“. 

Wie tauglich wären Ihre Forschungsansätze denn, um sie auf den Gesamtmarkt zu übertragen? Wir wollen Best-in-Class Forschung auf hohem technologischen Niveau betreiben, um aktuelle Fragestellungen zu beantworten. Das erwarten unsere Kunden von uns. Und unsere Kunden erwarten auch, dass wir diesen Wissensvorsprung erst einmal mit ihnen teilen und nicht als Wettbewerbsvorteil direkt an den Markt und damit an ihre Konkurrenten weiterreichen. Gleichzeitig stehen wir aber dem Wissensaustausch und dem Dialog mit Partnern immer offen gegenüber. So engagiere ich mich persönlich in der FOMA und AGMA und schätze diesen Austausch unter Kollegen sehr. Denn damit heben wir die gesamte Branche auf ein höheres Professionalitätsniveau – was letztendlich allen Playern, inklusive unseren Kunden, zugutekommt. vg




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