Kim Alexandra Notz
Über Content Marketing gibt es noch immer großen Informationsbedarf, glaubt Kim Alexandra Notz. Deshalb spricht die Geschäftsführerin von KNSK/Bissinger+ darüber auf den
Digital Marketing Days und im Interview mit HORIZONT Online.
Sie werden auf den Digital Marketing Days für Content Marketing pitchen. Aber mal ehrlich: Ist zu dem Thema nicht eigentlich schon alles gesagt? Nein, Content Marketing ist in Deutschland eine junge Disziplin, und hier gibt es noch großen Informationsbedarf vor allem auf Kundenseite. Viele Marketingverantwortliche wollen jetzt auch einmal die Vorteile von Content Marketing austesten und haben viele Fragen. Denn noch sind es im Vergleich zur Milliarden Euro schweren klassischen Werbung eher wenige und kleinere Etats. Doch das wird sich ändern. Content Marketing wird weiter stark wachsen und damit auch als Thema die Branchendiskussion dominieren.
Manche sprechen von Content Marketing (CM) nur dann, wenn es sich um redaktionelle Inhalte handelt, egal ob in Print oder Online. Andere verstehen unter CM ausschließlich digitales Storytelling. Wie relevant ist diese Diskussion eigentlich - ist es nicht längst egal, weil heute sowieso alles Content Marketing ist oder sein kann? Ich habe Verständnis dafür, dass jede Kommunikations-Disziplin und jeder Agentur-Typ einen eigenen Zugang zu diesem neuen Thema sucht. Deshalb nutzen wir vielleicht andere Wörter, meinen aber letztlich alle das Gleiche: Die Art und Weise des Marketings verändert sich radikal. Die Kommunikation geht gerade im digitalen Zeitalter weg von der Produktwerbung hin zum Aufbau einer intensiven persönlichen Kundenbindung. Und redaktionell aufbereitete Inhalte, die wirklich für den Empfänger interessant sind, eignen sich dafür viel besser, als breit gestreute Werbebotschaften. Content Marketing ist keine zusätzliche Disziplin, die irgendwo dran geschraubt wird, sondern verändert das Marketing insgesamt.
Digital Marketing Days
Die Bedeutung von Chatbots, Influencer Marketing, Retail Media, Virtual Reality und Content Marketing ist auch ein Schwerpunkt-Thema bei den Digital Marketing Days, die HORIZONT am 29. und 30. Juni 2017 in Berlin veranstaltet. Bei dem Pflicht-Termin für Digital-Entscheider diskutieren führende Branchenexperten wie Vanessa Bouwman (We Are Social),
Jérôme Cochet (Zalando), Martin Wild (Media Markt Saturn), Peter Frolund (HTC Vive) und Ulrike Hefter (Nestlé) darüber, welche Rolle die neuen Disziplinen und Technologien im Marketing spielen und wo die Unternehmen dringend investieren sollten. Jetzt hier anmelden!
Viele Kritiker nennen Content Marketing einen Journalismus-Killer, weil es die Glaubwürdigkeit der Medien beschädigt. Wie ernst ist die Lage? Hierzu hat Manfred Bissinger vor kurzem das Wichtigste gesagt. Er kann das als publizistisches Schwergewicht auch am besten beurteilen. Er sagt, dass nicht der Aufstieg des Content Marketings schuld am Niedergang des Journalismus sei, sondern die Fehler der Verlage angesichts der Herausforderungen des digitalen Zeitalters. Ich sehe das genauso: Nur weil Unternehmen jetzt teilweise sehr guten Unternehmensjournalismus betreiben, will kein Unternehmen ernsthaft den kritischen Journalismus platt machen. Unternehmen sind nach wie vor auf die klassischen Medien angewiesen, um ihre Anliegen und Ziele in der Gesellschaft zu diskutieren. Wir brauchen eine vielfältige Medienlandschaft, das ist wichtig für unsere Demokratie.
Wo genau ziehen Sie die Trennungslinie? Wenn beim Native Advertising die kommerziellen Inhalte nicht klar genug von den redaktionellen Informationen abgegrenzt werden. Hier müssen sich die Medien verpflichten, werbliche Texte ganz klar zu kennzeichnen. Sonst verlieren sie selbst als Medienmarken ihre komplette Glaubwürdigkeit.
Content Marketing wird gerne als sogenanntes „Trojanisches Pferd“ eingesetzt, also ohne klare Kennung des Absenders. Kurzfristig ist das sicher ein Vorteil für Werbungtreibende. Aber langfristig auch? Auch wenn wir jetzt einen Content Marketing Boom haben, werden Werbungtreibende nach wie vor einen ausgewogenen Media-Mix anstreben. Also wird es auch weiterhin Werbegelder für reichweitenstarke Medienmarken oder besonders zielgruppenrelevante redaktionelle Umfelder geben. Aber eben weniger. Deshalb müssen die Medienmarken selbst ihre digitalen Hausaufgaben erledigen, um ihr Überleben zu sichern.
Welche Fehler machen Werbungtreibende noch immer am häufigsten, wenn sie Content Marketing einsetzen? Wenn sie in ihren Kampagnen ihre kreative Kernidee einfach nur in viele digitale Formate umsetzen. Diese Adaption von der Stange funktioniert so nicht. Vielleicht wird dann der eine oder andere Film zu einem viralen Zufallserfolg, aber das trifft die Kernaufgabe der strategischen Markenführung nicht. Diese besteht im Content Marketing darin, Inhalte möglichst individuell auf die Bedürfnisse der Konsumenten zuzuschneiden. Das ist gerade in den digitalen Formaten eine ganze Menge Handarbeit, rund um die Uhr, mit vielen kleinen Infostücken und mit ganz viel Dialog. Da reicht ein einziger toller Film nicht.
Was ist in Ihren Augen schlechtes Content Marketing – und was ist gutes? Gutes Content Marketing sorgt dafür, dass die Botschaften der Marken den Konsumenten am richtigen Ort, zur richtigen Zeit mit der in der Situation und Stimmung gerade relevanten Information erreichen. Schlechtes Content Marketing stellt nicht den Konsumenten sondern das Unternehmen selbst in den Mittelpunkt – dieses Senderprinzip führt leider nur zu weiteren Content-Friedhöfen.
Zur Person
Kim Alexandra Notz ist seit 2013 Managing Partner bei Bissinger+, seit 2016 zusätzliche Managing Partner bei der Schwesteragentur KNSK sowie seit 2017 zusätzlich Managing Director beim KNSK brand lab. Zuvor war Notz unter anderem Verlagsleiterin bei Hoffmann und Campe X sowie Vorstandsassistentin bei der Ganske Verlagsgruppe. KNSK und BISSINGER+ verbinden klassische Werbung mit Content Marketing. Gemeinsam haben die Schwesteragenturen 2016 ein Gross Income in Höhe von 17,7 Millionen Euro (+7,5 Prozent gegenüber 2015) erwirtschaftet und stehen damit auf Rang 16 im HORIZONT-Ranking der größten inhabergeführten Agenturen.