Datenschutz wird zum Bumerang
Vorgestern gab es im Innenministerium ein Fachgespräch zur E-Privacy-Verordnung. Heute meldet sich der Verband der Verzeichnismedien zu Wort. Die Organisation, die selten in der Öffentlichkeit steht, fürchtet um ihre Online-Geschäftsmodelle.
Im Verband Deutscher Auskunfts- und Verzeichnismedien sind über 120 Unternehmen organisiert. Die Firmen, die sich selbst als der deutsche Medien-Mittelstand bezeichnen, publizieren rund 2000 Auskunfts- und Verzeichnismedien in allen möglichen Varianten oder sind als Dienstleister tätig. Ob das noch in Zukunft so möglich sein wird?
Für
Rhett-Christian Grammatik ist das nicht gewährleistet. In einem Gastbeitrag für die ZAW-Standpunkte warnt der Geschäftsführer des VDAV eindringlich vor der Verordnung und kritisiert die schwache Vertretung der deutschen Interessen im Europäischen Rat durch die Bundesregierung. Zwar gibt es derzeit fast halbtäglich neue Aussagen, ob die Verordnung nun wie geplant im Mai 2018 in Kraft tritt, im Herbst oder erst 2019. Aber noch interessanter als der Termin dürften derzeit die Inhalte der Verordnung sein. Und die sehen eben nach dem Beschluss des EU-Parlamentes unter anderem eine massive Ausweitung des Datenschutzes vor und das Ende der Reichweitenmessung, wie es die Branche bisher kennt. Die Folgen können dramatisch sein. "Etliche Artikel dieser geplanten Verordnung würden tiefgreifende negative Auswirkungen auf fast alle unsere etablierten Online-Geschäftsmodelle haben", erklärt Grammatik. Gerade in den vergangenen Jahren haben beispielsweise Unternehmen wie die
Gelbe Seiten massiv in den Aufbau digitaler Auskunftsplattformen investiert, die Adressen von Anbietern mit Informationen und Content verbinden.
Warum das passiert ist? Laut einer Studie von
Ipsos nutzen hierzulande 94 Prozent der Deutschen auf der Suche nach Handwerkern, Ärzten, dem nächsten Restaurant oder einem Fitness-Studio Verzeichnismedien. Knapp 51 Prozent entfallen dabei auf Online-, bereits 35 Prozent auf mobile Verzeichnisse. Tendenz eher steigend. Doch solche Investitionen könnten nun in Gefahr geraten, wenn den Unternehmen die bisherige Form der Datenerhebung und -analyse untersagt werden. "Wir laufen tatsächlich Gefahr, in vielen Entwicklungen der mobilen Welt abgehängt zu werden", erklärt Grammatik daher weiter in seinem Beitrag.
Gemeint ist damit allerdings nicht nur die E-Privacy-Verordnung, sondern der generelle Umgang in Deutschland mit der Digitalisierung. Vertreter aus Ländern wie Estland, Littauen oder Lettland würden hierzulande über die Probleme der Deutschen nur milde lächeln. "Unsere Bürokratien bauen unter den verschiedensten Deckmäntelchen immer neue Hindernisse auf und verschließen sich der digitalen Zukunft", schreibt der Verbands-Mann weiter. Zudem beklagt er in dem Standpunkt auch die mangelnde Sachkenntnis der Akteure. "Wer Gesetze auf den Weg bringt, sollte über die Betroffenen und deren rechtliche und wirtschatliche Rahmenbedingungen, zumindest rudimentär informiert sein."
mir