Digital Marketing

Wie Kunden bei Programmatic Advertising Brand Safety sicherstellen können

Es wird einfacher, Programmatic Advertising sicher und transparent zu steuern – aber auch teurer.
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Es wird einfacher, Programmatic Advertising sicher und transparent zu steuern – aber auch teurer.
Bei der programmatischen Werbung Brand Safety sicherstellen – wie geht das in der Praxis? Kompetent kann man diese Frage vor allem bei der Comdirect beantworten, die seit dem vergangenen Jahr ausschließlich programmatisch bucht.
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"Wir verknüpfen mehrere Maßnahmen", erklärt Dagmar Wallat, Mediaexpertin bei der Direktbank. "Zum einen haben wir umfangreiche URL-Ausschlüsse über eine Blacklist, die ständig überwacht und gepflegt wird. Darüber hinaus liefern wir einen Großteil unseres Traffics über Private Deals aus, die nur speziell mit Vermarktern verhandeltes Inventar beinhalten." Auf den verbleibenden, kleinen Anteil von offen gehandeltem Inventar werde ein semantisches Negativ-Targeting gelegt: "Hierfür haben wir Kategorien und Keyword-Listen definiert", so Wallat.


Auch gegen Klickbetrug hat sich die Bank gewappnet: Sie arbeitet mit der Tech-Stack-Plattform des Dienstleisters Adform, an die eine spezielle Lösung gege Ad Fraud namens Bearskin angeschlossen ist. Diese prüft, ob Werbeeinblendungen tatsächlich von Menschen gesehen werden. Bearskin überwacht alle Aktivitäten und sperrt bei Bedarf User- IPs oder Placements übergreifend und systemweit. "Dies verhindert ein Gebot auf verdächtige Placements, die Cookiestuffing, Hijacked-tags, Hidden-ads oder Auto-refresh betreiben oder User-IPs, die als Bots, Crawls oder Datacenter-Traffic identifiziert werden", sagt Wallat. Zudem fließe Adserver-seitig kein Fraud-Traffic in die Reportings ein und werde damit auch nicht abgerechnet.

Aber längst nicht alle Werbungtreibenden haben ihr Programmatic-Geschäft optimiert, und vor allem in puncto Klickbetrug zeigen sich die allermeisten beunruhigt: Laut der letztjährigen Mitgliederumfrage der Organisation Werbungtreibende im Markenverband (OWM) sorgen sich 91 Prozent der Firmen um Ad Fraud im Programmatic Advertising. Zwar liegt die Quote in Deutschland laut BVDW nur bei 2,2 Prozent der Ad Impressions. Dabei wurden aber nur die Vermarkter einbezogen, die in der Arbeitsgemeinschaft Online-Forschung (Agof) organisiert sind.

Die Attraktivität des programmatischen Handels leidet bislang nicht unter der Diskussion. Die Bedeutung von Programmatic Advertising nehme ungebremst zu, diagnostizierte Rasmus Giese, Vorsitzender des Online-Vermarkterkreises (OVK), bei der Vorstellung der 2017er-Bilanz des digitalen Werbemarktes (HORIZONT 9/2018).

Das bestätigt auch Jennifer Weltzien, stellvertretende Vorsitzende der Fokusgruppe Programmatic Advertising im BVDW und Demand Manager DACH bei Smart Adserver: "So gut wie alle Premium- Inventare sind mittlerweile auch programmatisch buchbar." Auch würden die neuen Möglichkeiten des Header Bidding sehr gut angenommen, womit ein Vermarkter den Kreis der potenziellen Nachfrager für eine Ad Impression deutlich erweitern kann. Um das Qualitätsbewusstsein zu fördern, hat der BVDW 2016 Zertifizierungen für Tech-Anbieter im Programmatic-Markt eingeführt, seit dem vergangenen Jahr gibt es sie auch für Mediaagenturen.

Aber, klar: In puncto Ad Fraud und Brand Safety gebe es noch viel Aufklärungsbedarf bei den Werbungtreibenden, so Weltzien: "Wer lückenlose Transparenz will, der kann sie bei Vermarktern und Dienstleistern einfordern – das müssen wir noch klarer herausstellen."

Auf Dienstleisterseite dürften Transparenz und Kontrolle noch stärker zum Differenzierungskriterium werden als ohnehin schon. Vor allem die Mediaagenturen sind durchweg sensibilisiert. "Wir schützen unsere Kampagnen, indem wir Adtech- und Ad-Verification-Systeme einsetzen, die über die aktuellsten Techniken zur Fraud Detection verfügen", erklärt Andreas Hamdorf, Mitglied der Geschäftsleitung bei Pilot, das sich auch bereits vom BVDW zertifizieren ließ. "Das Zusammenführen der gemessenen Daten in einem zentralen Reporting hilft dabei, verdächtige Werbekontakte frühzeitig zu erkennen." Laut Hamdorf hinterfragen die Kunden Programmatic Advertising durchaus: "Aber wir können sie in der Regel davon überzeugen, dass weitestgehende Kontrolle und Transparenz möglich sind."

Auch die Adtech-Dienstleister arbeiten eifrig an Verbesserungen, der Impuls kommt meist aus den USA. "Die großen Ad-Fraud-Skandale haben in den USA stattgefunden, nicht auf dem deutschen Markt", betont Jochen Schlosser, Chief Strategy Officer Adform. "Der programmatische Markt dort ist viel größer, genau wie die Erfolgschancen der Betrüger."

Der wichtigste Schritt dürfte Ads.txt sein, 2017 vom Interactive Advertising Bureau (IAB) auf den Markt gebracht, um den Einkauf bei unautorisierten Sellern zu unterbinden. "Die Einführung von Ads.txt ist relativ glatt und sauber verlaufen", resümiert Schlosser. Während Ads.txt auf Publisher-Seite in kurzer Zeit fast schon zum Standard wurde, muss es nun aber auch von der Einkaufsseite genutzt werden. "Die Zahl der DSPs, die Ads.txt integriert haben, ist noch überschaubar", sagt Schlosser. "Allerdings muss man berücksichtigen, dass der technische Aufwand durchaus beträchtlich sein kann." Die technische Herausforderung bestehe darin, trotz des neuen Filters sicherzustellen, dass sich die Anzeigen für den Betrachter genauso schnell wie bislang aufbauen.

Bisher sind es vor allem internationale DSP-Anbieter wie Googles Doubleclick Bid Manager, The Trade Desk, Appnexus und Adform, die bereits mit Ads.txt arbeiten. Deutsche Player haben es nicht so eilig, weil im hiesigen Programmatic-Markt im Vergleich zu den USA ohnehin vorrangig mit Private Deals gearbeitet wird.

Doch trotz aller Qualitätsbemühungen: Komplett sauber wird der Programmatic- Markt nie werden, einfach weil "unsauber" billiger ist. "Der Grundkonflikt bleibt: Je mehr Sicherheit und Kontrolle über zusätzliche Dienstleister gewünscht wird, desto teurer wird die Kampagne", so Schlosser.

Wie das konkret aussieht, rechnet Hamdorf vor: "Durch den Einsatz einer DSP können Kosten von 10 bis 15 Prozent entstehen. Für Filter-Technologien, etwa für Fraud Detection, kommen weitere Kosten dazu. Mit dem Einsatz eines Adservers für zum Beispiel Rich-Media-Werbemittel betragen die technischen Kosten schnell über 20 Prozent. Das muss erst mal durch die Effizienzvorteile von Programmatic wieder hereingeholt werden." Zudem gebe es nach wie vor viele Kampagnen, bei denen es nur um Performance geht und die daher nur auf Klicks oder Conversions abgerechnet werden. "Ad Fraud Impressions werden dann oftmals für die Erzielung eines günstigen Preises hingenommen." kj




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