Deutscher Medienkongress 2017

"Werbungtreibende sind digitalbesoffen"

Hans-Christian Schwingen (Deutsche Telekom), Dagmar Nedbal (Mastercard) und Jason Lusty (Audi) auf der Bühne beim Deutschen Medienkongress 2017
Getty Images / Maja Hitij
Hans-Christian Schwingen (Deutsche Telekom), Dagmar Nedbal (Mastercard) und Jason Lusty (Audi) auf der Bühne beim Deutschen Medienkongress 2017
Es ist einer der Sätze beim Deutschen Medienkongress: "Wir stecken viel zu viel Geld ins Digitale". Dieser Meinung ist jedenfalls Hans-Christian Schwingen, Chief Brand Officer der Deutschen Telekom. In der Diskussionsrunde der CMOs übten die Marketingentscheider Selbstkritik statt Medienbashing.
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Wenn Top-Marketingentscheider über ihre Erwartungen an die Medien und Vermarkter reden sollen, erwartet man solche Forderungen: "Mehr Transparenz bei den Reportings und den Vermarktern". Das erklärt Dagmar Nedbal, Head of Marketing Central Europe bei Mastercard. Oder: "Das Silodenken bei den Medien ist noch vorhanden", beschreibt Jason Lusty, Leiter Marketing Deutschland Audi, seine Erfahrung. Womit man dagegen weniger rechnet ist, dass die Marketingentscheider auch ihre eigene Verhaltensweise kritisch ansprechen - allen voran Hans-Christian Schwingen.

Der Chief Brand Officer der Deutschen Telekom schießt gleich in den ersten fünf Minuten der Runde mehrere Zitate raus, die auch noch später am Abend für Gesprächsstoff sorgen. Er spricht von der digitalen Besoffenheit, davon, dass zuviel Geld ins Digitale fließt und dass die Budgethoheit in zu vielen Händen liegt. "Da werden 20.000 oder 40.000 Euro in die sozialen Netzwerke gesteckt ohne Sinn und Verstand. Da herrscht ein wahnsinniger Wildwuchs." Damit müssten sich Werbungtreibende kritisch auseinandersetzen. Man wisse ja schon, was funktioniert und was nicht. "In diesem Zusammenhang ist Bewegtbild auf Facebook überbewertet", sagt Schwingen. 85 Prozent der User würden nach 3 Sekunden abbrechen. "Was sollen wir denn damit", fragt sich der Marketingentscheider. Trotzdem bedeute das aber nicht automatisch, dass die Telekom nun alles Geld in Print stecken werde, begräbt Schwingen gleich mal die Hoffnung bei manchem Vermarkter auf einen unerwarteten Geldsegen in 2017.
Da werden 20.000 oder 40.000 Euro in die sozialen Netzwerke gesteckt ohne Sinn und Verstand. Da herrscht ein wahnsinniger Wildwuchs.
Hans-Christian Schwingen
Für Jason Lusty geht es dagegen beim Einsatz von digitalen Medien nach wie vor ums Erfahrungen sammeln. "Uns interessiert vor allem, wie bekommen wir das Zusammenspiel der Kanäle hin." Behilflich seien dabei externe Partner wie Mediaagenturen. Aber auch in den Aufbau eigener Kompetenzen und Tools investiert der Ingolstädter Autobauer. "Es ist gut, Leute im Haus zu haben, die wissen, von was gesprochen wird."

Auch für Dagmar Nedbal geht es darum, das Zusammenspiel der unterschiedlichen Kanäle zu verbessern. Der Aufbau von Know-how im Unternehmen und bei den Dienstleistern auf allen Ebenen sei dafür wichtig. Aber auch die Bereitschaft zu Kooperationen. Das schließe auch die Medien mit ein.
Hier sieht Schwingen ein große Bereitschaft, sich zu öffnen. Dass die Telekom Street Gigs bei "Gute Zeiten, schlechte Zeiten" landen können, sei dafür ein Beispiel. Für ihn ist aber ein anderer Punkt wichtiger. "Wir werden immer schlechter als Werbungtreibende", sagt der Telekom-Manager. "Das Niveau der TV-Werbung ist inzwischen beim Radio angekommen." Da war sie wieder, die Selbstkritik. Und der Beifall des Auditoriums zeigte - sie kam an. mir
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