Compliance-Kodex

So wollen Dax-Konzerne die Einflussnahme auf die Berichterstattung verbieten

Der neue Compliance-Kodex formuliert Vorgaben an die Wirtschaft
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Der neue Compliance-Kodex formuliert Vorgaben an die Wirtschaft
Verdacht auf Schleichwerbung bei der "Süddeutschen Zeitung", Verdacht auf Schleichwerbung beim "Handelsblatt" - die Debatte über die korrekte Trennung zwischen Redaktion und Werbung hat wieder an Fahrt aufgenommen. Um die unsaubere Einflussnahme Werbungtreibender auf die Berichterstattung zu stoppen, hat ein Arbeitskreis mit vielen Dax-Unternehmen nun einen Kodex verabschiedet - und darin konkrete Forderungen formuliert.
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Der "Kodex für die Medienarbeit von Unternehmen" gibt Empfehlungen für den erlaubten und unerlaubten Umgang mit Medien und hat konkret das Ziel, die Trennung zwischen Werbung und unabhängiger journalistischer Berichterstattung wieder einzuführen. "Unternehmen können heute in einem Ausmaß redaktionelle Berichterstattung kaufen, wie das früher völlig undenkbar war. Und sie machen davon Gebrauch", sagt Jürgen Gramke, Vorsitzender des Arbeitskreises Corporate Compliance der deutschen Wirtschaft, dem "Manager Magazin" (MM). Dem Arbeitskreis gehören mehrere Dax-Konzerne an, darunter Allianz, Deutsche Bank, BASF, Eon, Deutsche Post, Lufthansa und Volkswagen.
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Die für die Einhaltung der Trennung zwischen Werbung und Redaktion geltenden Landespressegesetze sowie der Pressekodex seien inzwischen wirkungslos, weil sie sich "ausschließlich an die Medienunternehmen richten", zitiert "MM" Tilmann Kruse, Sprecher des Presserats und hauptberuflich Chefjustiziar von Gruner + Jahr. Es gehe darum, den Unternehmen bewusst zu machen, dass sie auch eine Verantwortung für die freiheitlich-demokratische Grundordnung haben. "Und für die ist eine funktionierende und nicht korrumpierte Presse von zentraler Bedeutung."

Kernvorgaben an die Unternehmen:

  • Unternehmen dürfen einzelnen Medien nicht aufgrund erfolgter oder zu erwartender kritischer Berichterstattung mit Werbeentzug oder anderen Nachteilen drohen.

 

  • Unternehmen und Medien schulden dem Verbraucher Transparenz, ob ein Beitrag werblich oder redaktionell ist.

 

  • Die Unternehmen und deren Mediaagenturen beachten die organisatorische Trennung von Werbe- bzw. Vermarktungsabteilung und Redaktion in den Medienunternehmen. Sie erwarten oder verlangen im Zusammenhang mit dem Schalten von Werbung keine redaktionellen Beiträge und wirken auf eine klare Erkennbarkeit oder Kennzeichnung der Werbung als Werbemittel hin.

 

  • Unternehmen gewähren keine Journalistenrabatte sowie keine direkten oder indirekten Vorteile für Journalisten, um die Entscheidungsfreiheit der Medien über Berichterstattung zu beeinträchtigen oder auf den redaktionellen Inhalt Einfluss zu nehmen.

 

  • Unternehmen beantworten grundsätzlich Presseanfragen, es sei denn, dies erfordert einen unangemessenen internen Aufwand oder betrifft vertrauliche Unternehmensinformationen und das Unternehmen beruft sich auf Vertraulichkeit.

Der Kodex soll in den nächsten Wochen an die Fraktionschefs im Deutschen Bundestag, das Bundesjustizministerium und den Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) gehen. Verbindlich ist er dadurch allerdings nicht. fam
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