"Cleaner", "eleganter", "homogener"

Neues Lufthansa-Design verzückt Experten

Frisch lackiert: Lufthansa-Leitwerk mit dem neuen Logo
Lufthansa
Frisch lackiert: Lufthansa-Leitwerk mit dem neuen Logo
Bleibt das Gelb im Logo, oder verschwindet es? Diese "Frage, die die Nation bewegt" (Lufthansa-Chef Carsten Spohr), wurde am Mittwochabend in Frankfurt final beantwortet, als die Kranich-Airline ihr neues Erscheinungsbild der Öffentlichkeit vorstellte. Der neue Look kommt bei Fachleuten unter dem Strich sehr gut an, wie der HORIZONT-Expertencheck zeigt.
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Von den 10 befragten Experten vergeben immerhin drei die Bestnote von 5 Sternen, fünf weitere benoten den von den Lufthansa-Designern in Kooperation mit der Münchner Branding-Agentur Martin et Karczinski entwickelten Auftritt mit 4 beziehungsweise 3,5 Sternen. Selbst die "schlechteste" Note ist mit 3 Sternen immer noch gutes Mittelmaß. Unter dem Strich springen für die Lufthansa beim Expertencheck 4 von 5 möglichen Sternen heraus - ein selten guter Wert. 


Lufthansa: Einblicke ins neue Design

Die befragten Experten sind sich vor allem in einem weitgehend einig: Das neue Lufthansa-Design kommt sehr edel daher und hilft dabei, den Premium-Anspruch der Marke zu unterstreichen. Zwar wird der Umstand, dass die Farbe Gelb stark reduziert wurde, nicht nur positiv gesehen. "Sehr schön, aber ohne Gelb fehlt mir was", sagt etwa Ligalux-Chef Jan Kruse.

Und der Kranich? Wenn man sich die Veränderungen am Kopf genau anschaut, dann ist der Neue auf jeden Fall der sympathischere Vogel.
Andreas Pauli
Doch das Lob überwiegt deutlich. 
"Alles wirkt vertraut, gleichzeitig wirkt das neue Erscheinungsbild aber viel klarer, frischer, eleganter und dynamischer", sagt Christine Lischka, Chefin von Serviceplan Design. Auch Alexander Reiss, Kreativchef von Saatchi & Saatchi, findet das Signet sehr edel und sagt: "Bald schon wird keiner der Traditionalisten, die jetzt 'Wie kann man nur!' rufen, das billige Orange mehr vermissen. Gerade auch in Abgrenzung zur Tochter Eurowings ist es eine gelungene Weiterentwicklung und unterstreicht den Premium-Anspruch der Lufthansa".

Punktabzug gibt es auch für die überarbeitete Lufthansa-Schrift, die Erik Spiekermann "breit und bräsig" findet und die daher "genau das Gegenteil der Positionierung" sei. "Die Schrift passt nicht zu einer Airline, eher zu einem Traktorhersteller. Langsam, zuverlässig, Diesel", sagt der Edenspiekermann-Gründer. Auch Heinrich Paravincini ist skeptisch, ob die Schrift der Marke mehr Eigenständigkeit verleihen wird. Sein Fazit fällt allerdings genau wie das der anderen insgesamt positiv aus. "Alles in allem eine gelungene, behutsame Weiterentwicklung, die der Marke Lufthansa großen Respekt zollt", sagt der Geschäftsführer von Mutabor Design. mas 

Die Experten-Statements im Detail

Andreas Pauli, Chief Creative Officer von Leo Burnett Deutschland: 5 Sterne

Andreas Pauli
Leo Burnett
Andreas Pauli
Ich pfeife auf den Experten in mir und beschreibe einfach, wie es mir ging, als ich das neue Design an einer 747 das erste Mal auf einem Foto gesehen habe: Ich war begeistert! Das ist Lufthansa! Ich hatte sofort vergessen, wie das "alte Design" denn genau aussieht und musste erst einmal eine aktuelle Maschine googeln. Ach ja, genau. So war das mit dem gelben Kreis. Sieht gegen das neue Design plötzlich aus wie ein Oldtimer. Ohne Gelb kalt? Ach was! Souverän, plakativ, frisch. Die Idee mit dem optisch verlängerten Leitwerk ist zwar nicht ganz neu, wirkt in dem dunklen Blau aber wesentlich homogener und eleganter als bei Quantas. Und der Kranich? Wenn man sich die Veränderungen am Kopf genau anschaut, dann ist der Neue auf jeden Fall der sympathischere Vogel.

Christine Lischka, Geschäftsführerin von Serviceplan Design: 4 Sterne

Christine Lischka
Serviceplan
Christine Lischka
Das neue Erscheinungsbild der Lufthansa ist ein Musterbeispiel für eine behutsame und intelligente Modernisierung einer Traditionsmarke. Man spürt an jeder Stelle des neuen Erscheinungsbildes das Gefühl und den Respekt für die Marke und ihre Geschichte und man nimmt den richtigen Einsatz von gestalterischen Mitteln wahr. Alles wirkt vertraut, gleichzeitig wirkt das neue Erscheinungsbild aber viel klarer, frischer, eleganter und dynamischer. Gerade bei einem gelungenen, evolutionären Schritt lohnt es sich, genau hinzusehen, um zu verstehen, welche Veränderungen welche Wirkungen erzielt haben. Da ist zunächst einmal das markanteste Zeichen der Lufthansa - der Kranich. Auch er, die Markenikone, ist auf den ersten Blick unverändert. In der Detailbetrachtung sieht man aber, dass er schlanker und damit dynamischer geworden ist. Der Charakter und der Duktus sind jedoch unverändert geblieben. Die größte Veränderung ist für Kunden vielleicht an dem veränderten Einsatz der Corporate Colours wahrnehmbar. Besonders auf dem markantesten Touchpoint: dem Flugzeug fällt auf: der gelbe Kreis fehlt auf der blauen Heckflosse. Farbe stellt semantische Bezüge her. Gelb steht für Wärme und Emotion, Blau für Vertrauen und Qualität.
Für die digitale Nutzung ist die Simplifizierung der Farbnutzung innerhalb des Corporate Systems sicherlich der richtige Schritt.
Christine Lischka
Daher wird es nicht verwunderlich sein, wenn Menschen das Gelb, also das Symbol für Emotion, auf dem Flugzeug vermissen werden und es eine sehr kontroverse Diskussion über das neue Corporate Design und vor allem die Lackierung der Flugzeuge geben wird. Wenn man sich das gesamte Erscheinungsbild ansieht, stellt man fest, dass die Farbpalette an sich gleich geblieben ist, Blau ist aber die klare Leitfarbe geworden ist. Gelb wird an den Stellen im Leitsystems eingesetzt, wo Vertrauensbildung und Nähe geschaffen werden soll. Für die digitale Nutzung ist die Simplifizierung  der Farbnutzung innerhalb des Corporate Systems sicherlich der richtige Schritt. Die neue Typografie ist zeitgemäßer und hat an Charakter gewonnen, ohne die nötige Sachlichkeit, Klarheit und Seriosität zu verlieren. Es ist eine Anpassung an den Zeitgeist, ohne dem opportunistisch zu folgen. Insgesamt gibt das neue Erscheinungsbild der Marke Lufthansa neue Impulse und lässt ein neues Selbstbewusstsein erkennen. Ja, vielleicht ist es insgesamt etwas distanzierter als vorher, aber vielleicht ist das auch eine Facette der neuen Identität einer deutschen Marke auf dem Weg in die Globalisierung.

Alexander Reiss, Executive Creative Director bei Saatchi & Saatchi: 5 Sterne 

Alexander Reiss
Saatchi & Saatchi
Alexander Reiss
Das neue Lufthansa Design hat ungemein praktische Vorzüge: Beim Drucken von Briefbögen wird keine zweite Farbe mehr fällig, die Heckflossen muss man nicht mehr aufwändig zweimal abkleben, um sie zu lackieren, und die Flugzeugbäuche kann man sich nun auch sparen. Aber mal im Ernst: Das neue Design ist sehr chic. Bald schon wird keiner der Traditionalisten, die jetzt rufen "Wie kann man nur!", das billige Orange mehr vermissen. Gerade auch in Abgrenzung zur Tochter Eurowings ist es eine gelungene Weiterentwicklung und unterstreicht den Premium-Anspruch der Lufthansa.

Christoph Bender, Creative Director bei MetaDesign Düsseldorf: 3,5 Sterne

Christoph Bender
MetaDesign
Christoph Bender
Eine Marke wie die Lufthansa ändert man sicher nicht leichtfertig. Sie gehört zum deutschen Kulturgut wie kaum eine andere Marke. Nichts desto trotz ist dies nicht die erste Anpassung des Markenauftritts in der 100-jährigen Geschichte des Kranichs. Und bei allem Respekt für die Gestaltungsgrößen, die bereits Hand anlegten, muss sich eine Marke treu, aber auch stets agil und in Bewegung bleiben. Damit bleibt sie relevant, auch dann, wenn sich das Kommunikationsverhalten ihrer Kunden immer schneller und autonomer weiterentwickelt. Der Kranich erfährt die nachvollziehbarsten Optimierungen. Nach behutsamen und respektvollen Modifikationen erscheint er dynamischer, offener, klarer. Und in diesem Fall positiv: dem Kunden wird es kaum auffallen. Auch die Lufthansa Corporate Type atmet den Geist der Fluglinie, eigenständig, aber menschlich. Die offensichtlichste Anpassung aber ist für mich gleichzeitig der gravierendste Eingriff: Das Lufthansa-Gelb wird deutlich zurückgenommen. An einigen Touchpoints verschwindet es sogar vollständig. Farben gewinnen immer mehr an Relevanz.
Der Kranich erfährt die nachvollziehbarsten Optimierungen. Nach behutsamen und respektvollen Modifikationen erscheint er dynamischer, offener, klarer.
Christoph Bender
Schafft es eine Marke, eine Farbe (oder auch einen Farbklang) für sich zu besetzen, kann dies manchmal markenprägender sein als ein Logo. Jedoch gibt es kaum noch Bereiche im Farbkreis, die man ohne weiteres besetzten kann ohne entsprechenden Kommunikationsdruck. Umso überraschender, dass man auf Gelb weitegehend verzichtet. Dabei war das warme, kraftvolle Lufthansa-Gelb für mich vor der Überarbeitung nie nur Sekundärfarbe, sondern wichtiges Element der Brand Heritage und der Experience. Nicht Zitronengelb, nicht Senfgelb. Nein, Lufthansa-Gelb. Gerade die Farbkombination Blau und Gelb machte die Lufthansa souverän, vertrauenswürdig, aber irgendwie auch menschlicher und wärmer als andere Fluglinien. Die Menschen redeten mit mir. Am Check-in, beim Boarding. In der auf Blau konzentrierten Farbigkeit redet wieder stärker der Konzern. Vieles richtig gemacht. Aber wenn ich mich zwischen zeitgemäß oder zeitlos entscheiden müsste? Für mich wäre es letzteres gewesen. Mit einem selbstbewussten Lufthansa-Gelb.

Jens Krahe, Head of Creative Division bei Cocomore: 5 Sterne

Jens Krahe, Head of Creative Division bei Cocomore
Cocomore
Jens Krahe, Head of Creative Division bei Cocomore
Ist die Lufthansa gelb oder blau? Im Interior hat sich das Blau in verschiedenen "Color Breezes" vor drei Jahren schon abgezeichnet. Während Eurowings auf ein kaltes, günstig wirkendes Cyan setzt, möchte die Lufthansa aktuell und zukünftig ihr Geschäft im Premium-Segment machen. Die Konzernfarbe von gelb auf blau zu wechseln, ist in diesem Kontext nachvollziehbar. Ein mutiger Schritt. Und die Zukunft gehört bekanntlich den Mutigen. Ronald Wild und die Lufthansa beweisen, dass sie Designer sind und keine Künstler. An alle frühen Kritiker: Corporate Design benötigt Zeit, um zu wirken. Und digital die Marke im Sinne des "Interface as a Brand" auf allen Plattformen anzugleichen sowieso. Detailverliebt wie ich bin, warte ich gespannt, ob der blaue dem gelben "Call to Action" weicht und wie dadurch die Conversion beeinflusst wird.

Gregor Ade, Freier Markenberater und Professor für Corporate Design an der Hochschule Mainz: 3 Sterne

Gregor Ade
privat
Gregor Ade
Der neue Auftritt scheint eine Abkehr der 2012 vollzogenen Neupositionierung der Lufthansa zu sein, die sich mit dem von Kolle Robbe entwickelten Claim "Nonstop you" nahbarer ausrichten wollte. Der Auftritt wirkt jetzt kühl und konservativ, aber auch klar und selbstbewusst. Das ist eindeutig Premium und für eine Marke, die ihr Geld mit dem täglichen Dienst am Kunden verdient, zumindest bemerkenswert. Der jahrelang unangetastete und großartige Claim "There's no better way to fly" galt 2012 als zu distanziert. Ob dieser alte Claim angesichts der jetzigen sichtbaren Höherpositionierung wieder ausgegraben wird, bleibt abzuwarten. Die heute kursierenden Statements und Change-Filme der Lufthansa beschränken sich merkwürdig auf das Thema Gestaltung. Zu der beabsichtigten strategischen Neupositionierung der Airline ist wenig zu hören. Auch deshalb wirkt das ästhetisch gestaltete Ergebnis seltsam seelenlos, leer und austauschbar.

Jan Kruse, Geschäftsführer Ligalux: 4 Sterne

Jan Kruse
Fischer-Appelt
Jan Kruse
Die Lufthansa hat ihr ikonisches Design angefasst und an die Anforderungen einer digitalen Markenführung angepasst. Gestalterisch ist dieser Schritt gelungen und alles ist cleaner, eleganter und minimalistischer. Das wird sicherlich dem Geschäftsflieger gefallen.  Allerdings ist diesem Relaunch auch das unverwechselbare Gelb zum Opfer gefallen, was bedauerlich ist, da die Marke sehr an Strahlkraft und Emotion  eingebüßt hat. Mein Fazit: Sehr schön, aber ohne Gelb fehlt mir was.

Madeleine Weiss, Creative Director bei HAJOK Design: 3,5 Sterne

Madeleine Weiss
Hajok Design
Madeleine Weiss
Crisp and Clean könnten die Keywords des Relaunchs von Lufthansas neuem Erscheinungsbild der Flugzeuge gelautet haben, das durchaus ansprechend daherkommt. Das Flugzeug wirkt elegant, hochwertig und fortschrittlich. Aus rein ästhetischen Gesichtspunkten verstehe ich nur allzu gut, dass dem Wunsch nachgegeben wurde, das Gelb um den Kranich auf dem Flügel der Maschine zu entfernen. Aus der Markenperspektive bin ich eher skeptisch, ob der fast vollständige Verzicht auf Gelb der richtige Schritt ist. Ich bin gespannt, wie sich das Corporate Design auf andere Kanäle weiterführen wird. Die bisherige Farbpalette aus Gelb, Blau und Grau war schon sehr klug gewählt, schaffte sie es doch mühelos, den Spagat aus Nahbarkeit und Seriosität zu überbrücken. Die konsequent eingesetzten Corporate Farben prägten das Gesicht der Lufthansa auf einzigartige Weise und schafften es, die Bedürfnisse unterschiedlichster Reisender zu vereinen, ihnen eine Identifikation mit der Marke zu ermöglichen. Ob das zukünftig auch gelingen kann mit dem kühlen stylischen Look wird sich zeigen! 

Heinrich Paravicini, Geschäftsführer Mutabor Design: 4 Sterne

Heinrich Paravicini
Mutabor
Heinrich Paravicini
Ich finde den Schritt der Lufthansa nachvollziehbar. Es geht ihr um die Festigung ihrer Positionierung als Premium Airline. Das neue Blau steht ihr dabei gut zu Gesicht. Und das Logo wirkt monochrom auch wertiger. Der Wegfall des sehr prägnanten Gelb als Kennzeichnungsfarbe ist sicher nicht unbedingt ein Verlust im Aircraft Branding. Allerdings ist diese Farbe innerhalb von Airports eine sehr gute Signalfarbe für den Fluggast. Es bleibt abzuwarten, wie man dort in Zukunft kommunizieren wird. Zur Schrift: wieder einmal ein Redesign unter dem Motto ‚Wer findet die 7 Fehler in diesem Bild‘. Die Überarbeitung der Helvetica war sicherlich ein guter Ansatz, ob dies nun mehr Eigenständigkeit verleihen wird, wage ich zu bezweifeln. In jedem Fall spart es wohl  Lizenzen. Alles in allem eine gelungene, behutsame Weiterentwicklung, die der Marke Lufthansa großen Respekt zollt. Für meinen Geschmack hätte es mutiger in der Typografie und der visuellen Welt sein können.

Erik Spiekerman, Autor, Schriftgestalter und Gründer Edenspiekermann: 3 Sterne

Erik Spiekermann
Foto: Edenspiekermann
Erik Spiekermann
Die Marke ist wertvoller positioniert, was richtig ist. Dunkelblau ist zwar langweilig, aber Premium. Gelb ist laut, aber auch billig. Gut als Highlight und für die schnelle Info. Billig fliegt man mit Lila und Gelb (grässlich!) bei Eurowings. Da der Kreis um den Kranich jetzt nur noch eine feine weiße Linie ist, kann der Vogel vielleicht sogar rausfliegen. Im "Spiegelei", also auf dem gelben Kreis, war er ja immer gegen den Rand geflogen, also eingefangen, was semantisch schon sehr seltsam war. Im Großen und Ganzen ist die Arbeit der Agentur sehr gut. Auch wenn die öffentliche Diskussion sich am Gelb beziehungsweise am "Spiegelei" festmacht, wird im Alltag die Schrift wichtiger sein, weil sie praktische Auswirkungen hat. Ich halte sehr viel von dem Schriftentwerfer Hannes von Döhren, der die Lufthansa-Type entwickelt hat. Aber hier war schon die Prämisse falsch: eine statisch-geometrische Form, die älter aussieht als die Helvetica von 1957. Wenig Kontrast zwischen horizontal und vertikal, geschlossenen Formen (im Schriftzug beim "s" zu sehen, sonst bei "c", "e" usw.) und etwas angehobene Schultern, wie ausgestopfte Jackets. Breit und bräsig und damit genau das Gegenteil der Positionierung. Vor allem als Leseschrift weniger lesbar als Helvetica. Inhaltlich und formal ein Rückschritt. Die Schrift passt nicht zu einer Airline, eher zu einem Traktorhersteller. Langsam, zuverlässig, Diesel.

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