"Natürlich sind wir enttäuscht über das Urteil. Es ist für uns eine lange Praxis gewesen, das Wort 'bekömmlich' auf unseren Etiketten zu verwenden, schon mein Großvater hat damit gearbeitet", so Härle zu HORIZONT Online. Der Brauereichef kritisiert vor allem die Urteilsbegründung, die ihm "zu knapp und nicht tiefgehend genug" ist. Zudem würden auch viele andere Bierhersteller mit ähnlichen Begrifflichkeiten werben. Nun will Härle den Rechtsweg weitergehen und vor dem Oberlandesgericht Stuttgart Revision einlegen.
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Urteil
Bier darf nicht als "bekömmlich" beworben werden
Ist Bier "bekömmlich"? Es darf jedenfalls nicht so beworben werden, urteilt das Landgericht Ravensburg. Gesundheitsbezogene Aussagen zu Alkohol seien in Werbeslogans nicht erlaubt.
Die Chancen auf einen juristischen Erfolg in der Landeshauptstadt stehen allerdings nicht besonders gut, meint Wettbewerbsrechtsexperte
Constantin Rehaag. "Vor dem Hintergrund der
Health-Claims-Verordnung der Europäischen Union müsste die Brauerei noch ein paar neue Argumente bringen, um die Richter zu überzeugen", sagt der Partner der Frankfurter Kanzlei Dentons. Ziehe man die ursprüngliche Bedeutung des Wortes "bekömmlich" heran, dann höre sich das an wie "wohltuend" und sei damit durchaus gesundheitsbezogen - und nicht etwa nur eine Beschreibung des Geschmacks, wie die beklagte Seite argumentiert.
Ein ähnliches Urteil gab es bereits 2012, als der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied,
Wein dürfe nicht als "bekömmlich" vermarktet werden. Die Luxemburger Richter hatten damals die Frage zu beantworten, ob Attribute wie "bekömmlich" im Rechtssinne gesundheitsbezogen sind. Leidtragender war das Deutsche Weintor in Rheinland-Pfalz. "Dieses Urteil kann in Hinblick auf die Health-Claims-Verordnung durchaus als Präzedenzfall herhalten", sagt Rehaag.
„Ich muss schon sagen: Die Regulierungswut aus Berlin und Brüssel treibt seltsame Blüten.“
Gottfried Härle
Nichtdestotrotz: Der öffentlichkeitswirksame Rechtsstreit zwischen der Brauerei Härle und
Verband Sozialer Wettbewerb (VSW) hat den oberschwäbischen Kleinbrauer mit einem jährlichen Ausstoß von 34.000 Hektolitern (zum Vergleich: die Marke Bitburger stieß 2014 knapp 4 Millionen Hektoliter aus) bundesweit bekannt gemacht. Für Gottfried Härle ist das allerdings ein schwacher Trost: "Ganz ehrlich: Ich hätte gerne darauf verzichtet. Trotz des großen öffentlichen Interesses ärgert uns die ganze Angelegenheit doch sehr und kostet natürlich auch Geld." Das Wort "bekömmlich" auf den Etiketten müsse nun geschwärzt werden. fam/tt