Seit 2010 schon ist der Haselnuss-Likör Frangelico in Besitz der Gruppo Campari, fristete aber zunächst ein biederes Dasein in einem wachstumsarmen Markt. Dann kam die deutsche Niederlassung auf die Idee, die junge Zielgruppe zu addressieren, Frangelico als Shot zu repositionieren und die Marke in der Urban- und Street-Culture-Szene zu verankern - mit beachtlichem Erfolg. Dafür mitverantwortlich ist eine mutige Kommunikationsstrategie, bei der die alte auf die neue Zielgruppe trifft.
Die Neupositionierung der Marke Frangelico im deutschen Markt war ein ebenso mutiger wie konsequenter Schritt. Wenn
Kathleen Schuart, als Senior Director Marketing & Sales On-Premise hierzulande für die Marken des Spirituosenriesens Campari zuständig, von der Reaktion aus der Mailänder Zentrale berichtet, fällt das Wort "Kulturschock". Kurzum: Der Haselnuss-Likör hat seine Zielgruppe um 180 Grad gedreht, setzt nun auf urbane Menschen zwischen 20 und 35 Jahren mit einer Vorliebe für Subkulturen wie Hip-Hop und Streetwear - und nicht mehr auf ältere Damen. Man könnte sagen: Diskolicht statt Kaffeekränzchen.
Frangelico - Oma Helga & Dead Stock auf der Suche nach dem Festival-Sneaker
"Wir haben früh festgestellt, dass das auf lange Sicht kein Markt ist, in dem wir Wachstum generieren können", sagt Schuart. Mehr Potenzial sah das Team im Bar- und Club-Segment. Statt Eier- und Sahnelikör heißen die Konkurrenten heute Jägermeister, Tequila und Erdbeerlimes. Während das ikonische Flaschendesign - es stellt einen stilisierten Mönch dar - beibehalten wurde, setzt Campari auch in der Kommunikation auf neue Wege. Frangelico bewirbt der Konzern nun mit Influencern und Stars aus der Urban- und Hip-Hop-Community, darunter die Musiker Haftbefehl, Megaloh und SSIO. Die Protagonisten treffen in kurzen Filmen auf die über 70-Jährige Markenbotschafterin Oma Helga.
Mit Motiven wie diesen startete 2016 die Frangelico-Kampagne von LLR
Ein bewusster Bruch? "Ja und doch nein", sagt Schuart, "weil wir ja die Generationen miteinander verbinden". Eine große Herausforderung, betont
Christian Wittstadt, Geschäftsführer von RPM. Die Berliner PR-Agentur ist neben Lukas Lindemann Rosinski für die Bewerbung der Marke zuständig: "Aus kommunikativer Sicht muss das Storytelling echt sein, damit eine Marke - gerade in der Street-Culture-Szene - akzeptiert wird", sagt Wittstadt. Die Kommunikation fußt seit gut eineinhalb Jahren vor allem auf den Säulen Live-Events und Social Media, weil Schuart glaubt, die Verbraucher müssten die Marke direkt erleben. "Im TV hätten wir zumindest jetzt zu viele Streuverluste. Reichweitenstarke Medien sind in den nächsten zwei, drei Jahren noch tabu."
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Und die Ergebnisse sprechen trotz des Kulturschocks in Norditalien für sich: In Deutschland kletterte der Absatz von 2014 bis 2016 um 104 Prozent - gegen den Trend in einem sonst stagnierenden Spirituosenmarkt. Die Awareness für die Marke steigt kontinuierlich. Und seit Kampagnenstart im April 2016 wachsen die Communitys auf Facebook und Instagram monatlich konstant im zweistelligen Prozentbereich.
fam