Anne König

„Print abzuschreiben wäre dumm“

Anne König, Professorin an der Beuth Hochschule für Technik Berlin
Privat
Anne König, Professorin an der Beuth Hochschule für Technik Berlin
Das verminderte Werbeaufkommen in Print hat so manchen Druckerei zum Aufgeben gezwungen. Andere Dienstleister versuchen, den Verlust an Druckvolumen durch höherwertige Produkte und ein erweitertes Portfolio wettzumachen. Dazu gehört auch die Vernetzung mit Kunden per Internet. Anne König, Professorin an der Beuth Hochschule für Technik Berlin, sieht die Drucker als Vorreiter der "Industrie 4.0".
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In der kommerziellen Kommunikation ist es in Mode gekommen, Print abzuschreiben und vornehmlich auf digitale Medien zu setzen. Gibt es einen vernünftigen Grund dafür? Die Werbungtreibenden folgen den Lesern, Zuschauern und Zuhörern zu den Medien, mit denen diese ihre Zeit verbringen. Also weg von Print, TV und Radio und hinein ins Internet und in die Apps. Das ist nachvollziehbar. Allerdings werden Zeitungen und Zeitschriften ja immer noch von Millionen Menschen gelesen. Print abzuschreiben und in diesem Medium gar nicht mehr zu werben, wäre also falsch und dumm.

Print erzielt – direkt oder indirekt – zwei Drittel seines Umsatzes mittels Werbung. Wie hart trifft es die Druckindustrie, dass diese Einnahmequelle nicht mehr so sprudelt? Die Auswirkungen sind dramatisch. In den vergangenen Jahren ist in Europa die Menge an Papier für Drucksachen – also Zeitungen, Zeitschriften, Kataloge und Bücher – um rund ein Fünftel zurückgegangen. Zwar lässt sich nicht der ganze Verlust auf das Konto Rückgang des Werbegeschäfts verbuchen, aber doch der größte Teil.

Wie kompensieren die Druckereien diesen Verlust? Seit dem Jahr 2000 haben in Deutschland zwei Fünftel der Druckereien aufgegeben – zumindest haben sie aufgehört, sich selbst als Druckerei zu bezeichnen. Denn nicht alle sind vom Markt verschwunden, viele haben sich zu Produktionsagenturen oder Mediendienstleistern gewandelt, die etwa Internet-Services anbieten.

Branchenvertreter sind stolz auf den digitalen Workflow, den hohen Vernetzungsgrad von Maschinen und Systemen und die individualisierten Druckerzeugnisse. Sind die Drucker die Vorreiter der "Industrie 4.0"? Das kann man so sagen. Schon die Drupa im Jahr 2004 war die "Vernetzungs-Drupa". Dabei ging es nicht nur um die Vernetzung innerhalb eines Betriebes, sondern auch um die nach außen mit Kunden und Zulieferern. In dieser Hinsicht ist die Branche inzwischen nicht selten ein Vorbild für andere, auch wenn es in der Zusammenarbeit mit Großkunden gelegentlich noch klemmt. Verbesserungsbedarf sehe ich hauptsächlich noch bei Druckprodukten, die über digitale Schnittstellen interagieren – Stichwort "Internet der Dinge". Joachim Thommes
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