Insgesamt erreichten den Werberat 1.524 Beschwerden in den ersten sechs Monaten dieses Jahres. Das sind 642 mehr als im Vorjahreszeitraum. Allein gegen den Anfang Mai anlässlich des Muttertags erschienenen Edeka-Spot richteten sich über 750 Beschwerden.
Der Deutsche Werberat hatte die Edeka-Werbung
schließlich auch mit einer öffentlichen Rüge bedacht. Dies geschieht nur dann, wenn das werbende Unternehmen die beanstandete Werbung nicht zurückzieht oder ändert. In dem Spot würden Männer und Frauen gegeneinander ausgespielt und Geschlechterrollen aus den 50er Jahren verfestigt, hieß es in der Begründung.
Edeka "Wir sagen Danke" 2019
Alles in allem hat der Weberat im ersten Halbjahr 357 Werbemaßnahmen geprüft. Davon seien 171 nicht zu beanstanden gewesen. In weiteren 119 Fällen schaltete das Gremium andere zuständige Stellen ein oder forderte die Beschwerdeführer wegen fehlender Zuständigkeit des Werberats auf, ihre Rechte selber wahrzunehmen.
Übrig blieben 67 Fälle, bei denen sich laut Werberat 93 Prozent der Unternehmen freiwillig bereit erklärten, die beanstandete Werbung einzustellen oder zu ändern. So erfolgten 56 Kampagnenstopps und 6 Änderungen. Letztendlich musste der Werberat nur fünf öffentliche Rügen aussprechen. Neben Edeka
traf es dabei vor allem kleine und mittlere Unternehmen.
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"Wir freuen uns sehr, dass die Unternehmen mit dem Werberat zusammenarbeiten und ihre Werbung vom Markt nehmen, wenn das Gremium sie wegen eines Verstoßes gegen den
Werbekodex beanstandet hat. Das geschieht, obwohl es sich um rechtlich zulässige Werbung handelt", sagt
Julia Busse, Geschäftsführerin des Deutschen Werberats. "Auch wenn sich einige wenige Firmen darin gefallen, Grenzen zu überschreiten: Die übergroße Mehrheit der rund 3,5 Millionen Unternehmen in Deutschland hält sich an die Vorgaben des Werberats bzw. stoppt oder ändert ihre Werbung, wenn die Werbebranche selbst sie dazu aufgefordert hat."
Von den Werbemaßnahmen, mit denen sich der Werberat letztendlich beschäftigte, waren 120 wegen Geschlechterdiskriminierung gemeldet worden, darunter fallen Sexismus sowie Diskriminierung von Frauen und/oder Männern. Dieser Beschwerdegrund war damit der am häufigsten genannte, die Beanstandungsquote betrug knapp ein Drittel.
Die Beschwerdebilanz des Deutschen Werberates im 1. Halbjahr 2019 (Zum Vergrößern anklicken)
Auffällig ist, dass die Beschwerden in der Rubrik "Ethik und Moral" (39 Fälle gegenüber 31 in 2018) sowie Fälle mit dem Vorwurf der Diskriminierung von Personengruppen (21 gegenüber 15 im Vorjahreszeitraum) deutlich zugenommen haben. "Ähnlich wie bei dem Beschwerdegrund 'Geschlechterdiskriminierende Werbung' spiegeln sich auch hier die teils sehr unterschiedlichen Ansichten in der Bevölkerung zu gesellschaftspolitischen Diskussionen wider", vermutet der Werberat. So sei die Werbung einer Partnervermittlung kritisiert worden, weil sie Menschen ohne sichtbaren Migrationshintergrund zeigte.
Auch mit einer Kampagne der Deutschen Bahn musste sich der Werberat befassen. Anlass war ein Posting des grünen Tübinger Oberbürgermeisters Boris Palmer,
der kritisiert hatte, dass auf der Website des Unternehmens Menschen unterschiedlicher Hautfarbe gezeigt werden. Hier würde die deutsche Gesellschaft nicht richtig abgebildet, so Palmer. Der Werberat wies die darauf folgenden Beschwerden ebenso als unbegründet zurück wie die Kritik an der oben genannten Werbung der Partnerbörse.
Die Werberats-Statistik nach Werbemitteln (Zum Vergrößern anklicken)
Stark zugenommen hat die
Kritik aus der Bevölkerung an Internet-Werbung, nämlich um 40 Prozent. Die insgesamt 66 Beschwerdefälle verteilten sich auf verschiedene Formen der Digitalwerbung wie eigene Internetseiten von Unternehmen, Firmenkanäle in Sozialen Netzwerken, Display- und Videowerbung in fremden Online-Diensten sowie Mobile-Werbung. Ein Drittel der Werbemaßnahmen wurden vom Werberat beanstandet, in nur einem Fall folgte eine öffentliche Rüge. Die restlichen Unternehmen waren hingegen bereit, die Werbung schnell offline zu nehmen.
Nach Werbemitteln folgten auf Online-Werbung Plakatwerbung (40) sowie Fernseh-Spots und Anzeigen (je 33). Erneut rückläufig waren Beschwerden über Fahrzeugwerbung (13). Werbemittel wie Werbebriefe (12), Radio-Spots (6) oder Kinowerbung (2) sind nach wie vor nur vereinzelt von Kritik betroffen. ire