Tennis-Star Rafael Nadal ist Bacardi-Botschafter
Was hat Corporate Social Responsibility (CSR) mit der Programmplanung von ARD und ZDF zu tun? Wer ein wenig genauer hinschaut, kann sich die Frage schnell beantworten. Denn seit des Erfolgs des ARD Markenchecks hat sich vom Ersten bis in die Dritten Programme herumgesprochen, dass die Zuschauer gerne einschalten, wenn die Tricks der Werbung und des Marketing entlarvt werden. Auf diese gesellschaftliche Schuldvermutung bei kommerzieller Kommunikation reagieren die Unternehmen mit Programmen, die ihre moralische Unbedenklichkeit beweisen sollen. Doch dabei gibt es ein Problem: Mit den meisten Geschäftsmodellen ist moralisches Handeln nur schwer zu vereinbaren.
Das soll jetzt nicht bedeuten, dass es den Machern von CSR-Programmen nicht ernst wäre. Sicherlich freuen sich auch die meisten Mitarbeiter des Unternehmens, dass sie in einer Firma arbeiten, in der es nicht um die Gewinnmaximierung geht. Außerdem verfügen die Unternehmen über eine beeindruckende Macht zum Guten. Die Produkte von Procter & Gamble werden weltweit 4,6 Milliarden Mal jeden Tag genutzt. Welche Partei oder Nichtregierungs-Organisation kann eine ähnlich große Rolle im Alltag der Menschen für sich reklamieren? Aber entscheidend ist, welche Substanz die Unternehmensprogramme zur gesellschaftlichen Verantwortung ohne die Pflicht zur öffentlichen Signalwirkung haben. Falls in der Kommunikationsleistung die einzige Substanz liegt, hat das Unternehmen ein Problem.
So betreibt
Bacardi sein aktuell gerade wieder in Monaco promotetes Programm
"Champions drink responsibly", das den verantwortungsbewussten Umgang mit Alkohol unterstützen soll. So lobenswert und nachvollziehbar die Zielsetzung auf der menschlichen und gesellschaftlichen Ebene ist, ändert es doch nichts daran, dass Bacardis eigentlicher Unternehmenszweck ist, mehr Alkohol zu verkaufen. Eine Marke, die ein Verhalten predigt, das ihren wirtschaftlichen Eigeninteressen grundsätzlich zuwider läuft, kann nie wirklich hundertprozentig glaubwürdig sein. Um glaubwürdig einen Genuss zu predigen, der über den reinen Alkoholkonsum hinausgeht, müsste Bacardi sich zum Anbieter entwickeln, der auch von nicht-alkoholischen Cocktails oder dem gastronomischen Gesamterlebnis profitiert.
DM-Claim "Hier bin ich Mensch, hier kauf ich ein" (Foto: DM)
Moralische Ansätze in der Geschäftspolitik, die einer Marke die heute so unverzichtbare gesellschaftliche "permission to market" liefert, sind durchaus möglich. Der ungebrochene Erfolg der Drogeriekette
DM ist dafür der beste Beleg. Aber nicht jedes Unternehmen verfügt über einen
Götz Werner an der Unternehmensspitze, der den Claim "Hier bin ich Mensch, hier kauf ich ein" nicht nur als externe Kommunikationsidee versteht, sondern als intern zu implementierender Wettbewerbsvorteil. Die meisten Unternehmen sind auf die philosophischen Kompetenzen angewiesen, die die Universitäten den Nachwuchs-Brandmanagern vermitteln. Und man darf vermuten, dass dort Moral im Marketing ähnlich enthusiastisch behandelt wird wie das Thema Ethik bei der Ausbildung der Börsenanalysten.
Viel Platz dürfte im Curriculum des Marketing-Nachwuchses ohnehin nicht sein. Schließlich müssen sie sich ja auch noch zeitgleich das Know-how aneignen, um die Konsequenzen des digitalen Medienwandels beherrschen zu können. Und im Zweifelsfall werden die unmittelbaren operativen Sachzwänge der digitalen Welt wichtiger erscheinen, als das strategische Potenzial der moralisierten Märkte. Der Marketer als technologisch-moralische Wollmilchsau wird also wie die eierlegende Verwandtschaft auch in Zukunft eine reine Wunschvorstellung bleiben.
Aber das bedeutet nicht, dass der gesellschaftliche Anspruch des Unternehmens in der Kommunikationsabteilung am besten aufgehoben ist. So hat sich
Procter & Gamble äußerst ambitionierte ökölogische Ziele gesetzt und verzichtet dabei auf eine breite öffentliche Inszenierung. Die unternehmerische Vision dahinter bringt der Nachhaltigkeitsbeauftragte des Konzerns folgendermaßen auf den Punkt: "Je geringer die Umweltbelastung durch unsere Produkte ist, desto höher ist das Wachstumpotenzial, das wir mit diesen Produkten haben."
Dieser Anspruch ist hoch und möglicherweise erst in vielen Jahren zu erreichen. Aber hier liegt ein wesentlicher Beitrag, den die Marketer für das Gesamtunternehmen leisten können: Eine neue Vision für das Produkt zu finden, aus der sich eine langfristige Wachstumsstrategie für das Unternehmen entwickeln lässt. P&G ist das beispielsweise mit seiner Unicef-Partnerschaft bei
Pampers gelungen. Der Wassersprudler-Anbieter
Sodastream hat erst als Kämpfer gegen den Plastikmüll eine echte Markenidentität und beeindruckenden Umsatzwachstum vorzuweisen.
Das sollte den CSR-Experten Mut machen, darüber nachzudenken, wie sie auch für den Wirtschaftserfolg ihres Unternehmens Gutes bewirken können. Denn so paradox es klingt: Erst wenn die Unternehmen aus Eigennutz altruistisch handeln, wird die Öffentllichkeit diese Handlungen als glaubwürdigen Teil ihrer Markenidentität akzeptieren. Und innerhalb des Unternehmens wird das Entwickeln nachhaltiger Produktstrategien zu einer Selbstverständlichkeit, die man nicht mehr mit einem Verweis auf den öffentlichen Druck rechtfertigen muss. Aus der bisherigen Dualität Moral und Marketing wird eine Einheit: Moralisch akzeptiertes Marketing.
cam