Benetton-Werbung nicht verfassungswidrig

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Die umstrittenen Anzeigen, mit denen der italienische Textilkonzern Benetton Mitte der 90er Jahre geworben hat, sind nicht sittenwidrig. Das Abdruckverbot der Anzeigen war ein deutlicher Eingriff in die Pressefreiheit, entschied das Bundesverfassungsgericht (BVerfG). Bei dem Urteil ging es um Bilder des Benetton-Fotografen Oliviero Toscani, die schwer arbeitende Kinder, eine ölverschmierte Ente und nackte Haut mit dem stempelähnlichen Aufdruck "HIV positiv" zeigten. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte 1995 den Abdruck der Anzeigen im "Stern" untersagt. Gruner + Jahr legte daraufhin Verfassungsbeschwerde ein.

Das BVerfG bezeichnet das Verbot der Werbebilder als unzulässigen Eingriff in die Pressefreiheit, da diese ebenso unter den Schutzbereich des Grundgesetzes fallen wie redaktionelle Beiträge. Dem Vorwurf, dass das Publikum von den Anzeigen belästigt wird, folgen die Karlsruher Richter nicht: "Ein vom Elend der Welt unbeschwertes Gemüt des Bürgers ist kein Belang, zu dessen Schutz der Staat Grundrechtspositionen einschränken darf", heißt es in der Urteilsbegründung.

Der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) begrüßt die Entscheidung als "richtungsweisend in vielen Teilen der Begründung". Der ZAW geht davon aus, dass einige werbende Firmen den erweiterten rechtlichen Spielraum austesten werden. Dies könne zu verstärkter Kritik aus der Bevölkerung und damit zu mehr Beschwerden führen. Es sei aber lediglich mit einem Strohfeuer provokanter Werbung zu rechnen, so die Einschätzung des ZAW.




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