Wenn es gerade ein Zukunftsthema in der Autobranche gibt, dann die Elektromobilität. Nahezu alle großen Player bringen sich mit eigenen Modellen in Stellung. Das zeigt sich auch in den Werbeblöcken. Doch welche Marken treffen in ihren TV-Spots den richtigen Ton - und welche scheitern daran? System1 Research hat die Kampagnen von vier Autobauern unter die Lupe genommen. Wie die Marken abgeschnitten haben, erläutert Kathrin Posnanski, Country Director Germany bei dem Marktforscher, in ihrer Kolumne.
Ob schlechte Infrastruktur oder mangelnde Reichweite und lange Ladezeit – in Deutschland stehen die Menschen der Elektromobilität noch sehr skeptisch gegenüber. Auch der Umweltbonus reicht nicht aus, um einen finanziellen Anreiz zu schaffen, mehr E-Autos auf die Straße zu bringen. Und welchen Teil tragen die Autohersteller bei, um mit ihren Spots die Verbraucher von ihren Elektrofahrzeugen zu überzeugen? System1 Research hat vier Werbefilme von reinen E-Autos und Hybridfahrzeugen auf ihre emotionale Stärke hin untersucht.
Die Ergebnisse im Detail
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Den besten Wert, drei von fünf möglichen Sternen, kann Toyota für sich verbuchen. Mit dem Spot "No Risk, More Fun" für den Corolla Hybrid ist Toyota der Sieger unter den getesteten Marken. Die Werbespots für den KONA Hybrid von Hyundai, den e-tron von Audi und für den vollelektrischen ID3 1st von VW, können jeweils noch mit zwei Sternen Punkten.
Toyota Corolla 2019 - NO RISK, MORE FUN | Spot
Toyota löst mit der Werbung bei 60 Prozent der Befragten positive Gefühle in Form von "Überraschung" oder "Freude" aus. Die Probanden empfinden bei dem Film besonders positiv, dass dieser "sehr ansprechend und hochwertig" und "sehr vielfältig, lustig und gut gemacht" ist. Auch die Story über die "Autoentwicklung im Laufe der Geschichte" wird als sehr positiv hervorgehoben. Bei 37 Prozent der Verbraucher löst der Spot keine Emotionen aus und sie stehen dem Spot neutral gegenüber. Hauptgrund dafür ist, mit über einer Minute, die Länge der Werbung.
Hyundai | Markenfilm und KONA Hybrid TV-Spot
Hyundai besitzt mit 58 Prozent der Stimmen den zweithöchsten Wert bei den positiven Emotionen. Hier sind es Gründe wie "der historische Background der Marke", "die Musik und die Darstellung" sowie "das Zeigen, wie innovativ die Marke ist", die die positiven Gefühle hervorrufen. Besonders positiv überrascht sind einige Probanden, die gar nicht wussten, dass Hyundai ein Hybridauto hat. Bei 40 Prozent stößt der Film auf geringes Interesse und wird als neutral gesehen. Hier sind die Hauptaussagen, dass es "Werbung wie jede andere ist", "die Marke keine Emotionen weckt" oder dass der beworbene Wagen "viel zu groß" ist.
Audi e-tron: Willkommen im nächsten Kapitel der Elektromobilität.
Audi hingegen punktet vor allem durch das Design des e-tron. Hier sind es 54 Prozent der Befragten, die den Spot als positiv ansehen und dabei "Überraschung" oder "Freude" empfinden. Die Betrachter geben positive Aussagen von sich, wie etwa "schönes Design", "spritziges Auto für ein elektrisches" oder "das Auto macht einen agilen Eindruck". Als neutral sehen 44 Prozent der Probanden die Anzeige an, da ihr Interesse nicht geweckt wurde oder E-Autos zu teuer erscheinen.
Der vollelektrische ID.3 1ST – Erlebe schneller neue Power | Volkswagen
Die Marke
Volkswagen ist nach dem Dieselskandal sehr polarisierend und löst sowohl Zustimmung aus, bekommt aber auch innerhalb der getesteten E-Auto-Kampagnen die meisten negativen Emotionen. Mit 50 Prozent Zustimmung setzen sich "Überraschung" oder "Freude" aus "tolle Musik und Marke", "Spannung" und "Überraschung, dass es Werbung für ein E-Auto war" zusammen. 10 Prozent der Befragten äußern negative Meinungen über den Spot wie "Whitewashing", "Autobesitzer noch nicht entschädigt" oder "verlogen". Auch die 40 Prozent, die dem Film eigentlich neutral gegenüberstehen, tendieren mit Aussagen wie beispielsweise "viel zu schnell und oberflächlich" zu Kritik.
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Die Stärke der Werbung von Toyota zeigt sich auch in der Markenerkennung. 89 Prozent der Befragten haben nach Betrachtung der Werbung die richtige Marke genannt, die zuvor beworben wurde. Bei Audi sind es mit 82 Prozent schon weniger richtige Zuordnungen und Hyundai schafft es immerhin noch auf 80 Prozent der Probanden, die eine eindeutige Zuordnung vornehmen konnten. VW konnten die wenigsten Probanden nach Betrachtung des Spots zuordnen. Hier sind es nur 75 Prozent der Befragten, die eine korrekte Antwort gaben.
Studiendesign
System1 Research hat die unabhängige Studie unter 400 deutschen Verbrauchern im Alter von 18 bis 65 Jahren im Juli 2019 durchgeführt. Gemessen wird, welche Emotionen jede einzelne Werbung auslöst. Aus den zusammengefassten Emotionen und ihrer Stärke wird die Anzahl der Sterne berechnet, die widerspiegelt, wie stark ein Spot das langfristige Markenwachstum fördert. Denn effektive Kommunikation lässt Menschen etwas fühlen. Menschen benutzen Emotionen, um komplexe Entscheidungen zu vereinfachen und emotionale Kommunikation baut positive Assoziationen mit Marken auf, die bei der Entscheidungsfindung eine wichtige Rolle spielen. Eine nachhaltige emotionale Kampagne führt zu profitablem Wachstum. Um also Konsumenten dazu zu bringen, eine Werbebotschaft zu erinnern, muss diese bei ihnen positive Emotionen auslösen, damit sie verankert wird. Positive Emotionen zu erzeugen, ist zugleich die größte Herausforderung und Chance, vor der Marken stehen.
Toyota geht in Verbindung mit einer interessanten Story und der Vielfältigkeit des Films zu Recht mit der höchsten Sternezahl nachhause. Allerdings ist generell noch viel Platz nach oben. E-Autos sind für die meisten Menschen in Deutschland noch Neuland, uninteressant und werden mit Argusaugen betrachtet. Um diese Autos für Verbraucher schmackhaft zu machen, reicht es nicht aus, "Elektro" und "Zukunft" in einem Spot zu erwähnen. Für fortschrittliche Autos brauchen die Verbraucher auch fortschrittliche Werbung – und wenn etwas schon mit Elektro zu tun hat, darf in der Werbung bitte auch etwas mehr Spannung sein.
Mehr Studien von System1 Research: https://system1group.com/latest/our-work