Sebastian Laoutoumai
Markus Heins, Luther Rechtsanwaltsgesellschaft
Viele Unternehmen ermuntern ihre Mitarbeiter, in den sozialen Netzwerken als Markenbotschafter für ihren Arbeitgeber aktiv zu werden. Einige Firmen haben dafür sogar eigene Corporate-Influencer-Programme ins Leben gerufen. Dabei gibt es allerdings auch juristische Fallstricke - im schlimmsten Fall können Unternehmen sogar in eine Haftungsfalle tappen. Markus Heins und Sebastian Laoutoumai von der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft erklären in ihrem Gastbeitrag für HORIZONT, worauf Unternehmen beim Einsatz von Corporate Influencern achten müssen. 
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Viele Arbeitnehmer posten regelmäßig über Produkte und Angebote ihres Arbeitgebers in den sozialen Netzwerken. Für Unternehmen ist das häufig eine gern gesehene kostenlose Imageförderung, insbesondere weil persönliche Empfehlungen bekanntermaßen werbewirksamer sind als Aussagen Dritter und Mitarbeiter häufig direkter am Kunden sind, als unpersönliche Corporate Accounts. Insofern verwundert es nicht, dass Unternehmen ihre Mitarbeiter immer häufiger aktiv dazu auffordern, private Profile für Marketingzwecke zu nutzen. Einige Unternehmen setzen dabei sogar auf eigens entwickelte Markenbotschafter- oder Corporate-Influencer-Programme.

Vielen Arbeitnehmern dürfte es dabei gar nicht bewusst sein, dass sie sich bei Produktvorstellung auf einem schmalen Grat zwischen neutraler Information und Schleichwerbung bewegen. Handelt es sich um ein Angebot ihres Arbeitgebers, kann auch dieser in die Haftung genommen werden.

Werbekennzeichnung

Bei der Beurteilung, ob es sich um eine kennzeichnungspflichtige Werbung handelt, kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob der Account-Inhaber Geld für den Beitrag erhalten hat. Wettbewerbsrechtlich genügt es, wenn der  Post objektiv dazu geeignet ist, den Absatz von z. B. Produkten oder Dienstleistungen eines Unternehmens zu fördern bspw. durch die Verlinkung des Unternehmens oder durch zu positive Darstellung der Produkte. Kriterien, die ohne Zweifel auch bei Postings von Arbeitnehmern vorliegen können. 

Darüber hinaus ist bei Arbeitnehmern zu beachten, dass sie von ihrem Arbeitgeber Lohn erhalten. Diesen bekommen sie freilich nicht für einen positiven Post auf ihren Social Media Accounts. Allerdings kann das Abhängigkeitsverhältnis zum Arbeitgeber und die möglicherweise bestehenden Sorge um berufliche Nachteile, Arbeitnehmer dazu bringen, sich positiv über Produkte des Arbeitgebers im Rahmen der eigenen Social Media Accounts zu äußern. Diese berufliche Verbindung zwischen dem beworbenen Unternehmen und dem Verfasser des entsprechenden Social Media Posts, ist allerdings für einen neutralen Betrachter nicht zwingend zu erkennen. 

Anders mag das zwar bei beruflich orientierten Netzwerken wie LinkedIn oder Xing sein. Hier ist regelmäßig leicht zu erkennen, in welcher Beziehung der Absender des Posts zum beworbenen Unternehmen steht. Dies gilt allerdings gerade nicht für privat orientierte Netzwerke wie Facebook und Instagram, bei denen die Motivation für einen Post für einen außenstehenden Dritten gerade nicht leicht zu erkennen ist. Liegt eine geschäftliche Handlung vor, sollte auch die dann geltende Impressumspflicht beachtet werden.  

Trennungsgrundsatz und Kennzeichnungspflicht

Nutzer müssen auf den ersten Blick erkennen können, ob sie sich gerade mit einem werblichen Inhalt beschäftigen oder nicht. Nach dem Trennungsgebot sind private und kommerzielle Inhalte streng voneinander zu trennen. Sobald die Inhalte nicht mehr ohne Probleme auseinandergehalten werden können, müssen kommerzielle Beiträge als Werbung gekennzeichnet werden. Das Phänomen des Influencer-Marketing zeigt dabei ganz aktuell, dass es keinen Unterschied macht, von wem der Beitrag stammt: Vom Unternehmen selbst oder einem Mitarbeiter – ganz gleich ob er aus eigenen Stücken oder im Auftrag des Unternehmens handelt. Allein maßgeblich ist, dass es sich hierbei um kommerzielle Kommunikation handelt. Auch der eigene Mitarbeiter kann somit (freiwillig) als Markenbotschafter seines Arbeitgebers auftreten und unterliegt dann der Kennzeichnungspflicht. 
Praxis-Tipp
Bei der Kennzeichnung sollten dabei stets die deutschen Begriffe "Werbung" oder "Anzeige" verwendet und dem Beitrag vorangestellt werden. Erst dann ist gewährleistet, dass die Empfänger den wahren Inhalt des Postings erkennen können.

Datenschutzrecht

Neben dem wettbewerbsrechtlichen Kennzeichnungsgebot spielt aber auch das Datenschutzrecht eine wesentliche Rolle. Da der Corporate Influencer nicht mehr rein privat agiert, gelten sämtliche datenschutzrechtlichen Vorschriften. Dies betrifft vor allem die umfangreichen Informationspflichten der DSGVO, mit der Folge, dass auch die Accounts der Beschäftigten über entsprechende Datenschutzerklärungen verfügen sollten.

Haftungsfalle

Wie bereits in der Vergangenheit gerichtlich festgestellt (u. a. LG Freiburg Urteil vom 4.11.2013, 12 O 83/13), haften Arbeitgeber auch für Handlungen ihrer Arbeitnehmer außerhalb des Betriebes. Dies gilt selbst dann, wenn die Unternehmen nichts von den Handlungen wissen, da sie letztlich die Profiteure sind. 

Die Verantwortlichkeit des Arbeitgebers beruht dabei unter anderem auf einer oft nicht bekannten Vorschrift im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG): Nach § 8 Abs. 2 UWG haftet nämlich der Unternehmer für das wettbewerbswidrige Verhalten seiner Mitarbeiter. In diesem Fall kann sich der Unternehmer nicht einmal damit verteidigen, dass sein Mitarbeiter eigenmächtig werblich tätig geworden ist oder er seinen Mitarbeitern untersagt hatte, werblich tätig zu sein, wenn nicht zugleich alle gesetzlichen Vorgaben zur Werbekennzeichnung eingehalten werden.
Praxis-Tipp
Da der Arbeitgeber im Regelfall ohnehin eine gewisse Verantwortung übernimmt, kann dies auch bereits ausdrücklich geschehen, indem der Arbeitgeber die Anbieterkennzeichnung (Impressum) und Datenschutzerklärung für die jeweiligen Mitarbeiter bereitstellt. Dann empfiehlt sich gleichzeitig auch, eine interne Haftungsübernahmevereinbarung gegenüber den Corporate Influencern aufzusetzen, die festgelegt, für welche Inhalte die Haftung übernommen wird.

Empfehlung

Vor dem Hintergrund der bestehenden Risiken ist es wichtig, die eigenen Mitarbeiter für dieses Thema zu sensibilisieren und über die rechtlichen Rahmenbedingungen aufzuklären. Das ergibt sich auch aus der arbeitsrechtlichen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Leicht verständliche Social-Media-Guidelines oder Social Media-Trainings können dabei helfen, nicht nur auf das Thema aufmerksam zu machen, sondern den Mitarbeitern Tipps und Anleitungen an die Hand zu geben, ab wann Postings werblich sind und wie sie dann richtig gekennzeichnet werden. 


Ob man seine Mitarbeiter ausdrücklich vertraglich verpflichten will, sich nicht werblich auf dem eigenen Social-Media Account über den eigenen Arbeitgeber zu äußern, muss immer im Einzelfall entschieden werden. Klar ist, dass eine solche Verpflichtung das Unternehmen im Außenverhältnis nicht vor einer wettbewerbsrechtlichen Inanspruchnahme schützen kann.
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