Personalisierter Content

Was Publisher und E-Commerce voneinander lernen können

Die Print-Einnahmen gehen kontinuierlich zurück. Publisher stehen daher unter enormem Druck, diese Lücke mit digitalen Angeboten zu schließen. Viele greifen deshalb auf Paywalls als Bezahlmodelle für digitale Inhalte zurück. Aber die Abo-Einnahmen allein reichen nicht aus. Auch Werbeinhalte sind und bleiben ein wichtiger Pfeiler der Monetarisierung – stören die User aber oftmals. Wie kann man die Nutzer dennoch dazu bringen, sich lange auf der Webseite zu bewegen? Was im Online-Handel schon fast zum Standard gehört, hält nun auch bei vielen Publishern Einzug: Personalisierung. Was Publisher und E-Commerce dabei voneinander lernen können, erklärt Felix Schirl, Geschäftsführer des Adtech-Dienstleisters Trbo, in seinem Gastbeitrag für HORIZONT Online.
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Die Startseite: Persönlicher Smalltalk zum Einstieg

Auf Basis der Nutzerinteressen lässt sich der Content auf der Startseite relativ einfach umsortieren. Im Mode-Online-Shop ist es zunächst oft die Anzeige von entweder Damen- oder Herrenmode, bei der Online-Tageszeitung mit klassischer Ressort-Aufteilung könnten einem sportinteressierten User automatisch Artikel aus dem Sport-Ressort angezeigt werden. Ist der Nutzer das erste Mal auf der Seite, kann man am Klick-In-Kanal oder der Location Interessen ableiten. Auch die Werbeinhalte können dann basierend auf den angesurften Ressorts und Artikeln angepasst werden und beispielsweise Anzeigen für Sportmode oder Sportveranstaltungen hervorheben.

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Der am liebsten gelesene Teil vieler Tageszeitungen ist der Regionalteil. Ein guter Grund, regionale News in den Fokus des Users zu setzen. Mit Geotargeting ist es heutzutage in Echtzeit möglich, die Nachrichten an den genauen Standort des Nutzers anzupassen. Sogar Wetterfaktoren können mit hineinspielen. Regionale News können so online auf eine noch differenziertere Art und Weise ausgespielt werden und den Leser mit dem Gefühl der räumlichen Nähe stärker an das Medium binden.

"Dieses Produkt könnte Sie auch interessieren" – individuelle Empfehlungen funktionieren genauso gut mit medialem Content. So können Publisher sehr einfach die Verweildauer auf der Seite erhöhen, indem der Nutzer sich immer weiter durch spannende Artikel klickt. Ob die empfohlenen Inhalte besser unter oder neben dem Artikel aufgehoben sind, also wo sie besser geklickt werden, sollte im Rahmen eines A/B-Tests untersucht werden – dazu später mehr.
Der Autor
Felix Schirl ist seit April 2015 Geschäftsführer und Chief Technical Officer (CTO) des Münchner Spezialisten für Onsite-Personalisierung, Optimierung und Testing, trbo GmbH. Zuvor sammelte er sechs Jahre Management-Erfahrungen bei intelliAd Media. Dort betreute er als Chief Information Officer (CIO) den Bereich Tracking sowie die Entwicklung neuer Kernprodukte. Seine Karriere startete Felix Schirl nach seinem Studium an der Technischen Hochschule Nürnberg im Jahr 2000 als Development Manager bei Pangora (Lycos Europe). Im Anschluss zeichnete der Informatiker beim Internet-Auktionshaus Swoopoo für die Leitung und Weiterentwicklung des Bereichs Frontend und Core Applikation verantwortlich.
Steht der nächste große Sale im Online-Shop an, wird die Sale-Kategorie oft an mehreren Stellen hervorgehoben: oben in der Kategorienleiste und meist noch mit einem großen Banner auf der Startseite. Warum nicht auch besonders wichtige Themen, Nachrichten oder aktuelle Geschehnisse auf diese Weise hervorheben, um die Klickzahlen zu steigern?

Auf die Verlinkung kommt es an

Social Share Buttons zu Facebook, Twitter, LinkedIn & Co. unter jedem Artikel sind mittlerweile auch bei den meisten Redaktionen angekommen. Virale Inhalte lassen sich so noch leichter generieren und teilen.

Der nächste Schritt in Sachen Verlinkung ist das Implementieren von Affiliate Links, die durch die Vermittlungsprovision zu den jeweiligen Werbetreibenden eine zusätzliche Einnahmequelle darstellen. Besonders für die Online-Auftritte von Special-Interest- und Fachmedien bietet es sich an, im Text erwähnte Produkte oder Dienstleistungen direkt zu verlinken – besonders wenn die Artikel bereits auf der Startseite nach Leserinteressen ausgespielt werden.

Newsletter pushen

Um die Leser immer wieder aufs Neue auf die Website zu locken, sind Newsletter das Mittel der Wahl – weil sie im besten Fall echten Mehrwert in Form von aktuellen News, spannenden Hintergrundartikeln oder interessanten Videos bieten. Daher ist es umso wichtiger, diesen Kanal so einfach wie möglich zugänglich zu machen und den Inhalt bestmöglich auf den einzelnen Leser zuzuschneiden: Dazu gehören möglichst wenig auszufüllende Felder, klare Call-to-Actions und verständliche Hinweise zur Datenverwendung. Hier bietet es sich an, per A/B-Testing verschiedene Platzierungen auf der Seite und Call-to-Actions auszuprobieren. Newsletter-Kampagnen mit dem Artikel des Tages – natürlich ausgewählt anhand der Leserinteressen – sorgen dafür, dass der Klick auf die Publisher-Website so leicht wie möglich gemacht wird.
Ein präsentes Feld zur Newsletter-Anmeldung auf der Startseite ist das eine, doch es gibt noch eine weitere Möglichkeit: Exit Intent Layer (Fenster, die sich über das eigentliche Browserfenster legen, wenn der Nutzer die Seite verlassen will) können aktiv zur Newsletter-Anmeldung auffordern. Mit moderner Software können Websites erkennen, dass User die Seite verlassen wollen: Wenn der Mauszeiger sich der Adresszeile des Browsers bzw. dem Kreuz rechts oben nähert, wird der Exit Intent Layers mit der Aufforderung zur Newsletter-Anmeldung angezeigt.

Was wollen meine Leser eigentlich?  

Wer seine Website – egal ob Online-Shop oder Online-Magazin – auf die Wünsche und Bedürfnisse seiner Nutzer zuschneiden will, sollte diese Nutzer natürlich so gut wie möglich kennen. Einerseits helfen Onsite-Userbefragungen, um die für die Leser wichtigsten Themen und Ressorts herauszufinden, aber auch um mehr darüber zu erfahren, wie die Nutzer die Usability der Seite empfinden.
Die Zeitung, die nur Artikel enthält, die einen wirklich interessieren – was im Zeitalter des Print-Publishing wie ein unerfüllbarer Traum klang, ist heutzutage möglich.
Felix Schirl
Ist das neue Menü verständlich? Welche Überschriften funktionieren besser? Diese und ähnliche Fragen lassen sich am besten mit A/B-Tests beantworten. Beim A/B-Testing werden zwei Varianten (A und B) gegeneinander getestet. Mit den Erkenntnissen aus dem Test können Content-Angebot und Darstellungen so verändert werden, dass die Nutzer besser mit ihnen interagieren.

Der Traum der individuellen Zeitung

Die Zeitung, die nur Artikel enthält, die einen wirklich interessieren – was im Zeitalter des Print-Publishing wie ein unerfüllbarer Traum klang, ist heutzutage möglich. Personalisierter, auf den User abgestimmter Content ist in Online-Shops bereits gang und gäbe. Publisher haben bereits erkannt, dass auf den User zugeschnittener Content besser funktioniert. Doch einige weitere Methoden könnten den Traum von der individuellen Zeitung noch schneller wahr werden lassen – und sorgen so für die richtigen Klick- und Abonnentenzahlen.



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