Jeanette Friedrich
Christoph Commes
Wegen der Corona-Pandemie haben bereits viele Organisatoren auf virtuelle Veranstaltungen umgestellt. Hierzu zählen unter anderem die jüngsten Events der Plattform für die Sport- und Outdoor-Branche ISPO sowie der Gründerkonferenz Bits & Pretzels. Jeanette Friedrich, Global ISPO Group Director bei der Messe München, und Christoph Commes, Managing Director bei Bits & Pretzels, ziehen eine Zwischenbilanz der Herausforderungen, Erfahrungen und Erfolge.
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Als klar wurde, dass die Corona Auswirkungen auf Messen und Konferenzen größer sein werden als vermutet, gab es nur einen Weg: nach vorne! Das ISPO-Team schaffte Klarheit, sagte die für Juni geplante Outdoor-Fachmesse OutDoor by ISPO ab und setzte zeitgleich ein neues digitales Event-Format auf – die "ISPO Re.Start Days". Klares Ziel: der Sport- und Outdoorbranche die Möglichkeit zum Austausch bieten, Orientierung geben und den Blick in die Zukunft richten. Der Fokus lag dabei auf dem engen Austausch mit den Kunden und Partnern, um auch in Zeiten von Distanz einen nachhaltigen Rahmen für den Branchenaustausch zu ermöglichen. Denn gerade in diesen Zeiten sind Vernetzung und gemeinsame Lösungsfindung unglaublich wichtig.

Die Bits & Pretzels änderte kurzfristig die Planung und schuf in nur zehn Tagen ein völlig neues Konferenzformat. Dabei war es das Ziel, der Rolle als Plattform für das Start-up-Ökosystem gerecht zu werden. Bereits Ende März wurde daher die digitale Konferenz, das "virtuelle Founders Breakfast" initiiert. Dort haben Experten Ratschläge zur Krisenbewältigung gegeben und der Community konnte auf diese Weise ein Gemeinschaftsgefühl vermittelt werden. Mitte Mai fand das zweite digitale Format "Bits & Pretzels Live" statt. Von 27. September bis 02. Oktober folgt das Highlight-Event, die virtuelle Bits & Pretzels Networking Week.

Die schnelle Neuorientierung war nur möglich, weil sich einerseits ISPO in den vergangenen Jahren strategisch entsprechend positioniert hatte: Vom reinen Messeveranstalter zur ganzjährigen Branchenplattform mit analogen aber eben auch digitalen Lösungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Auf der anderen Seite haben die Verantwortlichen der Bits & Pretzels in der Corona-Pandemie schnell gehandelt und die Chance für digitale Angebote erkannt. Aus dieser Situation heraus gründete das Team ein neues Unternehmen für virtuelle Konferenzlösungen – ein Service, den ISPO zugleich für die kurzfristige Durchführung der ISPO Re.Start Days nutzte.
Alles im Blick: Bei den ISPO Re.Start Days folgen die Teilnehmer dem Programm virtuell und per Chat
Messe München
Alles im Blick: Bei den ISPO Re.Start Days folgen die Teilnehmer dem Programm virtuell und per Chat

Digitale Events erfordern Umdenken – konzeptionell wie kommunikativ

Doch was sind die Erfolgsfaktoren einer rein virtuellen Branchen-Veranstaltung? Am wichtigsten ist, nicht zu versuchen, physische Veranstaltungen eins zu eins in den virtuellen Raum zu übersetzen. Dies gilt sowohl für die technische Infrastruktur als auch die Programmgestaltung. Viele der Besucher ziehen sich nicht, wie bei einer physischen Veranstaltung, ganz aus dem Tagesgeschäft heraus, sondern konsumieren digitale Inhalte oftmals nebenbei, so eine zentrale Erkenntnis. Konkret heißt das, unter anderem kürzere Talks statt stundenlanger Panels, effiziente Interaktionsformate und emotionale Momente.

Virtuelle Konferenzen sind etwas völlig Neues und die Teilnehmer freunden sich gerade erst mit dem neuen Format an. Daher besteht die Aufgabe der Veranstalter vor allem darin, das jeweilige Konzept ausführlich zu erklären. Den Teilnehmern muss bewusst werden, welchen konkreten Nutzen sie aus dem Event ziehen und dass es sich darüber hinaus um interaktive Veranstaltungen handelt. Die Event-Kommunikation folgt damit zwei Strängen: der Vermittlung des inhaltlichen Mehrwerts und der Erklärung der Funktionen des genutzten Online-Tools.

Direkte Erfolgsmessung gibt wertvolle Rückschlüsse

Das größte Plus der Digital-Formate im Vergleich zu physischen Veranstaltungen: Sie ermöglichen eine datenbasierte Performance-Auswertung – und das live. Neben der Teilnehmerzahl erlaubt auch die Verweildauer des Einzelnen wertvolle Rückschlüsse dazu, welche Inhalte wie rezipiert werden. Hinzu kommt das Feedback der Teilnehmer über die Chatfunktion. Bei den ISPO-Re.Start Days zeigte sich, dass die digitale Plattform die Hemmschwelle für eine Wortmeldung senkte, wie sie häufig bei Vor-Ort-Veranstaltungen bestehen. Dadurch können wertvolle Einblicke in die Meinungen direkt während der Veranstaltung gewonnen werden.
Über ISPO
ISPO ist das weltweit führende Sportnetzwerk für Business Professionals und Consumer Experts. Es umfasst die weltgrößten Multisegment-Messen ISPO Munich, ISPO Beijing und ISPO Shanghai sowie OutDoor by ISPO, das größte B2B Online-Newsportal der Sportbranche, ISPO.com, außerdem acht digitale und analoge Business Solutions entlang der Wertschöpfungskette. www.ispo.com

Qualität rechtfertigt Preis, bezahlte Formate erzeugen Identifikation

Nur, wenn auf allen Ebenen eine hohe Qualität gegeben ist, ist auch das Publikum bereit, Geld für die Veranstaltung zu zahlen. Die Teilnahme an den virtuellen Events ISPO Re.Start Days sowie Bits & Pretzels Networking Week war beziehunsgweise ist kostenpflichtig – im Gegensatz zu vielen anderen Angeboten im Markt, die sich ausschließlich aus Beiträgen von Partnern und Sponsoren finanzieren. Das Feedback ist bisher durchwegs positiv und die Mehrheit der Teilnehmer ist bereit, für hohe Qualität zu bezahlen. Es hat sich außerdem gezeigt, dass ein bezahltes Format deutlich mehr Bindung an die Veranstaltung erzeugt. Sowohl Bits & Pretzels als auch ISPO wollen an diesem Modell festhalten und appellieren zugleich an ihre Kollegen in der Hoffnung, dass sich mehr Veranstalter diesem Weg anschließen. Sonst werden qualitativ hochwertige Produkte erschaffen, deren Monetarisierung aber verlernt wird.

Bleibt das Gemeinschaftsgefühl auf der Strecke?

Branchentreffen leben jedoch nicht nur von den Geschäftsanbahnungen, der Community-Gedanke und das Gemeinschaftsgefühl gelten ebenfalls als relevant. Zweiteres können rein digitale Formate nur bedingt vermitteln. Zwar stehen diverse Interaktionsmöglichkeiten zur Verfügung, jedoch fehlen das Zusammensein, das zufällige Kennenlernen und Diskutieren. Die Veranstaltungen von ISPO und Bits & Pretzels beweisen, dass es dennoch möglich ist, eine Gemeinschaft im digitalen Raum zu erzeugen.
Teaser: Bits & Pretzels trommelt online für die Networking Week Ende September
Bits & Pretzels
Teaser: Bits & Pretzels trommelt online für die Networking Week Ende September
Beide profitierten von der jeweiligen Branchen-Kultur. Die Sport- und Outdoor-Branche lebt von engen Beziehungen zueinander und ist eine eingeschworene Gemeinschaft. Die Gründerszene ist geprägt von ihrer allgemeinen Offenheit gegenüber neuen Handlungs- und Denkweisen: In einigen Bereichen waren digitale Gemeinschaften bereits vor der Pandemie etabliert. In der breiten Masse ist die Akzeptanz sicherlich durch die erzwungene digitale Kommunikation aus den Home-Offices herausgestiegen. Das gemeinsame Ziel, aus der Krise herauszukommen, schafft eine zusätzliche Basis.

Zukunftsplanung

Bleibt der Blick nach vorne: Für Bits & Pretzels steht Ende September die siebte Ausgabe der Gründerkonferenz an – unter dem Namen "The Bits & Pretzels Networking Week" erstmals rein digital. Des Weiteren fokussiert sich das Team auf die Arbeit im neu gegründeten Unternehmen Mingle.cloud, eine innovative virtuelle Konferenzplattform, die ihren Fokus auf neuartige Formate zum Netzwerken und Interagieren im virtuellen Raum legt. Zum Full-Service Angebot gehört zudem auch ein sogenanntes Virtual Event Consulting im Rahmen dessen das Team seine Kunden bei der Konzeptionierung und Durchführung von virtuellen Events unterstützt.

Über Bits & Pretzels
Europas führende Gründerkonferenz Bits & Pretzels bringt die wichtigsten Vordenker und Player der internationalen Technologie- und Innovations-Szene nach München. Top-Sprecher der letzten Jahre waren Barack Obama, LinkedIn-Co-Gründer Reid Hoffman, Drew Houston von Dropbox, Sir Richard Branson, Airbnb Co-Gründer Nathan Blecharczyk oder Hollywood-Star Jessica Alba. Jedes Jahr kommen Gründerinnen und Gründer bei dem Netzwerk-, Education- und Business-Event mit Investoren und Unternehmen zusammen. Dieses Jahr findet die Konferenz erstmalig eine ganze Woche und virtuell statt. www.bitsandpretzels.com
Das ISPO-Team arbeitet mit Hochdruck an der Planung der kommenden ISPO Munich, der Weltleitmesse für das Sports Business, die Ende Januar 2021 stattfinden wird. Die Veranstaltung auf dem Münchner Messegelände wird maximal digital verlängert und damit sichergestellt, dass dies nicht nur eine einmalige, pandemie-bedingte Maßnahme bleibt, sondern als neuer Standard etabliert wird. Auch die weiteren digitalen Angebote aus dem ISPO-Netzwerk werden weiter ausgebaut. Kurzfristig werden virtuelle Formate weiterhin an Bedeutung gewinnen, mittelfristig, aber hybride Eventformate die Zukunft darstellen. Gerade bei der Etablierung neuer Geschäfte und Beziehungen ist der direkte persönliche Kontakt entscheidend, auch wenn dies digital schon sehr gut funktioniert.
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