Michael Reidel
Volkswagen und die neue Imageoffensive

Beziehungsfragen

Die Marke VW hat in der letzten Woche in Europa ihre Imagekampagne anlaufen lassen. Es ist der Versuch, ein neues Thema zu setzen, jenseits von Dieselgate. Ob die Rechnung aufgeht, werden aber erst die nächsten Wochen zeigen.
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Ein Käfer macht noch keinen Frühling. Ein VW-Käfer schon gleich gar nicht. Trotzdem ist er wichtig. Besonders für VW. Er ist sympathisch, steht für ehrliche, saubere Ingenieurskunst und verkörpert ein Stück deutscher Wirtschaftsgeschichte. Und er ist das Symbol für den Erfolg der Marke. Es ist also kein Zufall, dass die Legende aus Blech in der Imagekampagne den Türöffner spielt.

Volkswagen TVC 60"

Die Kommunikation soll ein Thema setzen, das VW in den kommenden Monaten immer wieder neu aufladen will: die lange Beziehung zwischen Kunden und der Marke VW. Generation Käfer, Generation Polo, Generation Golf. Die Autos, mit denen Deutschland fahren lernte, auf Roadtrips nach Marokko ging oder in denen es – mangels Alternative – Sex auf der Rückbank hatte.

Genau diese emotionale Beziehung ist es, die VW seit September mit dem Bekanntwerden von Dieselgate auf eine harte Probe stellt. Enttäuschung, Verunsicherung und Wut auf Seiten der Kunden sind seitdem die Folge. Kübelweise Häme auf Seiten derer, die VW ohnehin nicht leiden können und den Konzern am liebsten in seine Einzelteile filetieren würden. Daran wird die Kampagne auch erstmal nichts ändern. Im Gegenteil: Mancher Kritiker wird sich noch bestätigt fühlen - frei nach dem Motto: Die haben es nicht begriffen.

Trotzdem ist der Aufschlag richtig. Zum einen, weil die Marke endlich jenseits von Produktkampagnen aktiv wird. Zum anderen: Er bietet VW die Möglichkeit, eine Geschichte zu erzählen, die am Ende greifen könnte: Ich gehöre doch zu Euch, auch wenn ich betrogen habe und Euch enttäuscht habe. Ein bisschen Demut, ein bisschen Sorry schwingt da durchaus mit. Und drittens: Jeder andere Zungenschlag würde noch mehr Sarkasmus produzieren. Innovativ? Klar, besonders bei der Manipulation von Abgaswerten mit Software. Qualitativ? Aber so was von, deswegen muss das Auto ja in die Werkstatt zum Service.

Trotzdem ist die Kampagne nur ein erster Schritt. An die guten alten Zeiten zu erinnern ist schön, hilft aber bei einem Beziehungszoff und einem teilweise massiven Vertrauensverlust nicht wirklich weiter. Entscheidender ist, das Verhalten zu ändern, in der Organisation und im Handel. Beziehungen wollen nicht nur in Hochstimmung, sondern vor allem in einem Tief gelebt werden. Da muss die Marke in den nächsten Monaten liefern. Dann macht der Käfer doch den Frühling. mir

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