Jens Schulte-Bockum verlässt Vodafone
Die Vodafone-Oberen
schwärmen nach der Ankündigung von Jens Schulte-Bockum, das Unternehmen noch im laufenden Geschäftsjahr verlassen zu wollen, von dem scheidenden Deutschlandchef in den höchsten Tönen: „Jens Schulte-Bockum hat bei der Entwicklung unseres Geschäfts in Deutschland eine zentrale Rolle gespielt", sagt Europachef Philipp Humm. Zudem sei die Zusammenarbeit mit ihm "hervorragend" gewesen. "Ich bedaure seine Entscheidung sehr", versichert Humm. Auch Vittorio Colao, CEO der Vodafone Group, bescheinigt dem Manager, in den vergangenen 12 Jahren einen "wesentlichen Beitrag zur Entwicklung von Vodafone geleistet" zu haben. Anbieter mit den meisten Mobilfunkkunden in Deutschland
Quelle: Unternehmensangaben (* 1. Quartal 2015 / ** 4. Quartal 2014)
Doch warum nimmt ein derart erfolgreicher Manager plötzlich und unerwartet seinen Hut? Medienberichten zufolge soll es zu Unstimmigkeiten zwischen Schulte-Bockum und der Vodafone-Group gekommen sein. So will die "Rheinische Post" erfahren haben, dass der Mutterkonzern in London mit der Entwicklung von Vodafone Deutschland unzufrieden sei, da das Unternehmen langsamer als erhofft zum großen Dauerrivalen Deutsche Telekom aufschließe. Gegenüber der
"Wirtschaftswoche" soll Schulte-Bockum sogar von „unüberbrückbaren Differenzen mit der Konzernspitze" gesprochen haben.
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Dass Thorsten Dirks einer der cleversten und mutigsten Telekommunikationsmanager ist, hat der langjährige Chef der E-Plus-Gruppe schon lange bewiesen. Spätestens seit heute steht fest, dass er auch ein gewiefter Taktiker ist. Der 51-Jährige steigt zum Chef des nach Kunden größten deutschen Mobilfunkers auf. Und das, obwohl E-Plus von O2 übernommen wird - und nicht umgekehrt.
Auch wenn sich Vodafone gegenüber HORIZONT Online zu diesem Thema erwartungsgemäß nicht äußert, ist Fakt, dass das Unternehmen hierzulande ganz sicher nicht da steht, wo es aus Sicht der Konzernspitze stehen müsste - nämlich ganz oben. Grund ist unter anderem die Konsolidierung im Telekommunikationsmarkt: So hat die O2-Muttergesellschaft Telefonica nach dem Kauf der E-Plus-Gruppe mit insgesamt 47,7 Millionen Kundenanschlüssen
einen enormen Sprung nach vorn gemacht. Im Mobilfunksegment ist Telefonica mit 42,2 Millionen Anschlüssen vor der Telekom mit 39,2 Millionen Anschlüssen gar die Nummer 1. Vodafone ist hier mit 32,3 Millionen Anschlüssen weit abgeschlagen. Auch im Festnetzsegment reicht es für Vodafone mit seinen 5,1 Millionen Anschlüssen nur für Rang 3. Marktführer ist hier mit Abstand die Telekom mit 20,5 Millionen Kunden, gefolgt von Telefonica mit 5,6 Millionen Anschlüssen.
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Das wirkt sich auch auf die Umsatzentwicklung aus. Während die Wettbewerber im 1. Quartal 2015 zulegen konnten - die Telekom um 1,9 Prozent auf gut 5,5 Milliarden Euro und Telefonica um 2,9 Prozent auf 1,90 Milliarden Euro - präsentierte Vodafone heute für das 4. Quartal 2014 einen Umsatzrückgang um 3,4 Prozent auf 2,6 Milliarden Euro. Auch wenn der mit dem gesunkenen Marktpreisniveau begründete Umsatzrückgang weniger drastisch ausfällt als im Krisenjahr 2013/2014 und Vodafone auch einige Erfolgsmeldungen wie einen gewachsenen Breitbandkundenstamm melden kann, dürfte die Konzernspitze von diesen Zahlen nicht wirklich angetan sein.
Ins Hintertreffen geraten ist Vodafone zuletzt auch bei der Werbung. Das belegen schon die Zahlen: Laut einer Auswertung des Werbeanalyseanbieters
XAD hat die Telekom in diesem Jahr bereits 68 Millionen Euro brutto in TV-Werbung investiert, bei Vodafone waren es nur 40 Millionen Euro.
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Content Marketing ohne Ende. Nach der Deutschen Telekom entdeckt jetzt auch Konkurrent Vodafone den Charme von Web-Serien als Werbeumfeld. In der frisch gestarteten Kampagne für die Festnetz-Services der Marke spielt die Myvideo-Produktion "Der Lack ist ab" die Hauptrolle.
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bereits seit längerem eher von der Telekom als von Vodafone gesetzt werden. Die neue Kampagne, bei der Vodafone mit der Web-Serie "Der Lack ist ab" von Kai Wiesinger kooperiert, ist aus Sicht von Markenchef Gregor Gründgens zwar nicht mit dem Content-Marketing-Format der Telekom rund um die
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"keinen werblichen Content" liefere, sondern sich "mit einem schon existierenden Projekt" verbinde, das "einen klaren künstlerischen und unterhaltenden Anspruch" habe. Ob diese Differenzierung für den Zuschauer vor dem Fernseher, iPad oder dem stationären PC greifbar ist, darf allerdings bezweifelt werden.
mas
Jens Schulte-Bockums gescheiterte Aufholjagd in Deutschland