Björn Wenzel, Lucky Shareman
Snapchat-Klon

Warum Instagram Stories der Marketing-Fail des Jahres sind

Mit der im Herbst gelaunchten Stories-Funktion will Instagram mehr junge Nutzer für sich gewinnen und dem Konkurrenten Snapchat das Feld streitig machen. Doch der Schuss geht nach hinten los, meint Björn Wenzel, Gründer und Geschäftsführer der Influencer-Marketing-Agentur Lucky Shareman. Für ihn ist das neue Feature der "Marketing-Fail des Jahres." Weil es "nichts mit der eigentlichen Nutzung und dem Charakter von Instagram gemein hat", wie er in seinem Gastbeitrag für HORIZONT Online erklärt.
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Stellen Sie sich vor, Sie würden in der ARD zwischen den Tagesthemen und Anne Will plötzlich Big Brother im Programm haben. Oder durch die Vogue blättern und nach einer Modestrecke mit Kate Moss Paparazzi-Bilder von ihr sehen. Genauso erging es mir mit Instagram Stories. Für mich der Marketing-Fail des Jahres. Und das, obwohl ich großer Instagram-Fan bin. Die Video-Funktion wurde im August 2016 vorschnell, unfertig und undurchdacht auf den Markt gebracht. Eine Snapchat-Copycat, was wahrscheinlich nur Instagram-CEO Kevin Systrom anders sah. Naturgemäß. Nach dem Launch des Features sagte er gegenüber Techcruch: "Es geht um ein Format, das man zu einem Netzwerk hinzufügt und dem man einen eigenen Dreh gibt."


Einen eigenen Dreh habe ich bis heute nicht erkennen können. Instagram Stories haben nichts mit der eigentlichen Nutzung und dem Charakter von Instagram gemein. Die Videos sind nur 24 Stunden sichtbar und haben Live-Charakter. Ganz im Gegenteil zu den Bildern, die die Instagramer mit viel Überlegung, Mühe und Sorgfalt erstellen. Manchmal schießen sie hunderte von Bildern, von denen sie nur das beste auf der Plattform präsentieren. Die Videos können daher gar nicht dem Image gerecht werden, das sich die Influencer mühsam mit hochwertigen Fotos aufgebaut haben. Viele nutzen Stories daher gar nicht. Selbst dann nicht, wenn sie die Produktion des Videos hochwertiger gestalten würden, denn hochwertiger bedeutet aufwändiger. Für ein Video, das nur 24 Stunden verfügbar ist, wäre das doch reichlich übertrieben.

Ist es Unternehmen gelungen, eine signifikante Reichweite auf Instagram aufzubauen, könnten Instagram Stories ein Weg sein, um zusätzliche Inhalte zu verbreiten. Der einzige Vorteil, den die Funktion tatsächlich hat, ist die Möglichkeit, das "Overposting" auf dem eigenen Account zu vermeiden. Aber denken wir an die Hochglanzbilder von erfolgreichen Marken auf Instagram wie DM, Douglas oder Pro Sieben, dann stellt sich die Frage, ob ein teuer produziertes Video, das den Markenkern transportiert, nicht besser bei Youtube oder Facebook aufgehoben ist, wo es länger sichtbar ist.
Instagram Stories waren und bleiben "work in progress". Features werden langsam ausgerollt, es ist schwer zu prognostizieren, was bleiben wird. Noch kann man die Videos nur ansehen oder per Direct Message weiterleiten. Nächste Updates sind angekündigt beziehungsweise schon umgesetzt, wie das Vertaggen von Nutzern in Videos oder die Integration der Boomerang-App, die der Beliebtheit von GIFs Tribut zollt. Links in Stories, wenn auch in eingeschränkter Form, soll es ebenfalls geben. Für werbungtreibende Marken wäre das ein Pluspunkt. Für Instagram verringert sich damit aber die Nutzungszeit, wenn die Nutzer auf externe Seiten klicken, um sich weiter zu informieren.

Auch 2017 können wir viel Bewegung von der Bilder-App erwarten. Ich bin nach wie vor Fan. Aber CEO Kevin Systrom sollte darauf achten, dass Instagram nicht allzu sehr verwässert und seinen USP verliert. Das wäre schade für die Social-Media-Landschaft.




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