Martin Wroblewski, Indahash
Micro-Influencer

Die Digitalisierung von Word of Mouth

Bianca "Bibi“ Heinicke, Dagi Bee, Julienco - die deutsche  Influencer-Szene wird von wenigen Namen dominiert. Doch was bringt es Marken eigentlich, sich einen Social-Media-Star mit zig Millionen Fans zu angeln? Relativ wenig, glaubt Martin Wroblewski. In seinem Gastbeitrag für HORIZONT Online legt der Chef der 2016 gegründeten Influencer-Marketing-Plattform Indahash den Unternehmen Micro-Influencer ans Herz.
Teilen
Kennen Sie „Franzi Meow“? Wahrscheinlich nicht. Franzi Meow ist eine junge Frau, die sich für Fitness, Kosmetik und Katzen interessiert. Sie hat ein Profil auf Instagram mit über 4.000 Followern – und damit hat sie für eine Kampagne der Deutschen Bahn richtig etwas in Bewegung gesetzt: Ein einziger Post für draufabfahren.de erzielt eine Engagement-Rate (oder Interaktionsrate: die Kennziffer wird berechnet aus dem Verhältnis der Kommentare und Likes zur Anzahl der Fans und bezeichnet die Reaktion der Follower oder Fans auf einen Post) von 38 Prozent. Zum Vergleich: Große Marken erzielen normalerweise auf Instagram eine durchschnittliche Interaktionsrate von 4,21 Prozent. Und „Franzi Meow“ war nicht die einzige, die die Aktion der DB ordentlich gepusht hat. Auch neun weitere Microinfluencerinnen hatten eine Engagementrate von über 10 Prozent.

Beim Influencer-Marketing ist es wichtig, dass sich Werbungtreibende auf die Welt ihrer Multiplikatoren einlassen.
Martin Wroblewski
Influencer Marketing ist die digitale Version von Word-of-Mouth oder Mundpropaganda. Und wer es in die Mundpropaganda von Konsumenten schafft, hat schon gewonnen. Sie ist die stärkste Werbung, die man sich vorstellen kann. Anders gesagt: Ich brauche keine großen Werbeplakate, wenn mir eine Person, der ich vertraue, rät, eine bestimmte Handcreme zu kaufen, da diese gegen die trockene Haut im Winter hilft. Was gibt es im Marketing Effektiveres als Mund-zu-Mund-Propaganda durch einen Freund, Bekannten oder Kollegen? Für Marken sind vor allem die so genannten Micro-Influencer interessant. Also weniger die Bibis, LeFloids oder andere YouTube-Stars mit Millionen von Followern, sondern eher die Studentinnen und jungen Muttis,  die einfach aus ihrem Leben posten.

Micro-Influencer sind also Menschen, die in unserem Umfeld leben und arbeiten, und die vielleicht nur 1000 oder 2000 Menschen beeinflussen  können. Deren Trümpfe: Ihre Posts erreichen eine relativ homogene Zielgruppe, die demografisch und mit Blick auf Einstellungen auf einer Wellenlänge liegt. Es sind im Zweifel ihre Freunde und Familie und deren Freunde und Verwandte – und nicht in erster Linie anonyme Fans. Eine Marke kann diese homogene Anhängerschaft solcher Mid- oder Longtail-Influencer für sich nutzen und Werbebotschaften in einem positiven, gar „heimeligen“ Umfeld platzieren. Es geht eben auf solchen Instagram-Profilen meist um den Alltag mit seinen emotionalen Highlights und weniger um ein bestimmtes, übergeordnetes Thema. Genau das ist für die Werbepartner spannend. Sie „platzieren“ sich im wahren Leben der User und nicht nur in einem homogenen Themenportal. Dabei profitieren sie von der stärkeren Verbundenheit eines Micro-Influencers mit seinen Freunden.

Und auch die Micro-Influencer freuen sich über die Zusammenarbeit mit Marken und nehmen in der Regel die Möglichkeit dankbar an, mit ihrem Profil auf Instagram ein wenig Geld zu verdienen. Im Unterschied zu den oben schon erwähnten YouTube-Stars, die täglich Anfragen von Brands bekommen, haben sie eben nicht oft die Möglichkeit dazu – und ergreifen entsprechend gerne die Gelegenheit beim Schopf. Daraus ergibt sich ein weiterer Vorteil für Werbekunden: Die finden sich nicht zwischen verschiedenen anderen Marken und Produkten wieder, sondern erhalten gewissermaßen eine exklusive Platzierung.

Aber es gibt natürlich auch Risiken in dieser Zusammenarbeit – und diese liegen meistens im „Kopf“ oder Mindset der Marken-Verantwortlichen begründet. Viele Brands haben das Problem, dass sie Authentizität nach ihrem eigenen Empfinden  und Qualitätsansprüchen bewerten und nicht nach der Authentizität der User. Aber: Beim Influencer-Marketing ist es wichtig, dass sich Werbungtreibende auf die Welt ihrer Multiplikatoren einlassen.

Große Brands sollten eine Werbemaßnahme nicht mit einem oder 10, sondern vielmehr mit 100 oder 1000 Influencern umzusetzen.
Martin Wroblewski
Gerade Instagram bietet eine breite Plattform für bearbeitete Fotos und seit neuestem auch Videos – daher ist es bei Micro-Influencern besonders beliebt. Es gibt auf Instagram für Marken verschiedene effiziente Möglichkeiten, gebrandete Posts zu streuen: Bei einem Regram wird Content von der Marke vorbereitet und durch den Influencer publiziert. In einer Collage erstellen Marke und Influencer zusammen den Inhalt, während bei nativen Posts allein der Instagramer Content kreiert und auf dem Profil publiziert. Diese Native Posts haben sich laut einer Studie von Iconosquare von 2015 als besonders erfolgreich erwiesen und zeigen eine Engagement-Rate von 5 bis 12 Prozent. Spätestens diese Zahlen sollten große Unternehmen überzeugen, langfristig auch auf kleinere Influencer zuzugehen.

Interessant wird es besonders dann, wenn man das ganze medial größer denkt. Nur ein Microinfluencer allein kann natürlich nicht die angestrebte Wirkung erzielen. Große Brands sollten eine Werbemaßnahme nicht mit einem oder 10, sondern vielmehr mit 100 oder 1000 Influencern umzusetzen. Ob Instagram, Facebook oder vielleicht sogar Tumblr: Ziel sollte es sein, mit den durch die Influencer veröffentlichten Inhalten einen Dialog unter dem entsprechenden Kampagnen-Hashtag anzustoßen. So verbreitet sich die Maßnahme schneller und ist im Netz auffindbar. Und damit wirkt sie jedenfalls nachhaltiger, als ein einmaliges – und meist recht teures – Posting oder eine Erwähnung im Stream eines Star-YouTubers. Das schreit zwar laut, verpufft aber auch wieder schnell.



stats