Der wilde Westen des Internets bietet viel Gelegenheit für kreatives Marketing. Das Neue und Unregulierte im Web ist dabei ein besonderer Reiz. Wenn Medienwächter hier auf die Einhaltung gesetzlicher Regelungen pochen, wie jüngst etwa bei Youtuber Flying Uwe und seiner Eigenwerbung, gelten sie schnell als Spielverderber. Sie haben aber Recht: Im Web ist der Westen schon lange nicht mehr so wild. Es gibt Regeln und Grenzen für das Marketing. Die Branche sollte jetzt selbst Standards setzen, fordert Kay Spreckelsen, Rechtsanwalt in Hamburg in einem Gastbeitrag für HORIZONT.
Die wichtigste Regel für Unternehmen, die im Web werben, lautet: Werbung muss als Werbung gekennzeichnet sein.
Das mag vielen Marketingleitern als kontraproduktiv erscheinen. Sie möchten ihre Marken via Instagram, Snapchat, Youtube oder Blog von Influencern vermeintlich authentisch präsentieren lassen. Es geht aber nicht anders. Auch in neuen Medien gilt das Gebot der Trennung von Werbung und redaktionellen Aussagen. Das ist im Rundfunkstaatsvertrag, dem Telemediengesetz und dem Wettbewerbsrecht festgelegt. Es liegt an den Werbenden, im Rahmen dieser gesetzlichen Vorgaben ihre Marketingziele effektiv und effizient zu erreichen. In den klassischen Medien gelingt ihnen das seit Jahrzehnten. Warum nicht auch im Web?
Marken sollten Influencer erziehen
Eines sollten Marketingleiter sicher nicht tun: die Verantwortung für eine eindeutige Kennzeichnung der Werbung auf die Influencer abschieben. Die sind zwar rechtlich ebenfalls in der Pflicht, auf die Werbung hinzuweisen. Doch ohne Hilfestellung und, wenn nötig, auch Zwang seitens ihrer zahlenden Werbekunden sind viele Blogger, Youtuber und Instagrammer dabei oft überfordert. Es wäre klug, wenn bekannte große Marken hier beispielhaft voran gehen würden. Das ist derzeit leider noch die Ausnahme. Doch das Problembewusstsein dafür wächst.
Mit offenen Karten spielen
Die Branche ist heute in der Lage, die konkrete Ausgestaltung der Werbekennzeichnung selbst zu regeln und hier Standards zu setzen. Die juristische Meßlatte aus dem Trennungsgebot ist hoch: Der Durchschnittsempfänger muss verstehen, dass es sich um Werbung handelt. Begriffe wie "PR-Informationen" oder "Information von unserem Kooperationspartner" reichen nicht aus. Marketingleiter sollten daher mit offenen Karten spielen und darauf dringen, dass ihre bezahlten Postings in sozialen Medien, in Blogs oder auf Webseiten immer erkennbar den Vermerk "Werbung" oder "Anzeige" tragen. Auch im Content Marketing muss für Nutzer sofort deutlich werden, dass ein Unternehmen wirbt.
Freiheiten beim Webmarketing erhalten
Noch ist offen, ob ein Hinweis auf einen werblichen Beitrag auch mitten in einer langen Liste von Hashtags oder einem größerem Text versteckt werden darf. Noch gibt es kein Urteil, das Fussballstars und andere Influencer zwingt, auf ihren Instagram-Fotos Logos wegzuretuschieren oder solche Postings durchgehend mit "Werbung" auszuzeichnen. Noch hat kein Gericht abschließend entschieden, ob ein Hashtag wie #sp für Werbebeiträge in Instagram oder Facebook ausreicht. Das ist kein Mangel, sondern eine Chance. Die Branche hat es selbst in der Hand, wie sie ihre Freiheiten beim Webmarketing erhält.
Die wichtigsten Regeln für Influencer-Marketing im Überblick
Es gilt in jedem Fall das Gebot der Erkennbarkeit. Das bedeutet: Kommerzielle Kommunikation muss als solche klar erkennbar sein. Wie und wo die Werbung zu kennzeichnen ist, ist aber derzeit noch nicht für jedes Medium eindeutig geklärt. Marketingleiter sollten bei den Influencern, die sie buchen, diese Regeln durchsetzen:
- Bezahlen sie für einen Beitrag, eine Produkterwähnung oder ein Affiliate-Link, sollte der gesamte Beitrag oder der Link unmissverständlich als Werbung gekennzeichnet sein. Das gleiche gilt, wenn sie Influencern Sachzuwendungen zukommen lassen.
- Dem Landgericht München reichte der Hinweis "Sponsored" nicht aus, um den Werbecharakter der Verlinkung zu einer Webseite mit der nötigen Klarheit deutlich zu machen (Az. 4 HK O 21172/14). Bei Textbeiträgen sind daher Formulierungen wie "Werbung" oder "Anzeige" in ausreichender Größe mit oder nahe der Überschrift zur Zeit besser geeignet.
- Bei Instagram und vergleichbaren Formaten sollte der Hinweis ebenfalls prominent gesetzt sein. Der bei kommerziellen Posts direkt unter dem Instagramm-Profil Namen inzwischen allgemein verwendete Hinweis "Gesponsert" dürfte für die angesprochenen Nutzer hinreichend deutlich sein. Alternativ kann ein Hashtag #anzeige oder #werbung an erster Stelle der Hashtag-Liste Nutzern klar machen, was hier gemeint ist.
- Bei Videos muß zu Beginn ein "Unterstützt durch . . ." eingeblendet werden. Zusätzlich sollten Youtuber mündlich auf die Kooperation hinweisen. Bei Videos ab 90 Sekunden Länge ist eine durchgehende Einblendung "Dauerwerbesendung" oder "Werbevideo" erforderlich, wenn das Video ausschließlich werbenden Charakter hat.
- Spielt das Produkt, das für eine Gegenleistung beworben wird, nicht die Hauptrolle in einem Video, weil es in die Handlung eingebettet ist, gilt das als Produktplatzierung. Auch diese muss als solche gekennzeichnet werden. Dies gilt auch, wenn keine Gegenleistung geflossen ist, aber der Wert des Produktes über 1.000 EUR liegt. In Sendungen, die sich an Kinder richten, sind Produktplatzierungen generell verboten.
Digital Marketing Days
Die Bedeutung von Chatbots, Influencer Marketing, Retail Media, Virtual Reality und Content Marketing ist auch ein Schwerpunkt-Thema bei den Digital Marketing Days, die HORIZONT am 29. und 30. Juni 2017 in Berlin veranstaltet. Bei dem Pflicht-Termin für Digital-Entscheider diskutieren führende Branchenexperten wie Vanessa Bouwman (We Are Social), Jérôme Cochet (Zalando), Martin Wild (Media Markt Saturn), Peter Frolund (HTC Vive) und Ulrike Hefter (Nestlé) darüber, welche Rolle die neuen Disziplinen und Technologien im Marketing spielen und wo die Unternehmen dringend investieren sollten.
Jetzt hier anmelden!