Mit Influencer Marketing ist es ja so eine Sache. Alle wollen dabei sein, aber viel Erfahrung können in dieser jungen Disziplin die wenigsten Marketer und Agenturen vorweisen. Falko Kremp hat diesen etwas voraus. Als Mitgründer der Model- und Influencer-Buchungsplattform Inselberg.com sitzt er quasi an der Quelle. In seinem Gastbeitrag für HORIZONT Online verrät er, warum die teils berauschenden Follower-Zahlen mit Vorsicht zu genießen sind und was so ein Influencer eigentlich kosten darf.
Influencer Marketing ist ja ein Hype-Begriff. So ähnlich wie Digitalisierung. Oft erwähnt, aber selten richtig umgesetzt. Geht es um Influencer, so könnte man vom “Werther-Effekt 2.0” sprechen: Was Mensch in den Medien wahrnimmt, ahmt er bei genügend Identifikation dem medialen Vorbild nach. Eine McKinsey-Studie beweist: 20 bis 50 Prozent aller Kaufentscheidungen werden durch (digitales) Word-of-Mouth getroffen. Influencer eignen sich damit als ideale Vorbilder. Ihre Empfehlungen werden als authentisch und vertrauenswürdig empfunden. Damit schlägt eine Influencer-Empfehlung jeden Meister Proper. Die globalen Werbeausgaben für Influencer beliefen sich im Jahr 2016 auf circa 2 Milliarden US-Dollar. 2019 sollen es bereits 5 Milliarden sein.
Bevor Marketing-Manager nun aber blindlings ihre Etats verpulvern, sollten sie auf 4 Insights ein besonderes Augenmerk legen. Wir wollen schließlich vom “Werther-Effekt 2.0” profitieren. Die Kugel kann sich dann jemand anderes in den Kopf jagen.
1.
Influfraud: Jeder zweite linkt dich
Von Benjamin Franklin, dem
Vordenker der aktuellen Zeitoptimierungsbewegung, stammt das schöne Zitat: “Wer Eitelkeit zum Mittagessen hat, bekommt Verachtung zum Abendbrot.” Auf Influencer Marketing gemünzt könnte man sagen: Wer auf Vanity Metrics schaut, muss sich über scheiß Resultate nicht wundern.
Vanity Metrics sind insbesondere absolute Zahlen wie Anzahl der Follower, Likes, Comments oder Views. Diese Metrics lassen sich leicht manipulieren: Man kann einen bangladesischen Sweatshop mit Internetzugang dafür bezahlen, auf dem eigenen Account fleißig zu liken oder zu kommentieren. Oder man überlässt die Drecksarbeit einem Bot (obwohl die Niederlage von
Instagress als erstes Zeichen für das Scheitern dieser Strategie zu deuten ist). Die mafiöse Alternative: Man spricht sich innerhalb einer Gruppe gleichgesinnter Influencer ab und pusht seine Posts gegenseitig. Das nennt man Pods.
Selbst relative Zahlen sind vor Manipulation nicht gefeit: Die Interaktionsrate kann durch das Löschen schlecht performender Posts im Durchschnitt nach oben getrieben werden. Für Marketer ein Roulett-Spiel. Der Post für die eigene Brand kann gut laufen - oder eben nicht.
Marketing-Entscheider, vor allem CMOs, sind natürlich ganz wild auf große Zahlen.
“1.000.000 Follower!” Da fällt einem schon mal die Kinnlade runter. Aber da der Mensch dem Menschen ein Wolf ist, sollte man lieber genauer hinschauen, was sich hinter den schönen, eitlen Zahlen wirklich verbirgt. Wie steht es um die Engagementrate? Interagieren echte Fans? Sind die Kommentare relevant oder auf dem Niveau von “wow” und “This is awesome”? Werden regelmäßig Posts gelöscht und wenn ja, aus ästhetischen oder manipulativen Gründen? Eine Analyse zahlt sich aus.
2.
Micro-Influencer: Gekommen um zu bleiben
Micro-Influencer ist das Buzzword innerhalb des Buzzwords. Es heißt im Grunde, dass einige Influencer mittlerweile so berühmt sind, dass jenseits der DAX-30-Unternehmen kaum noch eine Firma deren Preisvorstellungen bedienen kann. Es heißt aber auch, dass Masse nicht mit Klasse gleichzusetzen ist.
Micro-Influencer mit einer Followerschaft irgendwo im fünfstelligen Bereich können durch einen erhöhten Brand Fit, eine höhere Engagement-Rate und eine größere Nähe zu den eigenen Followern sogar bessere Resultate zu günstigeren Preisen erzielen.
Eine Studie der Keller Fay Group zeigt, dass 82 Prozent der Konsumenten auf die Empfehlungen von Micro-Influencern vertrauen. Dieser Wert übersteigt den eingangs zitierten zum Word-of-Mouth um Längen. Micro-Influencer-Kampagnen sind laut Team-Epiphany-Gründer Coltrane Curtis 6,7 mal effizienter pro Interaktion als Kampagnen mit sehr großen Influencern. Wo Influencer mit mehr als einer Million Followern eine Interaktionsrate von 1 bis 2 Prozent aufweisen, liegen erfolgreiche Micro-Influencer oft um die 8 Prozent. Die niedrigen Kosten pro Interaktion liefern damit einen höheren ROI. Die Arbeit mit Micro-Influencern rechnet sich also.
3.
Der Marketing Mix: Der Influencer ist ein Verbundstoff, kein Isolat
Der Marketing-Mix ist ja überhaupt ein explosives Gemisch. Damit’s beim Chef nicht knallt, sollten Marketer das Influencer-Marketing stets mit anderen Aktivitäten mixen.
Warum nicht ein Client-, Sales- oder Branding-Event mit Influencern anreichern? Das schafft Sichtbarkeit über das reine Produkt hinaus und setzt das Unternehmen in ein günstiges Licht. Falls man ein Mode- oder Werbeunternehmen ist, warum nicht die nächsten Shootings mit Influencern anstatt mit Models besetzen? Die Fotos müssen eh geschossen werden. Aber so lässt sich zusätzlich vom sozialen Buzz profitieren. Warum nicht Werbekampagnen durch Influencer begleiten lassen, um der Kommunikation mehr Authentizität zu verleihen? Wer Influencer-Marketing strategisch denkt, bringt nicht den Chef, sondern die Umsatzzahlen zum explodieren.
4.
Der Preis: So viel dürfen Influencer wirklich kosten
Influencer-Preise sind weitestgehend eine Blackbox: Nichts Genaues weiß man nicht. Das liegt einerseits daran, dass Preise von Postings oft von den Kosten entkoppelt sind (ein Foto von einem zugesandten Detox-Tee schießen? Das kostet die Bloggerin drei Minuten) Das liegt andererseits insbesondere an hohen Gebühren der Mittelmänner: der Agenturen, Agenten und Manager, die saftige Margen von 10 bis 30 Prozent auf die Preise der Leistung drauf schlagen.
Preise kommen also bei Influencern - ähnlich wie bei Models, Schauspielern und vergleichbaren “Talents” - durch Verhandlungen zustande. Derzeit können folgende Preise als Richtwerte dienen:
- Top-Influencer, global, Instagram (durch Agentur vermittelt, > 1 Million Follower): $15.000 - $20.000 pro Post
- Influencer, global, Instagram (durch Agentur vermittelt, pro 100.000 Follower): $1.000 pro Post
- Micro-Influencer, global, Instagram (um 50.000 Follower): $250 pro Post
Auf YouTube sollten etwa $2.000 pro 100.000 Follower eingeplant werden. Außerdem können Preise hier auf Grund von möglichen Produktionskosten der Videos höher ausfallen.
Deutschsprachige - und damit quasi regionale Influencer - sind naturgemäß günstiger. Der Social Media Experte Sachar Klein nennt einen Instagram-TKP von 5 Euro und einen YouTube-TKP von 40 Euro als Richwerte. Diesen Preisbereich kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen.
Klar ist aber auch: Influencer-Preise sind dynamisch, werden durch den weiteren Zustrom an Micro- und Super-Micro-Influencern weiter sinken. Softe Faktoren wie die Vorliebe des Influencers für Marke A, seine Abneigung für Marke B oder sein Kontostand spielen hier auch eine große Rolle.