Santiago Campillo-Lundbeck
Hasen-Rasen

4 Gründe, warum Media-Markt freiwillig auf eine erfolgreiche Kultkampagne verzichtet

Ostern steht vor der Tür und die Fernsehzuschauer werden dieses Mal auf die lieb gewonnenen Rennkarnickel von Media-Markt verzichten müssen. Aber warum stellt ein Werbungtreibender freiwillig eine Kampagne ein, die funktioniert und auch von der Zielgruppe geschätzt wird? Für den Strategiewechsel des Elektronikhändlers gibt es gute Gründe.
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Kampagnen, die sowohl bei der Öffentlichkeit wie auch beim hauseigenen Controlling ihre Fans haben, sind in der Werbeindustrie eine wirklich seltene Ausnahme. Das „Hasen-Rasen“ – 2015 von der damaligen Media-Markt-Leadagentur Ogilvy kreiert – gehört sicher dazu. Bei den live im Werbeblock übertragenen Rennen zwischen Puschel to the Limit, Hopsblitz & Co amüsierten sich die Zuschauer königlich und am Ende klingelte auch die Kasse von Media-Markt.

Casefilm Media-Markt "Hasen-Rasen"

Die Kampagne hat in den vergangenen zwei Jahren gleich eine ganze Reihe von Preisen eingesammelt: Die jüngste Auszeichnung gab es Anfang April im Warc-Ranking der 100 effizientesten Werbekampagnen, in dem „Hasen-Rasen“ den 4. Platz belegte.

Vor diesem Hintergrund dürfte es selbst Branchenkenner überrascht haben, dass Media-Markt sein Erfolgsmodell einmottet und sich auf taktische Vertriebskampagnen konzentriert. Für die Entscheidung gibt es allerdings 4 gute Gründe.

1.

Sinkender PR-Wert 

Tatsächlich hätte eine weitere Neuauflage für die Marke ein nicht unerhebliches Risiko mit sich gebracht:  Ähnlich wie der „MyBurger“-Wettbewerb von McDonald’s oder Intersnacks „Chipswahl“ lebte auch das Hasen-Rasen von seinem Neuigkeitswert. Was 2015 neu und überraschend war, hat es zwei Jahre deutlich schwerer im Kampf um die öffentliche Aufmerksamkeit. Media-Markt hätte mit neuen Gimmicks in der Wettbewerbsinszenierung für zusätzliche Spannung sorgen müssen und offensichtlich waren nach dem vergangenen Jahr die Grenzen des sinnvoll Machbaren erreicht.

2.

Falsches Timing

Dabei dürfte auch eine wesentliche Rolle gespielt haben, dass Ostern nicht wirklich eine definierende Geschäftssaison für die Marke Media-Markt ist. Die Lebensmittelbranche wird im Vorfeld dieser Feiertage zusätzlich in Werbung investieren, weil zur Osterzeit viel und aufwendig gekocht wird. Doch Unterhaltungs- und Konsumelektronik ist im Vorfeld der Weihnachtszeit ein wesentlich relevanteres Thema als zum Familienfest Ostern.

„Hasen-Rasen“ könnte daher einer der seltenen Fälle sein, bei dem sich ein Marketer zu einer Werbeinvestition motivieren ließ, weil die kreative Qualität so bestechend war, weniger weil es die Unternehmensagenda zwingend notwendig gemacht hätte. Natürlich will Media-Markt auch im Frühjahr Produkte verkaufen. Aber der Verdacht liegt nahe, dass der bessere Ertrag für das werbliche Highlight des Jahres eher zum Jahresende zu erzielen ist.

3.

Überholte Promotion-Mechanik 

Die Sieger beim „Hasen-Rasen“ waren stets das Zehntel der Kunden, die 50 Prozent ihres Kassenzettels als Einkaufscoupon zurückerstattet bekamen. Selbst wenn man berücksichtigt, dass nicht jeder Berechtigter tatsächlich auch seinen Kassenzettel einreichte und die vergebenen Coupons letztlich für weitere Umsätze bei Media-Markt sorgten, bleibt immer noch ein beeindruckender Preisnachlass, der hier über alle Produktgruppen hinweg vergeben wurde.

Ein derartiges Preisgeschenk an die Kunden war 2015 sicherlich nachvollziehbar, als Media-Markt noch an den Basiselementen seines Multichannel-Konzepts feilte und der stationäre Handel gestützt werden musste. Heute verfügt der Händler allerdings über eine eingespielte Online-Präsenz und versucht allgemein das Preisargument als Lockmittel für die Kunden spärlicher einzusetzen.

4.

Geheimwaffe Kundenclub

Es ist sehr aufschlussreich, dass Media-Markt einer seiner wenigen inhaltlichen Highlights mit dem Auftritt dreier Playboy-Bunnies ausgerechnet in seinem Clubmagazin „Wow“ setzt. Der Kundenclub hat gerade seinen ersten Geburtstag gefeiert und konnte erfolgreich die besonders lukrativen Media-Markt-Kunden als Mitglieder gewinnen. Ein explizites Ziel des Clubs ist es, mit personalisierten Angeboten in dem Club-Newslettern für zusätzliche Umsätze zu sorgen. Ostern dürfte der erste große saisonale Anlass sein, zu dem Media-Markt testet, wie effizient das maßgeschneiderte Empfehlungsmarketing bei seinen Mitgliedern funktioniert. Das eigentlich spannende „Hasen-Rasen“ findet 2017 unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. cam




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