Haben Sie im Laufe des heutigen Tages schon einmal den Song „Live is live“ von Opus oder „Eye of the tiger“ von Survivor gehört? Erinnern sie sich an das tausendkehlige „dö dödö dö dö döö döö“ während der Fußball-WM 2006 und EM 2008 – wobei es sich übrigens um den Song „Seven Nation Army“ der White Stripes handelt – und haben es wieder im Ohr? Die hier exemplarisch genannten Songs stehen für hunderte Lieder, die uns seit Jahrzehnten immer wieder im Radio begegnen - beziehungsweise einfach ein hohes Ohrwurmpotenzial besitzen – im positiven oder negativen Sinne. Wobei Sie im Ohrwurmstadium zumeist eher onomatopoetische Formen annehmen als wirklich erkennbar zu sein.
Döp döp döp: Der neue Deezer-TV Spot "The Saviour"
Für seine aktuelle Werbekampagne
„The Saviour“ nutzt der Streaming-Anbieter Deezer nun das Phänomen eines nervigen Ohrwurms, in Form von Scooters „Maria, I like it loud“, in Kombination mit einem Seitenhieb auf konventionelles Radio, das die ewig gleichen „Hits der 80er, 90er und das Beste von heute“ in einer als Dauerschleife wahrgenommenen Wiederholungsrate herunternudelt. Zusammen mit einer durch den Kontext kafkaesk anmutenden Darstellung des Alltags des Protagonisten bewirbt Deezer so sein Musik-Streaming-Angebot. Wie der von der Berliner Agentur Dojo produzierte Spot bei den Zuschauern ankommt, haben wir uns im Reel-Werbecheck für HORIZONT Online angeschaut.
Methode
Die Analyse des Werbespots findet mit der YouGov Reel Echtzeitbewertung statt. Ausgewählte Befragte bewerten hierbei den Werbespot kontinuierlich, indem sie stufenlose Mausbewegungen nach rechts (positiv) oder nach links (negativ) ausführen. Am Ende steht so für jede Sekunde eines Werbeclips (oder Trailers, Imagefilms, Hörfunkspots etc.) ein Reel-Score zwischen 0 (negativ) und 100 (positiv), der anzeigt, ob der Zuschauer bei der betrachteten Szene eher positive oder negative Assoziationen entwickelt. So können Stärken und Schwächen genau dargestellt werden. Zudem werden alle Umfrageteilnehmer nach dem Spot zu weiteren Werbewirkungsdimensionen befragt.
Die Detailergebnisse des Werbechecks
Anhand eines Referenz-Benchmarks lässt sich die Wirkung des Werbeclips mit den Durchschnittswerten anderer Spots vergleichen. Für den Spot-Test wurde vom 04. bis 09. Mai 2016 eine bevölkerungsrepräsentative Stichprobe von 214 Personen aus dem YouGov-Panel Deutschland befragt. Der Spot wurde im Umfeld mit aktuellen TV-Spots für PayPal, Total, McDonalds und Jaguar getestet.
Jugendlicher Spätzünder mit Problemen
Ein Blick auf die Reel-Kurve zeigt: der Spot holt die Gesamtheit der Zuschauer nicht so richtig ab. Mit einem durchschnittlichen Reel-Score von 47 verfehlt er nicht nur deutlich den Benchmark, sondern bleibt auch fast über die gesamte Länge des Spots unter dem als neutral zu bewertenden Score von 50. Dabei liegt das gemessene Involvement der Zuschauer über dem Benchmarkvergleich – womit er deutliche Reaktionen hervorruft, jedoch leider negative. Der einzige, wenn auch schwach positiv bewertete Moment liegt direkt am Anfang in der Badezimmerszene. Hier steigt der Score auf sanfte 52 an, um direkt im Anschluss in einer fast durchgehenden Bewegung auf 44 herabzusinken. „Der Spot holt die Gesamtheit der Zuschauer nicht so richtig ab.“
Holger Geißler
Zumindest ruft die inhaltliche und akustische Wende, in der der Hauptprotagonist vom Deezer-Testimonial aus dem nervtötenden Alltagstrott gerettet wird, die erhoffte Wirkung hervor und das Blatt für den Spot wendet sich – leider zu spät, um die Bewertung noch vor dem Branding in den positiven Bereich zurückzuführen. Der Reel-Score@Branding liegt daher bei unterdurchschnittlichen 48, obwohl die Platzierung im Kontext des Spots als durchaus gelungen bezeichnet werden kann.
Was die Auswertung der Echtzeitbewertung jedoch auch zeigt: Kritiker finden sich vor allem unter den älteren Zuschauern. Der Spot ist etwas für die Jüngeren. Unter den bis 29-Jährigen wird er durchweg positiv bewertet und peaked am Ende bei einem Score von 58.
Einzigartig - aber nicht mitreißend
Betrachtet man die Ergebnisse der Befragung, so zeigt sich der Spot durchwachsen. So liegt beispielsweise die Bewertung der Uniqueness des Spots mit 71 Prozent deutlich über dem Benchmark, fast neun von zehn Befragten (87 Prozent) sehen eine Passung des Spots zur Marke. Im Benchmark bewegt sich der Spot bei der Bewertung der Verständlichkeit (80 Prozent), Glaubwürdigkeit (65 Prozent) und des Humors (60 Prozent). Gleichzeitig hat der Spot nur einem Viertel der Befragten (24 Prozent) sehr gut oder ausgezeichnet gefallen, nur etwas mehr als die Hälfte (55 Prozent) findet ihn sympathisch und die Hälfte bezeichnet ihn als angenehm (50 Prozent). Alle genannten Werte liegen unter dem Benchmark. Dies gilt tendenziell auch für die Bewertung der Modernität des Clips. Zwar sagt mit 68 Prozent eine deutliche Mehrheit der Befragten, der Spot sei modern, aber auch hier wäre im Vergleich zum Benchmark noch Luft nach oben.
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